MoneyPark: Wohneigentumsmarkt unbeeindruckt von erster COVID-19-Welle
Der Real Estate Risk Index (RERI) von MoneyPark sinkt im 3. Quartal 2020 um 0.3 auf 3.8 Indexpunkte. Dies impliziert ein reduziertes, aber immer noch erhöhtes Risiko.
Das Wichtigste in Kürze:
- Mit den aktuellen Werten hat sich der Index wieder auf das Niveau von vor der Corona Pandemie Ende 2019 zurück entwickelt.
- Die Abschwächung ist vor allem der im dritten Quartal erstaunlich schnell fortschreitenden wirtschaftlichen Erholung geschuldet. Insbesondere die stark verbesserte Kapazitätsauslastung in der Industrie führte dazu, dass sich eine rasche Stimmungsaufhellung unter den Einkaufsmanagern einstellte und der Purchase Manager Index (PMI) nun gar wieder in die Wachstumszone zurückkehrte.
- Allerdings ist die Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Erholung sehr unsicher. Es ist derzeit schwierig abschätzbar, welche wirtschaftlichen Einschränkungen eine zweite COVID-19-Welle schlussendlich verursachen wird, die die Schweiz, wie auch praktisch alle Länder um uns herum, jüngst erfasst hat.
- Im Wohneigentumsmarkt sind aufgrund der Pandemie kaum erhöhte Risiken auszumachen. Im Gegenteil, der bereits vorher existierende Nachfrageüberhang hat eher noch zugenommen.
- Die Preise von Wohneigentum zeigen sich bislang weitgehend unbeeindruckt von der Corona-Krise. Einfamilienhäuser sind noch gefragter als vor Corona und verzeichnen daher einen Anstieg, welcher im Durchschnitt der letzten zehn Jahre liegt, während bei den Eigentumswohnungen ein leichter Preisrückgang zu verzeichnen ist, der insbesondere auf das Luxussegment zurückzuführen ist.
Indikatoren zeigen mittlere bis hohe Risiken im Schweizer Immobilienmarkt
Auf einer Skala von 0 (kein Risiko) bis 6 (akute Blasengefahr) reduziert sich der RERI im dritten Quartal 2020 um 0.3 auf 3.8 Punkte. Damit hat der Index den Corona bedingten Anstieg in den ersten beiden Quartalen 2020 fast wieder rückgängig gemacht. Der derzeitige Stand impliziert ein mittleres bis hohes Risiko im Schweizer Immobilienmarkt.
Abflachendes Preiswachstum und mehr Nachfrage nach Einfamilienhäusern aufgrund von COVID-19
Im dritten Quartal 2020 setzte sich die Erholung des konsolidierten Angebots-Preisindexes für Einfamilienhäuser (EFH) und Eigentumswohnungen (ETW) nicht nur fort, sondern erreichte mit 163.5 Indexpunkten sogleich den höchsten Stand der letzten drei Jahre. Diese Entwicklung ist auf eine höhere Nachfrage und damit höhere Angebotspreise bei den Einfamilienhäusern zurückzuführen, welche im laufenden Jahr um zwei Prozent angestiegen sind. Die Angebotspreise von Eigentumswohnungen gaben im laufenden Jahr um durchschnittlich 0.7 Prozent nach und auch im Luxussegment beider Immobilienklassen sind leichte Preisrückgänge auszumachen.
Transaktionsdynamik erholt sich auf Vorjahresniveau trotz zweiter Corona-Welle
Die sich bereits im Juni abgezeichnete Tendenz der wieder anziehenden Transaktionsdynamik hat sich im abgelaufenen Quartal fortgesetzt. Insbesondere die Nachfrage hat wieder deutlich angezogen, während das Angebot im dritten Quartal rund 10 Prozent unter dem Vorjahresquartal lag. MoneyPark geht weiterhin davon aus, dass die angestauten Nachholeffekte aufgrund der sich anbahnenden zweiten Corona-Welle derzeit noch auf sich warten lassen.
Trotz anrollender zweiter Corona-Welle erholt sich der Konsum
Die ansteigenden Coronavirus-Infektionen beunruhigen die Staaten rund um den Globus. In vielen Ländern Europas inklusive der Schweiz sind neue Einschränkungen in Diskussion oder wurden sogar schon (wieder) eingeführt, um sich gegen die zweite Welle zu stemmen. Unabhängig davon zeigen Echtzeitdaten in Europa, dass die Menschen zwar branchenabhängig ihr Konsumverhalten schnell adjustiert haben, sich die Menschen aber trotzdem in ihren Wirtschaftsaktivitäten kaum zurückhalten und damit einen wesentlichen Beitrag zu einer schnelleren Wirtschaftserholung leisten.
Dadurch konnte die entstandene BIP-Lücke in den letzten Wochen verkleinert werden. Das ist einerseits eine gute Nachricht. Andererseits kann diese Sorglosigkeit auch dazu führen, dass sich durch den vermehrten wirtschaftlichen Austausch die Pandemie wieder stärker ausbreitet. Die Gefahr einer «zweiten Welle» erhöht sich.
Schweiz: Kräftige Konjunkturerholung in den letzten Wochen, aber unsichere künftige Entwicklung
Der für die Schweizer Wirtschaft sehr bedeutende Privatkonsum (macht mehr als die Hälfte des Bruttoinlandproduktes aus) entwickelte sich in den letzten Wochen besonders erfreulich: Nicht nur im Dienstleistungssektor fällt die Erholung stark aus. Dass viele Schweizer ihre Ferien im Land verbrachten, wirkte sich in den Sommermonaten per Saldo positiv auf den Konsum aus.
Im Detailhandel zeigte sich sogar, dass der Branchenumsatz im Juli vier Prozent über dem Wert des Vorjahres lag. Erklärt wird das mit Nachholkäufen, welche Privathaushalte aufgrund ihrer Einsparungen im Lockdown (gemäss einer Schätzung im Umfang von über acht Milliarden Franken) nun teilweise tätigten. Bis jetzt gibt es also kaum Anzeichen, dass die Schweizer beim Geldausgeben zurückhaltender geworden wären. Auch das steigende Infektionsrisiko scheint sich nicht negativ auszuwirken.
Trotz diesem stärker als erwartet ausgefallenen wirtschaftlichen Aufschwung bleibt die Situation sehr fragil. Auf die kalte Jahreszeit hin dürfte die wirtschaftliche Lage wieder ungemütlicher werden. Womöglich werden sich die Menschen wieder stärker zurückhalten, wenn die Fallzahlen hochschnellen. Zudem könnte die Politik wieder einschneidende Beschränkungen des Alltags- und Wirtschaftslebens ins Auge fassen. Dabei dürfte feststehen, dass die wirtschaftlichen Kosten eines zweiten totalen Lockdowns kaum verkraftbar wären. Eine solche Situation muss mit allen Mitteln vermieden werden. Der zweite Teil des Aufschwungs wird daher weit mehr Kraft und auch Geduld in Anspruch nehmen und ist von vielen Unsicherheiten geprägt.
Zinsen dürften über Jahre auf Extrem-Tiefstwerten verbleiben
In allen grossen Währungsräumen verfolgen die Notenbanken eine Politik des extrem billigen Geldes. Damit hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) keine andere Wahl, als ebenfalls eine ultraexpansive Geldpolitik beizubehalten. Tut sie das nicht, würde sich der Franken stark aufwerten, die exportorientierte Wirtschaft würde abgewürgt und die Preise der Einfuhren würden massiv sinken. Dies würde die Preisstabilität stark gefährden.
Aufgrund der neusten Signale aus den USA und der EU muss damit gerechnet werden, dass das Zinsniveau über Jahre auf dem derzeitigen Extremtief verharren wird. Die gegenwärtige Geldpolitik reicht deshalb möglicherweise nicht aus, um die finanziellen und politischen Risiken abzuwehren, die der nachhaltigen Erholung der Weltwirtschaft entgegenstehen. Die Verschlechterung der Infektionslage in Europa, politische Ereignisse wie der Brexit und die Wahlen in den USA oder auch die Spannungen zwischen China und den USA deuten auf eine eher düstere Entwicklung hin.
Weiterhin tiefe Hypothekarzinskonditionen erwartet
Die Bandbreite der offerierten Konditionen ist weiterhin sehr gross. Bei den günstigsten Anbietern im Hypothekarmarkt sind die Konditionen vielfach an die Entwicklung der Kapitalmarktzinsen gekoppelt. Damit und in Kombination mit dem verstärkten Konkurrenzdruck können vergleichende Kunden auch künftig mit sehr attraktiven Hypothekarzinssätzen rechnen.
Verschuldungsgrad von Eigentümerinnen und Eigentümer kaum verändert
Der Anteil an Hypotheken am Gesamtvermögen liegt im dritten Quartal durchschnittlich bei tiefen 46 Prozent. Daraus ergeben sich keine Zusatzrisiken für den Immobilienmarkt.