«Crosslink» auf DNA -Modell.
Zürich – Die Reparatur von DNA-Schäden ist hochkomplex. Für die Behebung eines äusserst gefährlichen Schadens haben UZH-Forschende ein weiteres Puzzleteilchen entdeckt. Um sogenannte Crosslinks fehlerfrei und effizient zu reparieren, bedarf es einer Zusammenarbeit zwischen einem spezifischen Signal- und Reparaturprotein. Da Crosslinks auslösende Substanzen gezielt zur Bekämpfung von Krebs eingesetzt werden, sind die neuen Erkenntnisse auch für die Entwicklung von besseren Medikamenten wichtig.
Umwelteinflüsse wie ionisierende Strahlung, grosse Hitze oder bestimmte chemische Substanzen beschädigen die DNA fortlaufend. Nur dank effizienter Reparatursysteme können Mutationen –Veränderungen in der DNA – weitgehend verhindert werden. Zu den gefährlichsten aller DNA-Schäden zählen die sogenannten Crosslinks. Dabei handelt es sich um kovalente Quer-Vernetzungen beider Stränge der DNA-Doppelhelix. Crosslinks blockieren die Vervielfältigung der DNA und können dadurch zum Tod einer Zelle führen. Ausserdem kann ihre fehlerhafte Reparatur die Entstehung von Tumoren auslösen. Die Reparatur von Crosslinks ist hochkomplex und wird heute erst ansatzweise verstanden. Krebsforscher unter der Leitung von Alessandro Sartori von der Universität Zürich decken jetzt interessante Details auf, wie Zellen Crosslink-Schäden erkennen. In ihrer kürzlich in «Cell Reports» veröffentlichten Studie weisen die Wissenschaftler nach, dass für die fehlerfreie Reparatur von Crosslink-Schäden das Zusammenspiel von zwei spezifischen Proteinen ausschlaggebend ist.
Reparaturprotein erkennt Crosslink-Schäden mit Hilfe eines Signalproteins
Für ihre Studie untersuchten die Forscher mit Hilfe von genetisch manipulierten und unveränderten Zellen den «Fanconi-Anemia-Signalweg», der die komplexe Reparatur von Crosslinks koordiniert. Sartori und Kollegen wollten wissen, ob und wie der Signalweg und das Reparaturprotein «CtlP» miteinander interagieren. «Wir können zeigen, dass CtlP Crosslinks mit Hilfe des Fanconi-Anemia-Signalwegs, genauer dem <FANCD2>-Protein, effizient erkennt und repariert», erläutert Sartori. Die Wissenschaftler haben zudem entdeckt, an welcher Stelle sich «FANCD2» an das «CtlP»-Protein anlagert. Das Zusammenspiel der beiden Proteine ist gemäss den Forschern notwendig für die fehlerfreie und reibungslose Reparatur von Crosslink-Schäden. Es verhindert Chromosomenbrüche und Verlagerungen von ganzen Chromosomenabschnitten an eine andere Position (siehe Abbildung). Der als chromosomale Translokation bezeichnete Vorgang ist eine der Hauptursachen für die Entstehung von Krebs.
In der Krebs- bzw. Chemotherapie werden heute Substanzen eingesetzt, die bei den Krebszellen gezielt Crosslink-Schäden auslösen. Die neuen Erkenntnisse sind sowohl für das Verständnis für die Entstehung von Krebs als auch im Hinblick auf die weitere Entwicklung von verbesserten Medikamenten wichtig. (Universität Zürich/mc/ps)
Literatur:
Olga Murina, Christine von Aesch, Ufuk Karakus, Lorenza P. Ferretti, Hella A. Bolck, Kay Hänggi, and Alessandro A. Sartori. FANCD2 and CtIP Cooperate to Repair DNA Interstrand Crosslinks. Cell Reports (2014). May 1, 2014. http://dx.doi.org/10.1016/j.celrep.2014.03.069
Fanconi-Anämie
Die Fanconi-Anämie (FA) ist eine seltene Erbkrankheit und wurde 1927 vom am Kinderspital der Universität Zürich tätigen Arzt Prof. Dr. Guido Fanconi (1892–1979) erstmals beschrieben. Fanconi-Anämie wird durch Mutationen in Genen verursacht, welche die Reparatur von DNA-Crosslinks regulieren. Patienten, die an Fanconi-Anämie leiden, weisen bereits im Kindesalter eine Rückbildung des blutbildenden Knochenmarks auf und haben im Vergleich zu gesunden Personen ein etwa 1000-fach erhöhtes Risiko an Krebs zu erkranken. Nur ungefähr ein Drittel der Fanconi-Anämie-Patienten wird älter als 30 Jahre.