Handels- und Konsumgüter-Branche setzt auf M&A

Mirko Warschun, Partner bei A.T. Kearney. (Foto: obs/A.T. Kearney/Jan Voth)

Zürich – „Nach Jahren der disruptiven Bedrohung und des Verlusts von Marktanteilen an innovative Startups gehen die klassischen Unternehmen jetzt mit strategischen Zukäufen zum Angriff über“, meint Mirko Warschun, Partner der Unternehmensberatung A.T. Kearney: „Wir werden 2018 einen weiterhin vitalen M&A-Markt erleben mit Abschlüssen, die auf Innovation, Wachstum durch Konvergenz und die Verschmelzung von Online und Offline zielen. Doch nur wer intern stark aufgestellt ist, kann mit Akquisitionen einen dauerhaften Wertbeitrag erzielen.“

Das ist das Ergebnis der aktuellen Untersuchung zum M&A-Geschehen in der internationalen Konsumgüter- und Handelsbranche, die die Managementberatung in diesen Tagen vorlegt. Die Studie basiert auf einer Untersuchung von mehr als 100’000 internationalen Transaktionen in der Zeit von 2006 bis zum ersten Quartal 2018 sowie einer Umfrage unter Top-Managern der Branche und Private-Equity-Firmen.

Verschnaufpause
Der Trend zu bisweilen zweistelligem Wachstum seit 2009 hat 2017 einen leichten Rückgang erfahren, den die Autoren als Verschnaufpause werten. Wurden 2016 Branchentransaktionen im Wert von 468 Milliarden Dollar abgeschlossen, waren es 2017 nur noch 392 Milliarden Dollar. Ohne die Megadeals, die einen Hauptteil des aussergewöhnlichen Wachstums im vergangenen Jahr ausmachten, entspricht das einem Rückgang von zwei Prozent des gesamten Transaktionswerts.

Da die Cash-Reserven nicht nur bei den Private-Equity-Unternehmen, sondern auch bei den Handels- und Konsumgüterunternehmen auf Rekordhöhe (etwa eine Billion US-Dollar) gefüllt sind, ist für 2018 mit einem erneuten Anstieg der M&A-Aktivitäten zu rechnen.

Mehr als 70 Prozent der Befragten versprechen sich von den Transaktionen Wertsteigerungen (im Vergleich zu 48 Prozent im vergangenen Jahr). Die traditionellen Unternehmen wollen Zukäufe vor allem für Wachstum und Innovation im digitalen Bereich nutzen. Drei Viertel der Unternehmen zielen auf neue Kompetenzen, Erweiterung des Produktportfolios, Zugang zu neuen Kunden und Regionen.

Übernahmen zur Förderung der eigenen Weiterentwicklung
Die klassischen Konsumgüter- und Handelsunternehmen sind dabei besonders mit am Geschäft verwandten Übernahmezielen interessiert, von denen sie sich die eigene Weiterentwicklung erhoffen. Beispiele sind Amazons Übernahme von Whole Foods und der spektakuläre Launch der chinesischen Ladenkette Hema durch Alibaba, bei dem online und offline zu einem einzigartigen Kundenerlebnis verschmelzen. Darauf zielt auch die Warenhauskette Karstadt, die nach dem Online-Sporthändler Outfitter, dem Internet-Outlet Dress-for-less und dem Ebay-Konkurrenten Hood jüngst auch Stylefile, einen Shop für Sneaker, übernommen hat. Oder der Internethändler Zalando, der mit Kickz in den stationären Handel für Basketball und Streetwear eingestiegen ist und sich bei Magazino im Bereich mobile Transportroboter engagiert. Der US-amerikanische Sportartikelhersteller Nike hat in diesem Monat gleich bei zwei Digitalfirmen akquiriert: die New Yorker Zodiac, die auf Kundendaten spezialisiert ist, und das israelische Start-up Invertex, das Scan-to-Fit-Lösungen, Computervision und künstliche Intelligenz bietet.

Mit Corporate Funds hätten traditionelle Unternehmen in den vergangenen Jahren einen ersten Schritt getan, doch die mit ihnen verbundenen Wachstumserwartungen hätten sich bislang nicht erfüllt, weil die Unternehmen sich kulturell noch zu wenig angepasst hätten, so Warschun. „Die ausgiebigen Einkaufstouren zahlen sich nur dann aus“, merkt der Konsumgüter- und Handelsexperte an, „wenn die Unternehmen die angestrebte Konvergenz auch in ihrem Haus und ihrer Kultur realisieren. Sie dürfen nicht vergessen, dass Konsolidierung etwas völlig anderes ist als Konvergenz.“ (A.T. Kearney/mc/ps)

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