Zürich – Die Experten von MoneyPark sehen für die kommenden zweieinhalb Jahre weiterhin ein Negativzinsumfeld und Hypothekarzinsen, die nur leicht über dem heutigen Niveau liegen. Vielschichtige Gründe sprechen für dieses Szenario: Es zeichnet sich eine schwächelnde Konjunktur in Europa ab und die Europäische Zentralbank (EZB) wird daher nicht von ihrer expansiven Geldpolitik loskommen. Der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sind damit ihrerseits die Hände für Zinserhöhungen gebunden.
Die Schweiz ist in Bezug auf den weiteren konjunkturellen Verlauf stark vom der Europäischen Union abhängig (wichtigster Handelspartner, Geldpolitik EZB etc.). Deshalb beleuchtet Moneypark auch die Ausgangslage in der EU und prognostiziert die Entwicklung bis Ende 2020.
Europäische Union – Konjunktur verliert an Dynamik
- Das Bruttoinlandprodukt (BIP) in der Europäischen Union wächst zwar weiterhin, zum zweiten Mal in Folge hat sich das Plus aber abgeschwächt. Hinsichtlich der weiteren ökonomischen Entwicklung ergibt sich folgendes Bild:
- Das reale BIP-Wachstum lag ersten Schätzungen zufolge im Q2 2018 bei unveränderten +0.4%. Seit dem 4. Quartal 2017 ist aber eine deutliche Abschwächung des Zuwachses zu spüren. Damit wird klar, dass die Wirtschaft in den 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an Schwung verliert. Insbesondere die starken Wachstumsimpulse aus Deutschland, Spanien und Frankreich nahmen ab.
- Im Juli sind die Verbraucherpreise im Jahresvergleich um 2.1% gestiegen. Der allgemeine Konsens erwartete einen gegenüber dem Vormonat unveränderten Satz von 2%. Somit notiert die Inflation nicht nur auf dem höchsten Stand seit 2012, sondern auch über dem von der EZB anvisierten Ziel. Gemäss Draghi soll die Inflation mittelfristig knapp unter 2% zu liegen kommen. Die EZB entschied sich trotzdem (erwartungsgemäss) Ende Juli, die Zinsen weiterhin unverändert zu belassen.
- Der Einkaufsmanagerindex impliziert zwar nach wie vor eine steigende Industrieproduktion, notierte im August allerdings leicht schwächer (54.6 Punkte ggü. 55.1 im Juli) und liegt damit nur noch unwesentlich über der Wachstum signalisierenden Schwelle von 50 Punkten. Auch hieraus ist zu erkennen, dass die wirtschaftliche Dynamik abflacht.
- Die Arbeitslosenquote in der EU lag im Juli praktisch unverändert bei knapp 7% und es zeichnet sich eine leichte Bodenbildung ab. Eine tiefe Arbeitslosenquote, wie sie in Deutschland (3.4%) herrscht, ist grundsätzlich ein Indikator für eine positive Wirtschaftsentwicklung. Es bleibt jedoch offen, inwieweit die sogenannte Vollbeschäftigung schon ein Signal für einen Mangel an Fachkräften ist und damit eine Bremswirkung auf das weitere Wirtschaftswachstum auslöst.
Die Fakten – Unsicherheiten überwiegen
- • Mit der Ende Juli erzielten Einigung zwischen Jean-Claude Juncker und Donald Trump ist ein Handelskrieg wohl erst einmal vom Tisch – allerdings nur im Korridor Europa – USA. Der Handelskrieg USA – China ging jüngst in die nächste Runde und befindet sich auf unverändertem Eskalationspfad, was sich mindestens dämpfend auf die Konjunkturerwartungen und das Investitionsklima auch für den europäischen Markt auswirken wird. Die Zölle sollen auf beiden Seiten gesenkt werden, was sich stimulierend auf die Konjunktur auswirken sollte. Allerdings steht diese Einigung auf schwachem Fundament und eine plötzliche Positionsänderung von US-Präsident Trump würde nicht sonderlich überraschen.
- Im Zusammenhang mit Trump und Handelskonflikten stellt sich auch die Frage nach seinem nächsten «Opfer». Der US-Präsident legt sich gegenwärtig vermehrt mit China an und als Folge werden beispielsweise Produktionsmengen reduziert und Ausbaupläne verschoben. Die geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) warnte kürzlich, dass es nur «Verlierer auf beiden Seiten» geben werde.
- Hinsichtlich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in den USA sehen wir die Herausforderung, die Fed-Chef Jerome Powell zu meistern hat. Sollte sich Trump in die Fed-Politik einmischen, um den US-Dollar abzuwerten (um kurzfristige Exportvorteile zu erzielen), wäre Powell an dieser Front beschäftigt und könnte die Inflation nicht mit weiteren Zinserhöhungen bekämpfen.
- Es besteht die Gefahr, dass die aktuelle türkische Währungskrise auf das Bankensystem der Eurozone übergreifen könnte und vor allem Italien und Frankreich als Grossgläubiger in Mitleidenschaft ziehen könnte. Die Türkei profitierte von den tiefen Zinsen in Europa und finanzierte über Jahre ihr stark von Privatkonsum und Bauwirtschaft getriebenes Wachstum mit kurzfristigen Geldern vorab aus der Eurozone. Insbesondere spanische, italienische und französische Banken sind mit Kreditausleihungen exponiert.
- Nachdem das dritte und letzte Hilfsprogramm für Griechenland am 20. August 2018 ausgelaufen ist, müssen die Griechen wieder auf eigenen Beinen stehen. Wirtschaftsökonomen gehen davon aus, dass die Strukturkrise noch längst nicht überwunden ist. Die Wirtschaftskraft liegt noch deutlich unter dem Niveau vor Ausbruch der Finanzkrise. Es wird ein grosses Fragezeichen gesetzt, ob es dem griechischen Staat gelingt, die wirtschaftliche Trendwende zu schaffen und seine Schulden wie geplant zu tilgen.
- Derzeit laufen Verhandlungen zwischen der EU und Grossbritannien über ein kombiniertes Austritts- und Übergangsabkommen, welches die Grundlage für einen Brexit per Ende März 2019 bildet. Die relevanten Punkte müssen bis Ende Oktober 2018 ausgehandelt sein, damit eine rechtzeitige Ratifikation des EU-Parlaments erfolgen kann. Dazu gibt es viele Unsicherheiten, noch dazu häufen sich die teils apokalyptischen Prognosen insbesondere aus der britischen Industrie. Konkrete erste Massnahmen der Industrie und der Banken sind auf der britischen Insel jetzt umgesetzt, darunter Produktionsstopps und Kurzarbeit beispielsweise bei BMW und Jaguar.
Die Aussichten − Kein Ende der expansiven Geldpolitik der EZB absehbar, aber immerhin vorsichtig angedeutet
Die EZB hält an ihrer Geldpolitik fest und wird wie angekündigt bis September weiterhin monatlich Anleihen für EUR 30 Mrd. kaufen, dann den Umfang bis Dezember auf monatlich 15 Mrd. absenken, um anschliessend die Käufe vollständig und planmässig einzustellen. Die EZB wird die fälligen Anleihen vollständig reinvestieren. Werden diese Massnahmen umgesetzt würde dies ein erster Schritt weg von der expansiven Geldpolitik bedeuten. Im Gegensatz dazu soll gemäss eigener Aussage der EZB der Leitzins aber bis mindestens über den Sommer 2019 hinaus unverändert bei 0% verharren. Die EZB lässt offen, wann genau nach dem Sommer 2019 eine Anhebung erfolgen könnte. Sie muss sorgfältig abwägen, ob das Wirtschaftswachstum eine Zinserhöhung verträgt. Noch dazu hat die EZB sich auch in derselben Erklärung die Rückfahrkarte gelöst und angekündigt, die Anleihenkäufe bei abschwächender Konjunktur wieder auszubauen auf das jetzige Niveau.
Erkenntnisse und Einschätzung der MoneyPark-Experten
Wir gehen davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum im EU-Raum bis Ende 2020 aufgrund der genannten Risiken kontinuierlich abschwächt.
Uns würde nicht überraschen, wenn die EZB bis Sommer 2019 Aussagen trifft, die ein weiteres Hinausschieben des Taperings (Minderung der oben beschriebenen Anleihekäufe) vermuten lassen. US-Präsident Trump würde sich ab solch einer Notenbank-Politik wohl freuen. So oder so, es wäre nicht das erste Mal, dass sich die EZB entscheidet, die Anleihekäufe − zumindest teilweise − weiterzuführen. Bereits 2017 agierte sie ähnlich.
Schweiz – Konjunktur: der Motor brummt
- Das BIP-Wachstum in der Schweiz ist solide, nicht zuletzt dank des soliden Binnenkonsums.
- Das Wachstum des Landesindex für Konsumentenpreise steuert für 2018 in Richtung 1% (Prognose für 2019 unter 1%). Das Inflationsziel der SNB von 2% ist damit nicht in Gefahr. Inflationsdruck könnte allenfalls aus der Ecke der Rohstoffpreise kommen: Der Preis für Erdöl stieg seit Anfang des Jahres bereits um rund 10% und um über 40% innert der vergangenen 12 Monate.
- Die Situation auf dem Arbeitsmarkt verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr kontinuierlich. Die Arbeitslosenquote steht aktuell auf einem Zehnjahrestief von 2.4%. Entwicklung 2018:
- Der Einkaufsmanagerindex stieg im August nochmals kräftig an, notiert nun bei 64.8 Punkten und liegt somit seit mehr als einem Jahr auf einem Stand von über 60 Punkten. Das impliziert auch für die kommenden Monate ein starkes Wirtschaftswachstum.
Die Fakten – bedeutende Konjunkturrisiken und grosse Abhängigkeit von Europa
- Eine Abschwächung des Aufschwungs in der Eurozone hätte auch auf die Schweiz spürbare Auswirkungen. Die Abhängigkeit der konjunkturellen Entwicklung der Schweiz vom EU-Raum ist enorm: Über 50% unserer Exporte gehen in die Europäische Union (nach Deutschland rund 20%).
- Eine unerwartet (noch) schnelle(re) geldpolitische Normalisierung in den USA könnte Turbulenzen an den Finanzmärkten verursachen und dazu führen, dass die Schweiz für Anleger wieder vermehrt als «sicherer Hafen» gesucht wird. Diese Situation könnte mutmasslich wieder zu einem deutlich stärkeren Schweizer Franken führen, was auf die Schweizer Exportwirtschaft einen negativen Effekt haben dürfte.
- Politische Unsicherheiten in Italien, ungeklärte Brexit-Modalitäten, unsicheres Verhältnis EU – Schweiz.
- Auch die Währungskrise in der Türkei könnte negative Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft (rückläufige Exporte, stärkerer Schweizer Franken etc.) mit sich bringen.
- Geo- und handelspolitische Spannungen, vor allem zwischen China und den USA.
- Bauwirtschaft: Die Prognose geht von einer Stagnation der Bauwirtschaft auf dem aktuell hohen Niveau aus. Sollte eine stärkere Korrektur eintreten, hätte dies negative Auswirkungen auf den Konjunkturverlauf in der Schweiz.
- Die tiefe Arbeitslosigkeit und die hohe Investitionstätigkeit der Schweizer Unternehmen könnte die Binnenkonjunktur positiver als angenommen beeinflussen.
- Allerdings besteht das Risiko, dass die sehr tiefe Arbeitslosigkeit in Kombination mit der strikten Zulassungspraxis für Arbeitskräfte von ausserhalb der EU den bereits bestehenden Mangel an qualifizierten Arbeitskräften in Zukunft verstärken könnte.
Die Aussichten − Zinserhöhungen der SNB kein Thema
Die EZB hatte im Juni ankündigt, dass sie bis Mitte 2019 keine Zinserhöhungen vornehmen wird. Damit sind der SNB die Hände gebunden. Sie wird ihren Leitzins von aktuell -0,75 % weiterhin nicht erhöhen, um keinen Aufwertungsdruck des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro zu kreieren. Gleichzeitig gab die SNB Änderungen bezüglich der Inflationsprognose bekannt: Eine Anhebung von 0.6% auf 0.9% für den Rest des Jahres 2018 und eine Senkung für die zweite Hälfte 2019 und 2020 um 20 respektive 40 Basispunkte. Ein weiteres Zeichen, dass auch bis 2020 Zinserhöhungen von seiten der SNB unwahrscheinlich sind.
Erkenntnisse und Einschätzung der MoneyPark-Experten
Die Schweizer Wirtschaft läuft ausgezeichnet. Trotz starker Wachstumszahlen erhöht die SNB die Zinsen aus den genannten Gründen (Aufwärtsdruck CHF, Abhängigkeit zur EU bzw. der EZB) nicht. Die Frage stellt sich nun natürlich: Wenn nicht jetzt, wann dann? Die Wahrscheinlichkeit, dass die Wachstumszahlen noch weiter nach oben klettern, ist äusserst bescheiden. Ganz im Gegenteil: Die Zeichen einer Wachstumsabkühlung in der Schweiz, wie auch in der EU mehren sich.
Wir prognostizieren, dass aus den genannten Risiken negative Einflüsse auf die Konjunktur hervorgehen und den Wirtschaftsaufschwung in der Schweiz in den nächsten zweieinhalb Jahren empfindlich bremsen werden. Auch wenn der Binnenkonsum das BIP-Wachstum weiterhin positiv beeinflussen wird. Nichts desto trotz ist für 2019 von soliden +2% auszugehen, bevor das BIP weiter an Dynamik verlieren wird.
Wir erachten das Risiko, dass geopolitische Unsicherheiten wieder Aufwärtsdruck auf den Schweizer Franken verursachen, als beträchtlich.
Wir gehen davon aus, dass die EZB bis im Frühjahr 2020 keine Zinserhöhungen vornehmen wird. Damit verhält sie sich nicht konform zur Zinspolitik in den USA und England, die ihrerseits Zinsen angehoben haben. Allerdings ist die Konjunkturentwicklung in diesen Ländern nicht vergleichbar. Vor allem aufgrund des erheblichen EZB-Einflusses auf den lokalen CH-Markt sind damit der SNB für Zinserhöhungen auch zukünftig die Hände gebunden.
Uns scheint klar, dass die SNB erst zu einer Zinserhöhung ansetzen wird, nachdem die EZB den ersten Zinsschritt gemacht hat. Sie wird ihren Leitzins von aktuell -0,75 % somit nicht vor Anfang 2020 erhöhen, um keinen Aufwertungsdruck des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro zu kreieren.
Was heisst das für Hypothekarnehmer?
Ein grosser Aufwärtsdruck bei den Hypothekarzinsen ist nicht zu befürchten, umgekehrt allerdings auch kein weiterer Abwärtsdruck. Wir gehen von Seitwärtstendenzen aus. Konkret sehen wir das Zinsniveau für 10-jährige Festhypotheken Ende 2020 rund 40 Basispunkte höher als heute. Wir schätzen die Chancen als hoch ein, dass Wohneigentum auch im Jahr 2020 noch zu sehr günstigen Konditionen finanziert werden kann.
Ein Blick auf den MoneyPark Real Estate Risk Index (RERI) liefert zudem wichtige Informationen zum Preisniveau für selbstgenutztes Wohneigentum: Der Preisindex lag im zweiten Quartal 2018 auf demselben Niveau wie Ende 2016. Damit liegen die Immobilienpreise zwar nur leicht unter dem Höchststand (Q4/2017), aber auch nur unwesentlich über dem Durchschnitt der letzten drei Jahre. Dies zeugt von einem funktionierenden Marktgefüge und schwächt die Mär einer Immobilienblase weiter.
Wir erwarten, dass das Nachfrage-Wachstum zwar leicht zurückgeht, aber weiterhin einen wichtigen Impuls für den Immobilienmarkt geben wird. Weiterhin tiefe Hypothekarzinsen werden weniger positiven Konjunkturdaten und einem moderat ansteigenden Preisniveau gegenüberstehen.
Das Angebot dürfte sich durch die derzeit abnehmende Bautätigkeit auf einem leicht tieferen Niveau stabilisieren.
Daraus ergibt sich ein moderat ansteigendes Preisniveau für Wohnliegenschaften in der Schweiz, wobei vermehrt Faktoren wie Mikrolage, Infrastruktur, Zustand des Objektes etc. eine wichtige Rolle spielen.
Sollte die Abschaffung des Eigenmietwertes im jüngsten Anlauf erfolgreich sein (wir erachten die Chancen hierfür als gut bis sehr gut), ist mit einer Umsetzung frühestens im Laufe des Jahres 2021 zu rechnen. Die Auswirkungen dieser Abschaffung sind mannigfaltig, wir denken aber das grundsätzlich ein Wegfall des Eigenmietwertes die Attraktivität von Wohneigentum steigern wird. (Moneypark/mc)
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