St. Gallen – Immer mehr Elektromobilität, immer mehr stromfressende Rechenzentren, dazu die Forderung, dass fossile Energieträger wie Öl und Gas ersetzt werden – und gleichzeitig der Verzicht auf den Bau neuer Atomkraftwerke: Wie soll das in den nächsten Jahren aufgehen?
Die Annahme des revidierten Schweizer Energiegesetzes 2017 hat uns klargemacht: Wir verabschieden uns von der Kernenergie. Zwar wurde 2021 das CO2-Gesetz abgelehnt, aber das internationale Klimaziel von Paris 2015 bleibt für uns verbindlich: Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen gegenüber dem Stand von 1990 um 50 Prozent reduziert werden, und das Ziel für 2050 lautet Netto-null-Emissionen. Das bedeutet: weg von den fossilen Energieträgern, Ausbau der erneuerbaren Energien, Steigerung der Energieeffizienz auf allen Ebenen und Anpassung der Leitungsnetze an die neuen Vorgaben.
Kernkraft als politische Gretchenfrage
Die EU hat kürzlich die Kernenergie zur grünen Energie erklärt. Auch in der Schweiz möchten verschiedene Kreise den Bau neuer Kernkraftwerke wieder auf die politische Agenda setzen. Doch die Stromwirtschaft winkt ab: Die Kernkraft sei schlicht zu teuer – neue AKW seien kurz- und mittelfristig keine machbare Alternative. Dagegen sprechen auch die Folgen der Klimaerwärmung mit sinkenden Pegeln und höheren Temperaturen bei den Fliessgewässern, die es zum Kühlen braucht. So bleiben neben dem Ausbau der Wasserkraft vor allem Quellen erneuerbarer Energie wie Fotovoltaik und Windkraft, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
Gestresste Stromübertragungsnetze
Um die Stromversorgung sicherzustellen, müssen die national und international verfügbaren Kraftwerke in der Lage sein, die Nachfrage zu decken – und die Stromnetze müssen die entsprechende Übertragungskapazität zur Verfügung stellen. Die starke Vernetzung mit Europa trägt wesentlich zur Sicherheit unserer Stromversorgung bei. Damit machen wir uns aber auch abhängig von der Stabilität der umliegenden Systeme.
Durch den Abbruch der Verhandlungen zum institutionellen Abkommen mit der EU, das Bedingung ist für ein Stromabkommen, gerät die Schweiz ins Abseits. Sie darf bei den Regeln für den europäischen Strombinnenmarkt nicht mehr mitreden und könnte auch von den Strommarktplattformen ausgeschlossen werden. Im schlimmsten Fall werden wir weniger Strom importieren können – und gleichzeitig könnten aufgrund des Stromhandels innerhalb der EU ungeplante Stromflüsse durch die Schweiz zunehmen und die Netzstabilität gefährden.
Verteilnetze als Flaschenhals
Die Energieversorger tätigen bedeutende Investitionen, um die lokale Verteilnetzinfrastruktur auf dem neuesten Stand zu halten. Ein grösseres Problem hingegen liegt im Schweizer Höchstspannungsnetz für die grossräumige Stromübertragung: Es muss dringend ausgebaut werden. Wichtige Energieerzeuger wie die grossen Wasserkraftwerke müssen immer wieder die Produktion drosseln, um das Übertragungsnetz nicht zu überlasten. Alpine Solargrossanlagen würden diese Situation weiter verschärfen. Doch trotz dem dringenden Handlungsbedarf ist der Netzausbau blockiert und eine schnelle Lösung nicht in Sicht. Hier steht die Politik vor grossen Herausforderungen.
Problemfeld Speicher
Im Prinzip könnten wir mit Fotovoltaik, Wind und Wasser einen Grossteil unseres Strombedarfs selbst decken, wenn wir überschüssigen Strom einfach speichern und bei Bedarf abrufen könnten. Eine wichtige Komponente dieses Konzepts bilden Speicherseen, die bei Stromüberschuss mit hochgepumptem Wasser gefüllt werden, aber auf leistungsfähige Übertragungsnetze angewiesen sind. Dezentrale Technologien sind angedacht oder werden – meist im Ausland – in ersten Projekten erprobt, vor allem mit mechanischen Speichern, die ebenfalls mit potenzieller Energie arbeiten (Hubkraftwerke), und mit chemischen Konzepten (Power-to-X), bei denen Strom für die Speicherung in Gas, Kraftstoff oder Chemieprodukte umgewandelt wird, die wieder für die Stromproduktion genutzt werden können. Aufwendige thermische, chemische und elektrochemische Technologien für die Langzeitspeicherung sind in Entwicklung und Erprobung. Bis zu ihrem praktischen Einsatz wird es aber noch einige Zeit dauern.
Energiesparen: die dritte Säule der Energiestrategie 2050
In der Schweiz soll der Gesamtenergieverbrauch pro Kopf bis 2035 um 43 Prozent gesenkt werden. Allein der Stromverbrauch soll um 13 Prozent reduziert werden. Neben der Effizienzsteigerung der Verbrauchenden – nicht nur bei Haushaltsgeräten, sondern auch in der Industrie, bei der Mobilität usw. – sind intelligente Stromzähler ein wichtiges Mittel, um den Verbrauch bzw. das Angebot zu steuern. Die Kundinnen und Kunden erhalten bessere Möglichkeiten, Stromfresser zu identifizieren – gleichzeitig sind Smart Meter auch eine wichtige Voraussetzung für die Einführung von intelligenten Stromnetzen (Smart Grids). Mit ihnen lassen sich die erneuerbaren Energien gezielter und effizienter ins Stromnetz einbinden.
Um die Vorteile der Smart Meter und Smart Grids zu nutzen, setzen die Versorger auf moderne IT-Systeme. Schweizer Marktführer in diesem Bereich ist innosolv mit der Software innosolvenergy: Sie ist darauf ausgerichtet, auch in Zukunft einen grossen Beitrag zur sicheren Energieversorgung zu leisten. (OBT/mc/ps)
Fazit
Elektrizität ist und bleibt der Energieträger der Zukunft. Doch selbst bei forcierter Nutzung von Wasser, Sonne und Wind werden wir auch künftig Strom importieren müssen. Ohne Stromabkommen mit der EU ist die Versorgungssicherheit allerdings infrage gestellt. Zudem behindern überforderte Übertragungsnetze die Nutzung grosser Potenziale im Inland. Der Bau neuer Kernkraftwerke würde hier also wenig Entlastung bringen. Besser steht es bei den Verteilnetzen: Die Stromanbieter führen vermehrt intelligente Lösungen (Smart Grids) und moderne IT-Systeme wie innosolvenergy ein, um auch dezentral gewonnene Elektrizität aus erneuerbaren Quellen effizient ins Netz einzubinden und die Versorgung der Endverbraucherinnen und Endverbraucher zu gewährleisten. Die Zukunft der Energieversorgung ist voller Möglichkeiten, und wir sind bereit, sie mit innovativen Lösungen und beispiellosem Enthusiasmus zu gestalten.