Raiffeisen-CEO Patrik Gisel. (Foto: Raiffeisen)
Zürich – Der Schweizer Wohneigentumsmarkt boomt seit 20 Jahren. Einen Crash wird es aber nicht geben. Davon ist der neue Raiffeisen-Chef Patrik Gisel überzeugt. Dass er für seinen ersten öffentlichen Auftritt das Thema Immobilien wählte, hat auch symbolische Bedeutung. Das Geschäft mit den Hypotheken ist der stärkste Pfeiler der Raiffeisen-Gruppe. Zwar soll die Bank in Zukunft breiter aufgestellt werden, doch Abstriche im Kerngeschäft wird es nicht geben.
«Für mich sind heute zwei Botschaften wichtig: Einerseits, dass wir als grösster Finanzierer von privatem Wohneigentum in der Schweiz diese Position halten und ausbauen wollen, und zweitens, dass die Situation im Schweizer Immobilienmarkt weder Blase noch Krise ist», sagte Patrik Gisel am Rande der Medienkonferenz zur Nachrichtenagentur sda.
Ausbau der ergänzenden Geschäftsfelder
Zulegen könnte Raiffeisen bei den Hypotheken vor allem in der Agglomeration. Zudem will Gisel die ergänzenden Geschäftsfelder, etwa das Anlagekundengeschäft und das Firmenkundengeschäft, ausbauen. Diesen Kurs hat die Bank bereits vor dem Chefwechsel eingeschlagen. Gisel war zuvor der Stellvertreter des früheren Chefs Pierin Vincenz.
Der Raiffeisen-Spitze war es stets wichtig, Ängste vor einem Crash im Immobilienmarkt zu zerstreuen. Gisel und Chefökonom Martin Neff präsentierten am Donnerstag eine Studie, welche entsprechend beruhigende Argumente liefert.
Keine Spekulation
Der Boom der letzten zwei Dekaden sei fundamental begründbar, heisst es in dem Papier mit dem Titel «20 Jahre Wohneigentumsboom: Wie weiter?». Die Entwicklung der Preise sei nicht das Resultat von Spekulationen, sondern von einer Überschussnachfrage, angeheizt durch «epochal günstige Finanzierungsbedingungen».
Den Startschuss für den Boom orten die Raiffeisen-Ökonomen in den 1990er-Jahren, als mit dem Wohnbauförderungsprogramm und der Korrektur der Landpreise die Rahmenbedingungen geschaffen wurden. Pensionskassengelder konnten zudem zum Eigentumserwerb bezogen werden. Zugleich kamen die Babyboomer, also die nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Ende der 1960er-Jahre Geborenen, in ein eigentumsfähiges Alter. «Stockwerkeigentum wurde schweizweit erstmals salonfähig», blickte Martin Neff zurück.
Sanfte Landung
Im heutigen Tiefzins-Umfeld, wo es an alternativen Anlagemöglichkeiten mangelt, wohnen jene, die es sich leisten können, in den eigenen vier Wänden. Das ist gemäss Neff ökonomisch rational. Zwar hätten die Preise abgehoben. Doch die Korrektur erfolge in einer sanften Landung, sagte Neff. Einen Zinsschock sowie plötzliche Überkapazitäten hält er für ausgeschlossen.
Die Selbstregulierung der Banken und die verschärften Vorschriften bei der Vergabe von Hypotheken hält er aber für sinnvoll. Gleichzeitig forderte Neff Anpassungen bei den Rahmenbedingungen, etwa ein zeitgemässeres Finanzierungssystem. Auch das sind keine neuen Forderungen. Raiffeisen setzt damit mit dem neuen Chef vorerst auf Kontinuität. (awp/mc/pg)