OBT: Unternehmensnachfolge – aufgepasst auf die Unterschiede der verschiedenen Varianten
St. Gallen – Unternehmerinnen und Unternehmer beschäftigen sich mindestens einmal in ihrer beruflichen Laufbahn mit dem Thema Unternehmensnachfolge – meist im Zusammenhang mit der Pensionierung. Damit Sie den Überblick über die unterschiedlichen Arten der Nachfolge und deren Unterschiede behalten, stellen wir Ihnen die wichtigsten Formen und ihre jeweiligen Fokusthemen vor.
In den kommenden fünf Jahren müssen laut einer aktuellen Analyse von Dun & Bradstreet rund 90’000 KMU ihre Nachfolge lösen. Die Relevanz der Unternehmensnachfolge hat während der Coronakrise offensichtlich nicht abgenommen.
Meistens wird in Bezug auf die Unternehmensnachfolge zwischen drei Hauptarten unterschieden:
- Familieninterne Nachfolge (z.B. Verkauf an die Tochter/den Sohn oder ein anderes Familienmitglied)
- Unternehmensinterne Nachfolge (z.B. Verkauf an einen Mitarbeitenden oder bereits eingesetzten Geschäftsführer)
- Externer Verkauf (z.B. an eine Jungunternehmerin, einen Konkurrenten oder strategischen Investor)
Andere Nachfolgeformen, wie beispielsweise die Liquidation, werden im Rahmen dieses Beitrags ausgeklammert.
Die familieninterne Nachfolge
Die familieninterne Nachfolge, auch als FBO (family buyout) bekannt, bezeichnet die Übergabe des Unternehmens an ein Familienmitglied. In vielen Fällen wird der bestehende Betrieb vom Sohn oder von der Tochter des Unternehmers oder der Unternehmerin übernommen, manchmal aber auch von Enkelkindern oder einem anderen Familienmitglied. Zwischenmenschliche Beziehungen spielen dabei eine wichtige Rolle, da das familiäre mit dem geschäftlichen Umfeld vermischt wird. Demnach sollte der Ehe- und Erbrechtsthematik viel Aufmerksamkeit geschenkt werden, um späteren Streitigkeiten, wenn beispielsweise nur eines der Kinder ins Unternehmen einsteigt, vorzubeugen. Eine enge Zusammenarbeit mit einem Rechtsanwalt ist daher empfehlenswert. Dieser kann die bestehenden Ehe- und Erbverträge prüfen und ergänzen oder bei Bedarf neue Dokumente aufsetzen und diese mit den betroffenen Familienmitgliedern besprechen und finalisieren.
Der Kaufpreis spielt bei der familieninternen Nachfolge eine Nebenrolle, da es für den Unternehmer oft wichtiger ist, dass alle Beteiligten mit der angestrebten Lösung langfristig zufrieden sind. Das Loslassen fällt der abtretenden Person bei dieser Form der Nachfolge oftmals besonders schwer. Da der familieninterne Nachfolgeprozess schnell einmal zwei bis fünf Jahre dauern kann, empfehlen wir dem Übergebenden und der Nachfolgenden, einen detaillierten Zeitplan (inklusive Meilensteinen) aufzusetzen, um die schrittweise Übergabe zu strukturieren und schriftlich festzuhalten.
Die unternehmensinterne Nachfolge
Bei der unternehmensinternen Nachfolge oder MBO (management buyout) übergibt der Unternehmer oder die Unternehmerin die Firma an einen Mitarbeitenden oder eine bereits eingesetzte Geschäftsführerin. Vorteilhaft ist, dass der oder die Mitarbeitende den Betrieb und die dazugehörigen Abläufe kennt und oft auch direkten Kundenkontakt hat.
Gleichzeitig kann auf eine bestehende Beziehung zu den im Betrieb beschäftigten Mitarbeitenden gebaut werden. Weiche Faktoren, wie beispielsweise zwischenmenschliche Beziehungen, sind bei einer unternehmensinternen Nachfolge wichtig, da das Unternehmensklima für eine erfolgreiche, langfristige Umsetzung positiv sein sollte.
Ein Hauptthema dieser Nachfolgeart ist die erfolgreiche Planung und Übergabe der wichtigsten Aufgaben. Die Übergangszeit ist abhängig vom Umfang der ausstehenden Aufgaben und Schritte; durchschnittlich dauert eine unternehmensinterne Nachfolge in etwa 9 bis 24 Monate.
Mithilfe einer Unternehmensbewertung ist es möglich, einen fairen Kaufpreis zu ermitteln. Um den Käufer oder die Käuferin bei der Kaufpreisfinanzierung zu unterstützen, lassen einige Verkaufende ein Verkäuferdarlehen stehen, das nach Rückzahlung eines möglichen Bankdarlehens nachrangig bedient wird.
Der externe Verkauf
Im Falle eines externen Verkaufs, auch bekannt als M&A (merger & acquisition), wird das Unternehmen an einen externen Dritten übergeben. Dieser Prozess dauert durchschnittlich nur vier bis zwölf Monate.
Bei dieser Form der Nachfolge überwiegen die «harten Faktoren», wie Zahlen, sowie der zu zahlende Kaufpreis. Der Käufer bzw. die Käuferin prüft das zum Verkauf stehende Unternehmen im Rahmen der Due-Diligence-Phase im Detail und sieht beispielsweise die wichtigsten Verträge, Steuerunterlagen und sonstige Dokumente zu bestehenden Verpflichtungen ein.
Der Fokus bei einem externen Verkauf richtet sich auf die klare Strukturierung des Prozesses. Die anschliessende Übergangszeit für die Übergabe der wichtigsten Kontakte und Beziehungen ist grundsätzlich eher kürzer, jedoch gibt es auch Fälle, in denen der oder die Verkaufende noch für zwei Jahre im Unternehmen tätig ist. (OBT/mc/ps)
Fazit
Für eine Unternehmerin oder einen Unternehmer stellt das Thema Unternehmensnachfolge in der Regel zusätzlich zur Weiterführung des Tagesgeschäfts eine neue Herausforderung dar. Die Vielfalt der möglichen Fragestellungen, die sich zu Beginn oder im Laufe des Prozesses ergeben, kann verwirrend wirken. Es empfiehlt sich daher, eine professionelle Beratung beizuziehen, die Sie mithilfe eines strukturierten Prozesses themenumfassend und bedarfsorientiert auf dem Weg zu Ihrer optimalen Nachfolgelösung begleitet.