Washington / Berlin – Nach dem angekündigten Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen bieten Europas Führungsmächte Donald Trump die Stirn. Deutschland, Frankreich und Italien erteilten der vom US-Präsidenten geforderten Neuverhandlung des internationalen Regelwerks eine deutliche Absage. Sie seien der festen Überzeugung, dass das Übereinkommen nicht neu verhandelt werden könne, teilten Kanzlerin Angela Merkel, der französische Präsident Emmanuel Macron und der italienische Regierungschef Paolo Gentiloni am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung mit.
Trump hatte zuvor den Ausstieg der weltgrössten Volkswirtschaft aus dem historischen Abkommen bekanntgegeben und dies damit begründet, amerikanische Interessen an die erste Stelle zu setzen. Man wolle nun sofort mit Verhandlungen für ein besseres Abkommen beginnen, sagte Trump.
Der Republikaner verband den Rückzug mit scharfen Attacken auf andere Staaten. «Das Pariser Abkommen ist auf höchster Ebene ungerecht für die USA», sagte er. Die Vereinbarung bedeute eine massive Umverteilung des Vermögens der Vereinigten Staaten an andere Länder.
Das jetzige Abkommen lade die Kosten bei den amerikanischen Bürgern ab, sagte Trump. Es müsse klar sein, dass ein neuer Vertrag besser für die amerikanischen Arbeiter sei. «Der Rückzug liegt im ökonomischen Interesse und wird für das Klima keine Rolle spielen.»
Der Republikaner löst damit ein zentrales Wahlkampfversprechen ein und setzt seine harte Linie unter der Devise «Amerika zuerst» fort. Er hatte immer wieder beteuert, Arbeitsplätze in der Kohleindustrie erhalten und neue schaffen zu wollen.
«Gewählt um Pittsburgh zu repräsentieren, nicht Paris»
Der wegen der Russland-Affäre schwer angeschlagene Präsident verspricht sich von seiner Ankündigung auch innenpolitischen Rückenwind. Man müsse den amerikanischen Arbeiter wieder in den Mittelpunkt stellen, sagte Trump. «Ich wurde gewählt, um Pittsburgh zu repräsentieren, nicht Paris.»
Es ist seine bislang folgenschwerste Entscheidung. Der Klimapakt von Paris sieht vor, die gefährliche Erderwärmung in einem weltweiten Kraftakt in den nächsten Jahrzehnten zu bremsen – und damit auch dramatische Folgen wie Dürren und einen Anstieg der Weltmeere. Das Abkommen gilt als historisch, weil sich erstmals fast alle Länder beteiligen wollen. Der Ausstieg der USA – weltweit nach China zweitgrösster Produzent von Treibhausgasen – ist ein schwerer Rückschlag. Das internationale Echo fiel verheerend aus.
UN-Generalsekretär António Guterres bezeichnete Trumps Ankündigung als «grosse Enttäuschung». Der für Klimafragen zuständige EU-Kommissar Miguel Arias Cañete sprach von einem «traurigen Tag für die Weltgemeinschaft». Macron sagte in einer Fernsehansprache: «Heute Abend haben die Vereinigten Staaten der Welt den Rücken zugekehrt.»
Merkel, Macron und Gentiloni betonten, an dem Abkommen festhalten zu wollen. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert telefonierte die Kanzlerin mit dem US-Präsidenten und drückte dabei ihr Bedauern über dessen Entscheidung aus. Auch Grossbritanniens Premierministerin Theresa May und Kanadas Premier Justin Trudeau reagierten enttäuscht.
Trump sicherte Merkel sowie anderen Staats- und Regierungschefs in Telefonaten eine führende Rolle seines Landes im Umweltschutz zu. Amerika sehe sich weiter der transatlantischen Partnerschaft verpflichtet und werde unter Trumps Ägide das sauberste und umweltfreundlichste Land der Erde sein, hiess es in einer Mitteilung des Weissen Hauses.
«Historischer Fehler»
Innenpolitisch zeigte sich einmal mehr der tiefe Spalt zwischen den beiden Parteien in den USA. Trumps Republikaner begrüssten die Ankündigung fast geschlossen. Die Demokraten kritisierten sie scharf.
Auch Trumps Vorgänger Barack Obama äusserte sich deutlich. «Diese Regierung schliesst sich einer kleinen Handvoll Nationen an, die die Zukunft verleugnen», hiess es in einer Stellungnahme. Die Trump letztlich unterlegene Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton sprach von einem «historischen Fehler» ihres Rivalen.
Zwar wollen neben China auch andere wichtige Länder den Vertrag weiter befolgen. Es wird aber befürchtet, dass Trumps Alleingang eine Kettenreaktion auslöst und sich auch andere der 195 Unterzeichnerstaaten vom Klimaschutz verabschieden. (awp/mc/ps)