Nutzung von Nachrichten sinkt weiter – Zahlungsbereitschaft bleibt niedrig

Nutzung von Nachrichten sinkt weiter – Zahlungsbereitschaft bleibt niedrig
«News Avoider»: Rund ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer (36%) vermeidet manchmal oder sogar oft aktiv Nachrichten. (Bild: istock.com/gpointstudio/UZH)

Zürich – Trotz Krisen nutzen die Menschen aller Altersgruppen in der Schweiz immer weniger Nachrichten. 36% vermeiden sie manchmal oder sogar oft aktiv. Dennoch vertrauen 41% der Bevölkerung einem Grossteil der Medien, wie der Schweizer Länderbericht des Digital News Reports 2024 zeigt. Die Zahlungsbereitschaft stagniert seit drei Jahren auf tiefem Niveau.

Menschen in der Schweiz greifen auf verschiedene Nachrichtenquellen zu, um sich zu informieren. Doch seit 2016 hat deren Nutzung generell abgenommen. Traditionelle Kanäle wie TV, Printmedien oder Radio erfahren einen Rückgang: 2024 nutzen 69% der Schweizerinnen und Schweizer mindestens einmal wöchentlich TV, Radio oder Print – 2016 waren es noch deren 88%. Auch digitale Informationsquellen werden seltener genutzt: 2024 informieren sich 74% der Schweizerinnen und Schweizer auf Newswebseiten und Social Media, 2016 waren es noch 82%. Dieser sinkende Nachrichtenkonsum zeigt sich bei allen Altersgruppen, wenn auch nicht überall gleich stark. «Die Daten geben also keine Hinweise darauf, dass junge Menschen mit zunehmendem Alter mehr Nachrichten nutzen», sagt Linards Udris, Autor des Schweizer Länderberichts und Stellvertretender Forschungsleiter am Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft fög.

Informationsflut als Grund für Verzicht auf Nachrichten
Das generelle Interesse an Nachrichten hat in der Schweiz über die Zeit ebenfalls abgenommen, wenn auch längst nicht so stark wie in vielen anderen Ländern. Während 2016 in der Schweiz 59% der Befragten angaben, sich sehr für Nachrichten zu interessieren, sind es 2024 nur noch 48%. Zudem nimmt die Zahl der Menschen ab, die regelmässig Online-News teilen oder kommentieren. Rund ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer (36%) vermeidet manchmal oder sogar oft aktiv Nachrichten. Als Grund geben sie die Informationsflut an. Die Mehrheit der «News Avoider», darunter insbesondere Frauen, sagt, dass sie sich von Nachrichtenmenge erschöpft fühlt. Sechs von zehn Personen fühlen sich zwar auf dem Laufenden gehalten und über verschiedene Themen informiert. Aber nur eine Minderheit stimmt der Aussage zu, dass Medien Hoffnung geben. «Dies kann ein Hinweis auf das ungenutzte Potenzial eines konstruktiven Journalismus sein», so Udris.

78% schauen mindestens einmal pro Woche Nachrichtenvideos
Bei den digitalen Plattformen kommt es zu Veränderungen: In der Schweiz bleiben WhatsApp, YouTube und Facebook die wichtigsten Plattformen für die Nachrichtennutzung. Neuere Plattformen wie TikTok und Instagram gewinnen jedoch weiter an Bedeutung. Damit einher geht die zunehmende Nutzung von Videos: 78% der Befragten gaben an, mindestens einmal pro Woche Newsvideos zu schauen. Am beliebtesten sind kurze Video-Formate von maximal zwei Minuten, die 55% der Befragten ein- oder mehrmals pro Woche schauen. Dabei werden Nachrichtenvideos vor allem auf Social Media und weniger auf Nachrichtenwebseiten konsumiert. Auf den Plattformen konkurrieren Nachrichtenmedien mit anderen Quellen wie Influencern, Prominenten oder normalen Bürgerinnen und Bürgern, die bei den Newsnutzerinnen und -nutzern oftmals mehr Beachtung finden. Laut Udris zeigt dies, dass Konsumentinnen und Konsumenten auf den Plattformen ein viel breiteres Verständnis von «Nachrichten» haben.

41% der Befragten vertrauen den Nachrichtenmedien
Insgesamt vertrauen 41% der Menschen in der Schweiz dem Grossteil der Nachrichtenmedien. Das ist im internationalen Vergleich ein leicht überdurchschnittlicher Wert, auch wenn das Medienvertrauen in den letzten drei Jahren abgenommen hat. Am meisten vertrauen die Befragten den Nachrichtenangeboten von SRF und RTS – und zwar unabhängig von ihrer politischen Selbsteinstufung. In Bezug auf das Vertrauen als besonders wichtig erachtet wird, dass Medien transparent machen, wie Nachrichten entstehen (73%). Auch hohe journalistische Standards gelten insgesamt als sehr wichtig (68%), noch vor anderen Kriterien wie der Ausgewogenheit der Berichterstattung (53%) oder der langjährigen Etablierung eines Nachrichtenmediums (49%).

Viele wollen nichts für News bezahlen
Die Zahlungsbereitschaft stagniert in der Schweiz seit drei Jahren auf relativ tiefem Niveau. So haben 17% der Befragten angegeben, im vergangenen Jahr für Online-News bezahlt zu haben. Dies entspricht genau dem internationalen Durchschnitt. Von den zahlenden Newskonsumentinnen und -konsumenten gab rund ein Drittel maximal 10 CHF pro Monat für ihr wichtigstes Online-Abonnement aus – ein Hinweis darauf, dass in der Schweiz wie im Ausland viele offenbar nicht den Normalpreis eines Online-Abos bezahlen. Ebenfalls betrachtet rund ein Drittel der Befragten, die aktuell nicht für Online-News zahlen, wenige Franken pro Monat als einen fairen Preis, den sie zahlen würden. 57% von ihnen würde aber gar nichts für Online-News ausgeben. «Für die Medienindustrie bleibt es damit eine grosse Herausforderung, neue zahlende Konsumentinnen und Konsumenten zu gewinnen und genügend hohe Einnahmen mit Online-Abonnements zu erzielen», sagt Udris.

Der Reuters Institute Digital News Report 2024 – Länderbericht Schweiz ist auf www.foeg.uzh.ch frei verfügbar. (Universität Zürich/mc/ps)

Über den Digital News Report – Länderbericht Schweiz
Seit 2012 erfasst der Reuters Institute Digital News Report jedes Jahr auf der Grundlage einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung in mehreren Ländern, darunter der Schweiz, verschiedene Aspekte der Mediennutzung. Verantwortlich ist das Reuters Institute for the Study of Journalism der University of Oxford; das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (fög) ist offizieller Kooperationspartner. Dieser Länderbericht konzentriert sich auf die Mediennutzung in der Schweiz und versteht sich als Ergänzung zum Digital News Report. Dieser ist hier verfügbar: https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/digital-news-report/2024

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