Nationalfonds: Drohnen zählen Wildtiere in Afrika
Zürich – In Zusammenarbeit mit einem Naturschutzgebiet in Namibia entwickeln vom SNF unterstützte Forschende einen neuen Weg, um Tiere zu zählen: eine Kombination aus Drohnenüberflügen und automatischer Bildanalyse. Drohnen fotografieren vom Himmel herab die Wildnis, eine Bilderkennungssoftware analysiert die Aufnahmen automatisch und Menschen übernehmen die Schlusskontrolle: Eine neue, von Schweizer Forschenden entwickelte Methode ermöglicht eine schnelle und präzise Zählung von Wildtieren in Naturschutzgebieten, wie Gnus, Oryxantilopen und Nashörner.
«Die Herausforderung ist beachtlich: Gewisse afrikanische Nationalparks erstrecken sich über Flächen, die halb so gross sind wie die Schweiz», erklärt Devis Tuia, SNF-Förderungsprofessor, seit Kurzem an der Universität Wageningen (Niederlande) und Mitglied des Teams, das 2014 an der EPFL das Projekt namens Savmap initiierte. «Indem wir einen Teil des Zählprozesses automatisieren, wollen wir das Sammeln von genaueren und aktuelleren Daten erleichtern.»
Kein Tier verpassen
Mit Drohnen lassen sich grosse Gebiete zu geringeren Kosten überfliegen. Dabei werden über 150 Bilder pro Quadratkilometer geschossen. Allein mit Fotos von der Landfläche ist das Problem aber nicht gelöst: Es ist gar nicht so einfach, Tiere von Landschaftselementen wie Sträucher und Felsen zu unterscheiden.
Um das Rohmaterial visueller Informationen auswerten zu können, setzen die Forschenden künstliche Intelligenz (KI) ein, die auf «Deep Learning» basiert. Mit dem vom Doktoranden Benjamin Kellenberger entwickelten Algorithmus können die meisten Bilder ohne Tiere sofort eliminiert werden. Für die anderen Bilder kennzeichnet das Programm Objekte, bei denen es sich um Tiere handeln könnte.
«Diese erste Phase zur Bereinigung des Bildmaterials ist die längste und mühsamste», erklärt Devis Tuia. «Sie kann aber nur durch KI übernommen werden, wenn kein Tier übersehen wird. Die Software muss deshalb eine recht grosse Toleranz aufweisen, auch wenn dadurch mehr falsch-positive Befunde resultieren, zum Beispiel fälschlicherweise als Tiere identifizierte Büsche, die anschliessend manuell eliminiert werden müssen.»
In einem ersten Schritt stellte das Team das Material zusammen, das notwendig ist, um die KI so zu trainieren, dass sie die relevanten Elemente erkennt. Im Rahmen einer internationalen Crowdsourcing-Kampagne der EPFL haben rund 200 Freiwillige in Tausenden von Luftbildern, die Forschende von der Savanne im Naturschutzgebiet Kuzikus in Namibia aufgenommen hatten, Tiere aufgespürt.
Diese Bilder wurden dem KI-Programm zur Auswertung vorgelegt, wobei es für verschiedene Arten von Fehlern jeweils andere Sanktionen erhielt: Wenn es einen Busch als Tier interpretierte, gab es einen Strafpunkt, wenn es hingegen ein Tier nicht erkannte, war der Abzug 80-mal grösser. So lernt die Software, Tiere von unbeweglichen Gegenständen zu unterscheiden, vor allem aber, kein Tier zu übersehen. Wenn die KI die Bilder bereinigt hat, kann ein Mensch das abschliessende Sortieren vornehmen. Erleichtert wird dies durch farbige Rahmen, die automatisch um verdächtige Elemente platziert werden.
100 Quadratkilometer pro Woche
Diese halbautomatische Methode wurde in Zusammenarbeit mit den Biologen des Reservats Kuzikus entwickelt. Seit 2014 überfliegen die Forschenden das Reservat regelmässig mit Drohnen, die von der Schweizer Firma SenseFly entwickelt und optimiert wurden und mit handelsüblichen Kompaktkameras ausgestattet sind. «Anfangs waren wir ziemlich skeptisch», erzählt Friedrich Reinhard, Direktor des Reservats. «Die Drohnen fertigen so viele Bilder an, dass mir das kaum verwertbar schien.»
Doch dank der Bereinigung durch die künstliche Intelligenz kann eine einzige Person in rund einer Woche eine vollständige Zählung der Fauna im namibischen Reservat vornehmen – für eine Fläche von 100 Quadratkilometern. Bei konventionellen Methoden hingegen müssen ganze Teams mit einem Helikopter das Gebiet überfliegen. Diese Methoden sind zudem ungenau und so teuer, dass sie selten zum Einsatz kommen – auf Kuzikus höchstens einmal pro Jahr.
Die Schweizer Forschenden werden ihre Arbeit mit dem namibischen Wildreservat, das regelmässig von Studierenden der EPFL besucht wird, weiterführen. Auch die kenianischen Behörden haben Interesse bekundet, ebenso der Nationalpark Veluwe in den Niederlanden. Devis Tuia, der kürzlich zum Professor der Universität Wageningen in den Niederlanden berufen wurde, wird weiterhin eng mit der Universität Zürich (wo er seine SNF-Förderungsprofessur erhielt) zusammenarbeiten, sowie mit der EPFL, welche das Projekt Savmap koordiniert. (SNF/mc/pg)