MoneyPark: Finanzierung von Wohneigentum – Detaillierte Tragbarkeitsmodelle sind gefragt

(Bild: © Eisenhans / AdobeStock)

Zürich – Die aktuellen Tragbarkeitsregelungen sind nicht mehr zeitgemäss und berücksichtigen die Situation am heutigen Hypothekarmarkt nicht mehr ausreichend. Gemäss unseren Analysen haben mittlerweile über 40 Prozent der Eigenheimkäufer eine erhöhte Tragbarkeit und dies in einem Anbieter-Markt der im Bereich erhöhter Tragbarkeiten sehr intransparent ist. Wir plädieren deshalb für die Offenlegung der Finanzierungsbedingungen durch die Anbieter, um Transparenz und Zugang zu Hypotheken zu verbessern. Die Tragbarkeit muss im Vergleich zur bestehenden Praxis detaillierter berechnet werden. Das vorliegende Positionspapier zeigt den Weg zu einer zeitgemässen Berechnung der Tragbarkeit bei Eigenheimfinanzierungen auf.

Kalkulatorische Tragbarkeit erschwert Zugang zu Wohneigentum
Es ist inzwischen ein längst bekannter und unbestrittener Fakt: Die Hürden für den Erwerb von Wohneigentum in unserem Land sind die weltweit strengsten. Der Kreis potentieller Hypothekarnehmer lichtet sich Jahr für Jahr weiter, denn die erwähnten Preissteigerungen wirken einschränkend auf den Zugang zu Eigenheimfinanzierungen. Die Kombination von steigenden Eigenheimpreisen und zu starren und rigiden Tragbarkeitsvorgaben ist toxisch. Die standardisierten Kriterien für die Berechnung der Tragbarkeit ignorieren die stark gesunkenen Zinsen, berücksichtigen keinerlei individuelle Faktoren und deren Anwendung ist undurchsichtig. So erstaunt es nicht, dass der Kreis der potenziellen Eigenheimerwerber immer kleiner wird. Dies untermauern verschiedene Studien (siehe dazu auch unser Fachbeitrag «Ein Plädoyer für die Steigerung der Wohneigentumsquote in der Schweiz».) Eine detailliertere Prüfung der Tragbarkeit und die Offenlegung der Bedingungen würde den Zugang zu Eigenheimfinanzierungen deutlich erhöhen.

Anhaltend tiefes Zinsniveau mit wenig Volatilität macht kalkulatorischen Zinssatz zum Auslaufmodell
Seit der Finanzkrise 2008 hat sich nicht nur das Hypothekarzinsniveau deutlich reduziert, sondern auch die Volatilität ist in den letzten vier Jahren massiv zurückgegangen. Die durchschnittlichen Zinsen für zehnjährige Hypotheken bewegten sich beispielsweise in den Jahren 2009 bis 2015 in einer Bandbreite von rund 1.70 Prozent (zwischen 3.5 bis 1.80 Prozent). Dagegen lag diese Differenz in den letzten vier Jahren gerade einmal bei rund 0.5 Prozent. Und das auf einem ultratiefen Niveau. Zudem gehen mittlerweile fast alle Ökonomen davon aus, dass die Negativzinsen der Schweiz noch über Jahre erhalten bleiben. Kommt hinzu, dass der Kreis der Hypothekar-Anbieter durch neu in den Markt eintretende Pensionskassen und Anlagestiftungen laufend grösser wird. Damit kann mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die Hypothekarzinsen auch über Jahre keine wesentlichen Erhöhungen erfahren dürften. Durch diese (neue) Situation («new normal») sind die aktuell geltenden kalkulatorischen Zinsen von 4.5 bis 5 Prozent realitätsfremd geworden.

Intransparenz und eingeschränkte Verfügbarkeit verhindern bessere Zugänglichkeit
Unter diesen Gesichtspunkten ist es wenig erstaunlich, dass die Standard-Tragbarkeitsregeln von zunehmend mehr Anbietern, insbesondere Pensionskassen und Stiftungen, unterlaufen werden. Diese Erkenntnis ist ein Lichtblick für potentielle Neuerwerber von Eigenheimen. Allerdings gibt es auch eine leider noch immer ausgeprägte Kehrseite der Medaille: Erstens ist die Transparenz auf der Anbieterseite extrem schlecht. Es ist deshalb mit grossem zeitlichem Aufwand, Unsicherheit und Zusatzwissen verbunden, den individuell passenden Anbieter zu finden. Zweitens dünnt sich das Feld der Anbieter mit weitergehender Tragbarkeit deutlich aus. Und drittens zeigt sich, dass die Banken vor allem sehr gut Verdienende mit sehr hohen Einkommen und teuren Objekten mit ETP-Finanzierungen berücksichtigen. Grund dafür ist die Möglichkeit, Zusatzgeschäfte mit diesen Kunden abwickeln zu können. Gerade Familien mit einem durchschnittlichen Einkommen bleiben somit vielfach auf der Strecke. Zudem zeigen unsere Studienergebnisse, dass über ein Drittel der potentieller Eigenheim-Erwerber der Meinung sind, dass sie die Standard-Tragbarkeitsregeln nicht erfüllen. Damit stellen sie den Traum des Eigenheims entweder zurück oder stufen ihn als nicht erreichbar ein. Dies wohlgemerkt in einem Mietmarkt, in dem ein Eigentümer typischerweise bis zu 50 Prozent an monatlichen Wohnkosten gegenüber einer vergleichbaren Mietsituation einspart.

Welche Anpassungen in den Tragbarkeitsmodellen könnten also helfen, den Zugang für potentielle Eigenheimerwerber zu verbessern?

Genauere Tragbarkeits-Berechnungen werden benötigt
Zielführend erscheint uns eine differenziertere Betrachtung der einzelnen Kundensituation, in der nicht mehr schablonenartig dieselben Tragbarkeitskriterien für jeden Kunden angewendet werden. Gerade bei mittleren Haushalts-Einkommen (z.B. im Bereich von CHF 120’000 bis CHF 180’000) dürften genauere Tragbarkeits-Berechnungen dazu führen, dass die Eigenheimquote in den nächsten Jahren wieder leicht erhöht werden könnte. Und das, ohne die Risiken zu erhöhen, weder für den Hypothekargeber noch für den Eigenheim-Käufer. Regulatorisch betrachtet steht detaillierteren Tragbarkeitsmodellen nichts im Weg. Denn, die Finma (Regulator) macht bis dato keine verbindlichen Vorgaben zur Tragbarkeit. Eine Detaillierung der heute breit angewandten Vorgaben hätte auch keine verheerenden Folgen für die Nachfrage respektive die Preise, wie dies seit Jahren kolportiert wird. Bedingung wäre aber eine sinnvolle Ausgestaltung der Berechnungsmodelle und deren Offenlegung bei den Anbietern.

Dagegen sind wir der Meinung, dass eine pauschale Senkung des kalkulatorischen Zinssatzes nicht zielführend ist. Dies deshalb, weil eine differenzierte Sichtweise im individuellen Einzelgeschäft komplett wegfällt und damit unnötige Risiken aufgebaut würden.

Unser Lösungsansatz führt zu besserer Darstellung der Kostensituation
Doch wie sollen diese Berechnungsmodelle ausgestaltet werden? Nachfolgend unsere konkreten Empfehlungen:

1. Detaillierte Budgetberechnung (anhand von Statistiken und Erfahrungswerten)
Die realitätsnahen Lebenshaltungskosten fliessen neu analog der kalkulatorischen Objektkosten in die Berechnung der Tragbarkeit ein.

2. Laufzeitabhängiger kalkulatorischer Zinssatz
Der kalkulatorische Zinssatz wird von der gewählten Laufzeit der abgeschlossenen Festhypothek abhängig gemacht. Wird eine Laufzeit von zehn Jahren und mehr gewählt, kann ein tieferer Zinssatz berücksichtigt werden. Zum Beispiel wird bei einer Festhypothek unter zehn Jahren ein kalkulatorischer Zinssatz von 4.5 Prozent angewandt. Jedes zusätzlich abgeschlossene Laufzeitjahr reduziert den kalkulatorischen Zinssatz um 0.10 Prozent. Somit wäre für eine 15-jährige Festhypothek ein Zinssatz von 4.0 Prozent massgebend, für eine 20-jährige ein Satz von 3.5 Prozent.

3. Realistische Nebenkosten
Der energetische Zustand des Objektes wird berücksichtigt. Bei Erfüllung von Mindest-Standards (z.B. MINERGIE, GEAK A oder B, bei Objekten mit Baujahr 2000 oder älter auch GEAK C) werden die Betriebskosten auf einen realistischen Betrag reduziert bzw. festgelegt. Dieser ist nicht mehr vom Verkehrswert des Eigenheims, sondern vom Gebäudewert, der Kubatur oder der Nettowohnfläche, ohne Berücksichtigung des Landwertes, abhängig zu machen.

Die Auswirkungen anhand eines exemplarischen Falles:

Detaillierte Berechnung (Empfehlung MoneyPark)

Erkenntnisse

Fazit

Das integrale Positionspapier finden Sie hier. (MoneyPark/mc/ps)

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