Offene gesellschaftliche Innovation durch Kommunikationstechnik: Das IBH-Projekt «eSociety Bodensee 2020» von FHS St.Gallen, Zeppelin Universität und Universität Liechtenstein. (Foto: Universitt Liechtenstein)
Vaduz – Die Region Bodensee soll durch den Einsatz innovativer Informations- und Kommunikationstechnologie zu einer führenden Region für offene gesellschaftliche Innovation ausgebaut werden. Die Idee der offenen Innovation: Neben dem eigenen, internen Wissen werden auch externe Quellen in den Innovationsprozess einbezogen.
Die Bodenseeregion mit ihrer bereits heute gut ausgebauten Vernetzung und ihrer kulturellen Vielfalt sei geradezu prädestiniert für ein solches Projekt, sagt Hans-Dieter Zimmermann von der Fachhochschule St.Gallen (FHS). Zimmermann ist einer der führenden Wissenschaftler im zukunftsgerichteten Projekt «eSociety Bodensee 2020», dessen Idee in einem Workshop der Internationalen Bodensee-Hochschule (IBH) entstanden ist und anschliessend von ihr gefördert wurde. Beteiligt waren die FHS St.Gallen, die Universität Liechtenstein und die Zeppelin Universität in Friedrichshafen.
Zwei Ansätze für Innovation
Die Initianten und Projektverantwortlichen gehen davon, dass die wirtschaftliche Innovation durch eine gesellschaftliche Innovation begleitet sein muss, um einen nachhaltigen Raum für Innovation zu schaffen. Dieses Zusammengehen verstärkt den Nutzen für beide Seiten, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Die Wirtschaft nutzt offene Innovationskonzepte seit Längerem. Das zeigt sich beispielhaft in der engen Zusammenarbeit von Unternehmen mit Hochschulen und Universitäten bei der Entwicklung von Produkten, Verfahren und Systemen. In den gesellschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Bereichen findet dagegen das Konzept der offenen Innovation erst allmählich Berücksichtigung. «Genau da hakt das Projekt eSociety Bodensee 2020 ein», sagt Hans-Dieter Zimmermann. Die beteiligten Hochschulen haben neben konzeptionellen Arbeiten vor allem auch eigene Pilotvorhaben durchgeführt (siehe Box) sowie weitere Projekte analysiert.
Moderne Technologie im Einsatz
Für den Wirtschaftsinformatiker Hans-Dieter Zimmermann sind Informations- und Kommunikationstechnologien nicht nur Gegenstand, sondern auch Mittel der Innovation: «Moderne Technologien ermöglichen es, offene Innovationsprozesse zu entwickeln, in denen die Menschen in Ideenfindungs- und Umsetzungsprozesse involviert werden.» Die neuen Technologien wie das Internet, soziale Medien und Smartphones sind Alltag geworden und unterstützen aktuelle gesellschaftliche Forderungen wie beispielsweise jene nach mehr Transparenz oder stärkerer Teilnahme der Öffentlichkeit an gesellschaftlichen Meinungsbildungen.
Für die Forscher ist klar, dass es nicht genügt, technische Voraussetzungen bereitzustellen, sondern dass es auch Konzepte braucht, wie die Menschen zum Mitmachen animiert und motiviert werden können. Anzustreben sei – sagt Zimmermann – ein ausgewogenes Miteinander von digitalen und nicht-digitalen Formen der Mitwirkung. E-Society kann die Begegnung von Angesicht zu Angesicht nicht ersetzen, sie kann aber den Einstieg in die Mitwirkung erleichtern und auch die Teilnahmemöglichkeiten verbessern, indem sie zeit- und ortsungebundene Meinungsäusserungen ermöglicht.
Offensichtlicher Nutzen
Es gibt viele Beispiele für den Nutzen offener Innovation. Hans-Dieter Zimmermann nennt etwa ökologische Fragen oder die Optimierung der Mobilität in der Region Bodensee, bei denen mit den neuen Möglichkeiten optimal wertvolle Anregungen und Impulse aus der Bevölkerung gesammelt werden können.
Die bisherigen Ergebnisse des Projekts sind in zwei Publikationen veröffentlicht (www.esocietybodensee2020.org). Zudem wurde eine offene Datenbank mit gegen 200 Tools erstellt, die jedermann nutzen kann (www.tosit.org).
Projekte in Grabs, Vaduz, St.Gallen und Friedrichshafen
Im Rahmen von «eSociety Bodensee 2020» sind verschiedene praktische Projekte realisiert worden. Die FHS St.Gallen hat gemeinsam mit der Gemeinde Grabs sowie dem Kanton St.Gallen ein ePartizipations-Projekt entwickelt, das Kindern und Jugendlichen eine altersgerechte, moderne Beteiligung an politischen Prozessen auf Gemeindeebene ermöglicht. Mit einer interaktiven Ideenbörse soll das Interesse der jungen Generation an der Dorfpolitik geweckt werden. Das Projekt wird seit Februar umgesetzt und soll bald auch vom Bund unterstützt werden.
Neue Wege beschritten hat auch das Landesmuseum Liechtenstein, das über Facebook erfolgreich neue Ausstellungsideen gesucht und gefunden hat. Zudem hat das Museum eine Kunstinstallation umgesetzt, die alle über soziale Medien gesammelten Hashtags zu den Stichworten Liechtenstein und Vaduz aufzeigt. Das sei ein besonders gelungenes Projekt, sagt Hans-Dieter Zimmermann von der Projektleitung eSociety Bodensee 2020, «weil es über die sozialen Medien funktioniert, gleichzeitig aber den Leuten den Weg ins Museum weist, da die Resultate nur dort vor Ort einsehbar sind».
Ein drittes Modellprojekt zeigt auf, wie «die Weisheit der Massen» genutzt werden kann, um Rollstuhlfahrenden auf einfache Weise den Alltag zu erleichtern: Aufgrund von Begehungen durch gemischte Gruppen wurde die Rollstuhlzugänglichkeit von öffentlichen Orten in St.Gallen und Friedrichshafen bewertet und auf Onlinekarten übertragen. Diese können mit einer eigenen App abgerufen werden. (Universität Liechtenstein/mc/ps)