Rüschlikon – Arbeitskräftemangel allenthalben. Unternehmen lassen sich im Kampf um MitarbeiterInnen darum immer neue «Goodies» einfallen: Home Office, flexible Arbeitszeiten, Tischfussball, Gratis-Essen oder subventionierte Fitness-Abos. Doch sobald die Konkurrenz nachzieht, sind die kurzfristigen Vorteile auf dem Stellenmarkt wieder verpufft. Zumal sich ArbeitnehmerInnen in erster Linie doch berufliche und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten wünschten sowie Wertschätzung durch den Arbeitgeber, wie eine neue Umfrage des GDI unter 1000 Angestellten aus der Deutschschweiz zeigt.
Schlimmer noch: Solche Investitionen in die Arbeitgeberattraktivität bringen nur bedingt neue Arbeitskräfte in den Markt. Dazu müssten vielmehr neue Menschen ins Land kommen, bestimmte Personengruppen – etwa PensionärInnen – zurück in den Arbeitsmarkt geholt oder Teilzeitarbeitende in Niedrig-Pensen von einer Erhöhung ihrer Arbeitsstunden überzeugt werden. Und selbst das würde kaum reichen, um den wachsenden Bedarf an Arbeitskräften zu decken. Was tun?
Mehr Effizienz – was dann?
Neben der Anzahl erbrachter Arbeitsstunden ist noch ein zweiter Faktor für die Arbeitsleistung verantwortlich, nämlich die Effizienz. Auch an dieser Stellschraube wird bereits intensiv gedreht. So fand in einer weiteren GDI-Umfrage die Hälfte der Führungskräfte, rund 20% aller Arbeiten wären bereits heute automatisierbar, bloss fehlten die nötigen Kompetenzen, eine tech-affine Kultur sowie das Vertrauen in die Qualität solcher Lösungen.
Auf der Seite der Angestellten wiederum wurden ebenfalls ein Fünftel der Arbeit als unnötig wahrgenommen, so etwa überflüssige Mails, Sitzungen oder administrative Aufgaben. Schuld daran seien die firmeninterne Bürokratie und die zu grosse Zahl an Führungskräften – ausgerechnet die Berufsgruppe, die seit 1991 am stärksten gewachsen ist.
Würden mehr Automatisierung, weniger Leerlauf und weniger Chefs und Chefinnen also den Arbeitskräftemangel aufheben? Vermutlich nicht. Das Problem liegt noch tiefer. Effizienzsteigerungen führen nicht zwingend zu weniger Personalbedarf. Vielmehr werden oft fast automatisch die Leistungen ausgebaut, wodurch es erneut an Arbeitenden fehlt. 40% der vom GDI befragten Führungskräfte waren der Meinung, dass bisherige Effizienzgewinne durch mehr Leistung vollständig kompensiert worden seien.
Um mit dem Arbeitskräftemangel umzugehen, lassen sich Tabubrüche möglicherweise nicht vermeiden: Welches Wachstum ist nötig? Ist der Lohn, der Leute in bestimmte Branchen und Jobs lenkt, wirklich das beste Steuerungsmittel, oder versagt der Markt bei der Ressourcenallokation? Braucht es mehr staatliche Regulierung? Und was würde die Vier-Tage-Woche bringen?
Die neue Studie «Strategien im Umgang mit dem Arbeitskräftemangel – eine Übersicht», die das Gottlieb Duttweiler Institut im Auftrag der Migros-Gruppe verfasst hat, kann hier kostenlos bezogen werden. (mc/pg)