Griechenlands Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis.
Athen – Griechenland ist nur zu einem Bruchteil der mit seinen Geldgebern ursprünglich verabredeten Privatisierungen bereit. Die vor einem dreiviertel Jahr vereinbarte Summe von 50 Milliarden Euro sei von Anfang an unrealistisch gewesen, sagte Wirtschaftsminister Giorgos Stathakis am Dienstag in Berlin.
«Inzwischen liegen wir bei 15 Milliarden Euro». Am Ende könnten es auch nur sechs bis sieben Milliarden Euro werden. Der Minister sprach von einem Zeitplan, nach dem die laufende Prüfung der griechischen Reformfortschritte, von der die Zahlung weiterer Hilfsmilliarden abhängt, am 22. April abgeschlossen werden könnten. Der Chef des Euro-Schutzschirmes ESM Klaus Regling nannte dafür Ende April, ähnlich äusserte sich jüngst der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Griechenland hatte im vergangenen Jahr von seinen Euro-Partnern die Zusagen für ein drittes Hilfspaket über bis zu 86 Milliarden Euro erhalten.
Eine Bedingung war der Verkauf von Staatsvermögen wie Häfen, Immobilien und Wasserbetriebe. Das sollte 50 Milliarden Euro einbringen. Bislang sind Stathakis zufolge aber nur Privatisierungen im Volumen von 2,5 Milliarden Euro gelungen.
Angepeilt wurde damals auch eine Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) am aktuellen Programm. Das ist aber derzeit unsicher. Der Präsident der deutschen Zentralbank Jens Weidmann nannte die IWF-Beteiligung einen unverzichtbaren Bestandteil des Programms. So sieht es auch die deutsche Bundesregierung.
Athen rechnet mit Wachstum
Der griechische Wirtschaftsminister zeichnete auf einer deutsch-griechischen Wirtschaftskonferenz in Berlin ein insgesamt positives Bild. Griechenland werde in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum aufweisen. Die Verabschiedung der umstrittenen Rentenreform und einer Steuerreform im Parlament dürfte nach seinen Worten politisch keine grossen Probleme machen. Damit sei gleich nach dem positiven Abschluss der laufenden Prüfungen der griechischen Reformfortschritte durch die drei Institutionen IWF, Europäische Zentralbank (EZB) und EU-Kommission zu rechnen.
Die griechische Staatsschuld von gut 180 Prozent der Wirtschaftsleistung hält der Minister bis 2022 für tragbar. Bis dahin ist das Land von vielen Kreditzinsen und -tilgungen befreit. Für die Zeit danach müsse man aber in einer Verhandlungsrunde über Schuldenentlastungen sprechen.
Zweifel an Reformfähigkeit
Weniger positiv sieht ESM-Chef Regling die Lage. Die Regierung in Athen sei wahrscheinlich diejenige, die in der EU am wenigsten in der Lage sei, Reformen umzusetzen, sagte er in Luxemburg. Regling sieht die Chance, bei Gesprächen am Rande der IWF-Frühjahreskonferenz Mitte April einer Lösung der Probleme um Griechenland näherzukommen. IWF-Chefin Christine Lagarde unterstrich nach jüngsten Verstimmungen über die Rolle des Fonds gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg noch einmal, dieser führe die Gespräche seriös und ohne jede böse Absichten.
Ziel sei es, die griechische Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, und zwar im Rahmen tragfähiger Schulden. Am Ende müssten alle Details einer Gesamtlösung zusammenpassen.
Der IWF pocht darauf, dass die Europäer nach Abschluss der laufenden Prüfrunde Griechenland Schuldenentlastungen gewähren. Für Schäuble ist diese Frage dagegen momentan nicht dringlich. (awp/mc/pg)