Hortense Anda-Bührle (1929 – 2014). (Foto: Géza-Anda-Stiftung)
Von IHAG Privatbank Zürich AG
Frau Hortense Anda-Bührle ist am 16. Mai 2014, unmittelbar vor ihrem 88. Geburtstag, im Kreis ihrer Familie verstorben. Damit verlieren die Schweizer Wirtschaft und Kultur eine prägende Persönlichkeit, die sich durch ihre Menschlichkeit und Geradlinigkeit grossen Respekt erworben hat. Besonders ihre analytische Art, ihre Neugierde neuen Projekten gegenüber und ihre starke Vorstellungskraft sind von ihrem Umfeld sehr geschätzt worden.
Hortense Anda-Bührle wurde 1926 in Zürich geboren. Ihre Eltern und ihr fünf Jahre älterer Bruder Dieter Bührle zogen 1924 von Deutschland in die Schweiz, wo ihr Vater die Geschäftsführung der Schweizerischen Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon übernahm. 1937 erlangte die Familie die Schweizer Staatsbürgerschaft. Die Leidenschaft für Kunst hat Hortense Anda-Bührle von ihren Eltern übernommen, bei denen Maler, Künstler und Autoren aus der ganzen Welt ein- und ausgegangen sind.
Hortense Anda-Bührle besuchte das Hochalpine Töchterinstitut in Ftan (GR) und danach die St. George’s School im waadtländischen Clarens. Nachdem ihr Vater im Jahr 1956 an einem Herzversagen starb, wurde sie Miterbin und Grossaktionärin der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon. Diese war 1929 vollumfänglich in den Besitz der Familie Bührle übergegangen und hatte sich dank der Rüstungsindustrie – ihrem damals wichtigsten Standbein – zu einem grossen Industriekonzern entwickelt. Frau Anda-Bührle war ausserdem als Verwaltungsrat in der Oerlikon-Bührle Holding AG, beim Schuhhersteller Bally, bei der familieneigenen Beteiligungsgesellschaft IHAG Holding und der IHAG Privatbank, dem Hotel Storchen und der Terreni alla Maggia (Castello del Sole) tätig.
Gemeinsam mit ihrem Bruder Dieter erbte Hortense Anda-Bührle auch die bedeutende Kunstsammlung ihres Vaters. Einen Grossteil dieser Sammlung überführten sie 1960 gemeinsam mit ihrer Mutter in die Stiftung Sammlung E. G. Bührle. Seither war Hortense Anda-Bührle Präsidentin der Stiftung. Die Kunstwerke der Stiftung sind in einer dem Elternhaus benachbarten Villa der Öffentlichkeit zugänglich und sollen in naher Zukunft in den geplanten Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich einziehen.
1964 heiratete Hortense Bührle den Pianisten Géza Anda, welcher als unbestrittenes Genie unter den Pianisten galt. Fortan wurden die Musik und die Musikförderung zum Mittelpunkt ihres Lebens. Fünf Jahre nach der Hochzeit brachte sie Sohn Gratian zur Welt. 1976 verstarb Géza Anda. Im Andenken an ihn gründete Hortense Anda-Bührle die Géza-Anda-Stiftung, die sie zeitlebens präsidierte. Alle drei Jahre wird der Concours Géza Anda zur Förderung des Pianisten-Nachwuchses organisiert. Damit erhalten Dutzende von begabten, motivierten Menschen die Chance, ihren Weg zur künstlerischen Reife zu finden – und vor den grossen Vorbildern nicht zu erstarren, sondern mutig und frei ihre eigenen musikalischen Spuren zu ziehen. Die kulturellen Fördertätigkeiten von Hortense Anda-Bührle gingen jedoch noch weiter: Als Mäzenin unterstützte sie während vieler Jahre die unterschiedlichsten Ideen und Vorhaben. So unter anderem die Restaurierung und den Umbau des Kartäuserklosters von Ittingen und das Musikdorf Ernen, welches ihr besonders am Herzen lag. Hortense Anda-Bührle war während vieler Jahre Kuratoriumsmitglied des Kunsthistorischen Instituts in Florenz. Darüber hinaus war sie langjähriges Mitglied im Stiftungsrat der Goethe-Stiftung für Kunst und Wissenschaft Zürich und Vizepräsidentin im Stiftungsrat der Stiftung Kartause Ittingen. Durch ihren Einsatz hat sie massgebend zum Werterhalt des kulturellen Erbes beigetragen.
Für den Bührle-Konzern wurde die Wirtschaftslage in den 80er-Jahren immer schwieriger. Das Unternehmen schrieb Verluste und geriet in bedrohliche Schieflage. Auch nach dem Rücktritt von Dieter Bührle als Verwaltungsratspräsident 1990 blieb Hortense Anda-Bührle eine aktive Verwaltungsrätin und trug wesentlich dazu bei, mit Geschick und Tatkraft das Unternehmen in ruhigere Bahnen zu lenken. Im Jahr 1998 trat sie von ihren Funktionen im Konzern zurück.
Hortense Anda-Bührle hat sich bis zum Schluss mit dem ihr eigenen Enthusiasmus unermüdlich um verschiedene kulturelle Projekte und Aktivitäten gekümmert. Sie hat dies mit derselben Passion getan, die sie bei den von ihr geförderten Musikern gerne festgestellt hat. Die Begeisterung für den Beruf – der durchaus zur Berufung werden durfte – führte ihrer Meinung nach zum Können. Und der Lohn des Könnens kam zurück in Form von Dankbarkeit vieler Menschen. Als grosse Förderin, Mäzenin und auch als Ratgeberin von Künstlern und Musikern hat Hortense Anda-Bührle vielen Menschen unzählige schöne und unbeschwerte Stunden geschenkt. Sie wird – schmerzlich vermisst – mit ihrem grossen Lebenswerk allen in guter Erinnerung bleiben. (IHAG Privatbank Zürich AG/mc/ps)