OBT: Verrechnungssteuer – weniger Formalismus bei der Rückerstattung
Die Revision von Art. 23 des Verrechnungssteuergesetzes wird voraussichtlich Ende Januar rückwirkend auf 1. Januar 2019 in Kraft treten. Dies sind gute Neuigkeiten für die Steuerpflichtigen, stellen sie doch eine Abkehr vom Formalismus dar. Neu kann die Rückerstattung der Verrechnungssteuer trotz unterlassener Deklaration geltend gemacht werden.
Obwohl sich das Verrechnungssteuergesetz (VStG) in den letzten Jahren in keiner Art und Weise verändert hat, verschärfte die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) ihre Praxis massiv. Eine Praxisänderung war nicht angebracht, da bis dato die Rückerstattung der Verrechnungssteuer basierend auf dem Verrechnungssteuergesetz klar und eindeutig geregelt war und die Verrechnungssteuer ihren ursprünglichen Zweck als Sicherungssteuer vollumfänglich erfüllte.
Die Praxisverschärfung führte seit 2011 insbesondere für Unternehmer zu einer zusätzlichen Steuerbelastung. Vor der Praxisverschärfung wurden geldwerte Leistungen (z.B. private Ferien, die über die Firma bezahlt wurden) auf Ebene der Gesellschaft aufgerechnet und beim Aktionär als zusätzliches Einkommen besteuert. Theoretisch wäre auf der geldwerten Leistung die Verrechnungssteuer geschuldet gewesen. Da es sich bei der Verrechnungssteuer um eine Sicherungssteuer handelt und sämtliche Steuern bezahlt worden sind, erfolgte in aller Regel keine Erhebung der Verrechnungssteuer.
Meldepflicht seit 2011
Seit 2011 wurden die Kantone «verpflichtet», bei sämtlichen Aufrechnungen von geldwerten Leistungen eine Meldung an die ESTV machen. Nach einer Meldung hat die ESTV entschieden, ob auf der geldwerten Leistung die Verrechnungssteuer erhoben wird oder nicht. Der Empfänger der geldwerten Leistung hatte sodann die Verrechnungssteuer von 35% zu entrichten (falls er dies nicht tat und die Gesellschaft die Verrechnungssteuer bezahlte, war 53% geschuldet; Umrechnung ins Hundert).
Eine Rückerstattung der Verrechnungssteuer verwehrte die ESTV in der Regel, da Personen mit Wohnsitz in der Schweiz die Verrechnungssteuer nur zurückerhalten, wenn sie die betreffenden Vermögenserträge in der Steuererklärung ordnungsgemäss deklarieren – was bei einer Aufrechnung seitens der Steuerbehörde in aller Regel nicht gegeben ist.
Neue Regelung bringt Vereinfachung
Steht am 31. Januar 2019 fest, dass gegen das Gesetz kein Referendum zustande gekommen ist, treten die neuen Bestimmungen hinsichtlich Rückerstattung auf den 1. Januar 2019 in Kraft. Mit dem neuen Art. 23 VStG verwirkt der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer trotz fehlender Deklaration in der Steuererklärung nicht mehr.
Die Verwirkung im Sinne von Abs. 2 des oben erwähnten Artikels tritt nicht ein, wenn die Einkünfte oder das Vermögen in der Steuererklärung fahrlässig nicht angegeben wurden und in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungs-, Revisions- oder Nachsteuerverfahren nachträglich angegeben werden oder von der Steuerbehörde aus eigener Feststellung zu den Einkünften oder dem Vermögen hinzugerechnet werden. Folglich gilt die Voraussetzung, dass das Verfahren nicht abgeschlossen ist und die Nichtdeklaration in der Steuererklärung fahrlässig war.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass der Antrag auf Rückerstattung innerhalb der Frist von Art. 32 VStG erfolgen muss. Diese beträgt in der Regel drei Jahre.
Rückwirkend geltende Ansprüche
Als positiv gilt zu erwähnen, dass der Anspruch auf Rückerstattung unter den neuen Bestimmungen auch für Ansprüche gilt, welche seit dem 1. Januar 2014 entstanden sind. Voraussetzung ist jedoch, dass über den Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer noch nicht rechtskräftig entschieden worden ist. Liegt bereits ein rechtskräftiger Entscheid vor, ist die neue gesetzliche Bestimmung nicht anwendbar und die bezahlte Verrechnungssteuer bleibt in Bern.
Grundsätzlich ist es positiv, dass die Praxisverschärfung seitens der ESTV endlich gelockert wird, was auch dem Zweck der Verrechnungssteuer entspricht. Schliesslich handelt es sich bei dieser um eine reine Sicherungssteuer. Sofern die Leistungen bei den Steuerpflichtigen besteuert werden, sollten diese nicht noch mit der Verrechnungssteuer belastet werden. Ein Meldeverfahren anstelle der Bezahlung der Verrechnungssteuer wäre eine positive Alternative gewesen – auch hinsichtlich des Zwecks der Verrechnungssteuer und für eine schlankere Verwaltung. Aber die Gesetzgebung ist weiterhin im Fluss und steht nicht still – es wäre schön, wenn ein solches Verfahren in Zukunft in Betracht gezogen würde.
Fazit
Die Revision von Art. 23 des Verrechnungssteuergesetzes baut formalistische Hürden ab, da sie die 2011 vorgenommene Verschärfung bei den geldwerten Leistungen wieder vereinfacht. Verfahrenstechnisch hat der Steuerpflichtige weiterhin die geschuldete Verrechnungssteuer nach Bern abzuliefern und kann diese rückerstatten lassen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Neu kann die Rückerstattung der Verrechnungssteuer aber innerhalb von einer Frist von drei Jahren trotz unterlassener Deklaration geltend gemacht werden. (OBT/mc)