Freiburg – Die Lohndiskriminierung von Frauen ist in Verbänden, Stiftungen und Genossenschaften bedeutend geringer als in der Privatwirtschaft, ja teilweise sogar inexistent. Dies zeigt eine Studie des Instituts für Verbands-, Stiftungs- und Genossenschaftsmanagement der Universität Freiburg.
Frauen und Männer bekleiden in der Arbeitswelt bis heute nicht nur unterschiedlich häufig eine Führungsposition. Sie werden auf diesen Positionen auch unterschiedlich bezahlt. Das wird immer wieder als Beleg für bestehende Diskriminierung angeführt. Die 2008 im Auftrag des Bundesamts für Statistik und dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann veröffentlichte Studie zur aktuellen Situation in der Schweiz zeigt, das Frauen in der Schweiz durchschnittlich rund 14% weniger verdienen als Männer – und das in vergleichbaren Positionen und bei gleichem Beschäftigungsgrad. Im mittleren Management wächst die Differenz bereits auf durchschnittlich 22% und im oberen Management sogar auf 31%. Etwa ein Drittel dieser Differenz lässt sich durch Unterschiede in der Ausbildung der Berufserfahrung oder der Organisationsgrösse erklären; der Rest bleibt unerklärt, und das lässt die Vermutung zu, es ginge bei der Entlöhnung nicht immer fair zu.
Ungleichbehandlung geringer
Die Frage ist nun: Lassen sich vergleichbare Lohndiskriminierungen auch in Nonprofit-Organisationen wie Verbänden, Stiftungen oder Genossenschaften nachweisen? Oder entlöhnen Nonprofit-Organisationen ihre Angestellten fairer? Eine Studie am Institut für Verbands-, Stiftungs- und Genossenschaftsmanagement (VMI) an der Universität Freiburg hat zur Klärung dieser Frage Gehaltsdaten aus den vergangenen 10 Jahren ausgewertet. Sie kommt zum Schluss, dass auch in Nonprofit-Organisationen auf den oberen und mittleren Leitungsebenen Gehaltsunterschiede von rund 5% im oberen und 7% im mittleren Management bestehen. Damit ist zwar auch hier eine verdeckte Ungleichbehandlung erkennbar, jedoch fällt diese deutlich geringer aus als bei den gewinnorientierten Unternehmen.
Nähe zur Wirtschaft wichtiger Faktor
Interessanterweise sind diese Lohnunterschiede zu Gunsten der Männer in Wirtschaftsverbänden sowie in Kultur- und Sportorganisationen mit 8 bis 9% merklich grösser als in sozialen Organisation, wo sie weniger als 5% betragen. Und bei politischen Interessenverbänden wie beispielsweise im Umwelt- oder Konsumentenschutzbereich sind überhaupt keine Unterschiede festzustellen. Offensichtlich spielt die Nähe zur Wirtschaft für das Ausmass der Diskriminierung eine wichtige Rolle, besonders weil sich die Lohnlücke bei den Wirtschaftsverbänden über die letzten 10 Jahre eher noch vergrössert denn geschlossen hat: Die Wirtschaftsverbände haben sich der Wirtschaft angenähert.
Vorreiter-Rolle für Nonprofit-Organisationen
Ursachen, warum Frauen bei gleichen Voraussetzungen niedrigere Gehälter bekommen, gibt es viele: Frauen entscheiden sich häufiger für kleinere Organisationen mit niedrigerem Lohnniveau, sind eher mit Gehältern am unteren Ende der noch als fair empfundenen Bandbreite zufrieden und verhandeln seltener und mit weniger Nachdruck um Lohnerhöhungen. Dies, weil sie ihre eigene Leistung kritischer beurteilen und dem Gehalt gegenüber anderen Arbeitsbedingungen eher als Männer einen geringeren Stellenwert einräumen. Obwohl Frauen heute im Berufsleben selbstbewusster auftreten als noch vor 10 oder 20 Jahren, sind die Unterschiede gegenüber den Männern bis heute noch nicht verschwunden. Die Nonprofit-Welt übernimmt hier aber sicherlich eine Vorreiter-Rolle auf dem Weg zu fairen Lohnsystemen. (VMI/mc/ss)
Das Verbandsmanagement Institut (VMI)
Das Verbandsmanagement Institut (VMI) ist ein Institut der Wirtschafts- und Sozial-wissen¬schaftlichen Fakultät der Universität Freiburg / Schweiz. Es wurde 1976 gegründet und befasst sich seither mit der wissenschaftlich-interdisziplinären Forschung und Lehre auf dem Gebiet des Nonprofit-Management.