Zürich – Für Käufer in der Schweiz ist ein Eigenheim zunehmend untragbar. Doch es zeigt sich: Starre Tragbarkeitsregeln fürs Eigenheim sind passé, Anbieter sind flexibel und auch attraktive Konditionen sind möglich. Über 40 Prozent der Eigenheimkäufer überschreiten gemäss unserer jüngsten Analyse die kalkulatorische Standard-Tragbarkeit von 33 Prozent. Die Anbieter zeigen sich jedoch vermehrt flexibel und finanzieren auch Tragbarkeiten von über 40 Prozent, wobei sich das Angebot mit zunehmender Tragbarkeit deutlich reduziert. Hypothekarnehmer mit erhöhten Tragbarkeiten sind jedoch keine finanzschwachen Schuldner. Vielmehr handelt es sich dabei häufig um Familien mit temporären Einkommenseinbussen und um gut Verdienende, welche sich ein teures Eigenheim leisten wollen. Ferner bemerkenswert: Sie können aber trotz erhöhter Tragbarkeit mit attraktiven Konditionen rechnen.
Die Immobilienpreise stiegen in den letzten zehn Jahren über fünfmal mehr als die Einkommen. Nicht zuletzt deshalb müssen immer mehr Hypothekaranbieter grössere Flexibilität bei ihren Tragbarkeitskriterien anwenden, um weiterhin Neukunden zu gewinnen. Unsere Analysen zeigen: 40 Prozent überschreiten Standard-Tragbarkeitskriterien von 33 Prozent überschreiten. Dies gilt über alle Landesteile hinweg. An der Spitze steht die Nordwestschweiz, welche schon 2015 mit 23 Prozent den höchsten Anteil an Fällen mit erhöhter Tragbarkeit hatte und 2019 als einzige Region der Schweiz mehr als die Hälfte (53%) aufweist.
Flexible Anbieter: Erhöhte Tragbarkeiten bei Familien und gut Verdienenden
Starre Tragbarkeitsregeln fürs Eigenheim sind passé, denn ein Blick auf die Hypothekarnehmer mit erhöhten Tragbarkeiten zeigt, dass es sich nicht um schlechte Schuldner handelt, sondern um einkommens- und finanzstarke Käufer, die sich ein teureres und grösseres Eigenheim leisten möchten. Insbesondere Banken sind sehr gerne bereit, solche Finanzierungen im Rahmen einer Ausnahme zum Reglement (Exception to Policy) abzuwickeln, da sie oftmals zusätzliche Dienstleistungen verkaufen können, das Ausfallrisiko aufgrund des höheren Einkommens geringer ist und gerade gutverdienende Jungeigentümer schnell in eine Standard-Tragbarkeit zurückfinden.
Bei nur leicht erhöhten Tragbarkeiten von bis zu 40 Prozent finden sich vor allem Familien, die im Vergleich zu den Standard-Tragbarkeiten nicht höhere Kaufpreise finanzieren möchten, aber beispielsweise einen erhöhten Platzbedarf haben und gleichzeitig aufgrund von Teilzeit-Einkommen temporär ein niedrigeres Einkommen erzielen.
Je höher die Tragbarkeit, desto weniger Finanzierungspartner
Während Versicherungen in ihren Vergabekriterien sehr strikt sind und kaum über die Standard-Tragbarkeit hinaus finanzieren, zeigen Pensionskassen und Anlagestiftungen sowie vereinzelte Banken eine grössere Flexibilität bei der Festlegung ihrer Kriterien. Nur wenige Banken finanzieren gemäss ihrem Reglement Kunden mit einer kalkulatorischen Tragbarkeit über 40 Prozent. Entsprechend ist es für Erstkäufer mit erhöhter Tragbarkeit schwierig, selbstständig einen Anbieter zu finden. Aufgrund der fehlenden Transparenz am Markt fehlt oft der Zugang und auch das Wissen, dass es am Markt Partner gäbe, die trotz erhöhter Tragbarkeit eine Finanzierung ermöglichen würden. Die Dunkelziffer der eigentlich finanzierbaren Fälle dürfte beträchtlich sein.
Attraktive Konditionen auch für erhöhte Tragbarkeiten
Die nähere Betrachtung der effektiv abgeschlossenen Konditionen zeigt, dass eine erhöhte Tragbarkeit nur einen marginalen Einfluss auf den Zinssatz hat. Der Aufschlag für eine Tragbarkeit zwischen 33 und 40 Prozent im Vergleich zu einer Standard-Tragbarkeit beläuft sich auf lediglich vier Basispunkte. Bei einer Hypothekarsumme von 750’000 Franken entspricht dies einem zusätzlichen Zinsaufwand von nur 25 Franken im Monat. Erst ab einer Tragbarkeit von über 40 Prozent erhöhen die Anbieter ihre Risikoaufschläge, was sich auf die Zinskosten der Hyponehmer niederschlägt (+11 Basispunkte / 69 Franken pro Monat).
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Nicht zu schnell aufgeben – Anbieter sind flexibel
Betroffene Eigenheimkäufer sollten etwas mehr Zeit einplanen, um einen Finanzierungspartner zu finden. Dabei ist wichtig, dass sie einen möglichst breiten Marktvergleich anstellen und verschiedene Anbietergruppen (Banken, Versicherungen, Pensionskassen) prüfen. Denn eine Absage bei einem Finanzierungsinstitut bedeutet noch keineswegs, dass sich nirgends eine Finanzierung finden lässt. Es gibt Einzelanbieter, die in ihren Berechnungsmodellen von den typischen Marktstandards abweichen und eine individuellere Sicht auf die finanzielle Situation des Käufers ermöglichen. Eigenheimkäufer, welche dennoch keinen Finanzierungspartner finden, sollten in Betracht ziehen, ein preiswerteres Einstiegsobjekt zu erwerben und von den tiefen Hypothekarzinsen profitieren, um zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Ersparten das Traumobjekt zu finanzieren.
Laden Sie hier die gesamte Studie: „Starre Tragbarkeitsregeln fürs Eigenheim sind passé“ herunter. (MoneyPark/mc/ps)