Berlin – Trotz des Kernkraftunfalls im japanischen Fukushima wird die Atomenergie weltweit ausgebaut. Der Vorfall führte in verschiedenen Ländern zwar zu erhöhten Sicherheitsvorkehrungen und zum Beispiel in Deutschland zum Ausstieg aus der Atomenergie. Gleichzeitig wirkt sich Fukushima jedoch gemeinsam mit dem international steigenden Energieverbrauch, dem Arabischen Frühling in ölproduzierenden Ländern und sinkenden Investitionen der Versorger negativ auf die Versorgungssicherheit in Europa und auf den Ausstoss von Treibhausgasen aus.
Zu diesem Schluss kommt die 13. Ausgabe des «European Energy Markets Observatory» (EEMO) von Capgemini in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Société Générale Global Research, dem CMS Bureau Francis Lefebvre und dem Think Thank VaasaETT. «Langfristig erwarten uns höhere Energiepreise und noch schlimmere Folgen, wenn nicht intensiv in die Energieinfrastruktur der EU – allen voran in ein intelligentes Stromnetz – investiert wird. Bis zum Jahr 2020 werden hierbei Aufwendungen von mehr als 1,1 Billionen Euro benötigt», erklärt Marc Sauthoff, Leiter Energy & Utilities bei Capgemini Consulting in der Schweiz, Österreich und in Deutschland.
Energienachfrage zu Spitzenverbrauchszeiten steigt
Als Konsequenz auf den Reaktorvorfall in Fukushima wurden international Sicherheitsinspektionen in den Reaktoren eingeführt. Wahrscheinlich wird die grosse Mehrheit die Zulassung erhalten, weiterzulaufen. Deutschland nahm die sieben ältesten Kernkraftwerke vom Netz und fuhr den Reaktor in Krümmel nicht mehr hoch. Die verbleibenden neun deutschen Reaktoren werden bis 2022 abgeschaltet. Dagegen bekräftigten unter anderem Länder wie China, Südkorea, Russland, der Nahe Osten und Frankreich die Nutzung von Kernenergie. Mit 62 Reaktoren befinden sich mehr als drei Viertel der im Bau befindlichen Anlagen in Asien und Russland und aufgrund ihres hohen Energiebedarfs werden diese Länder wohl auch am Ausbau festhalten. Dagegen gefährdet das unmittelbare Abschalten der deutschen Kernkraftwerke die Sicherheit der europäischen Energieversorgung: Allein aus Frankreich importiert Deutschland täglich mehr als 2.000 Megawatt Strom, in vergangenen Jahren war dagegen Frankreich in den Wintermonaten auf die Zufuhr aus Deutschland angewiesen, die jetzt wegfällt. Diese Energieengpässe werden von Jahr zu Jahr kritischer, da die Nachfrage in Spitzenverbrauchszeiten steigt: Im letzten Jahr nahm die Nachfrage zu Zeiten hohen Verbrauchs in der Schweiz um 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu, in Frankreich um 4,7 Prozent und in Deutschland um 9,5 Prozent.
Atomkraftausstieg macht dezentrale Energieversorgung notwendig
Ein intelligentes Stromnetz («Smart Grid»), das Energie auch dezentral einspeist und bestenfalls grosse Energiemengen speichern kann sowie gezielte Programme zur Steuerung der Energienachfrage («Demand-Response-Programme») sind ein Schlüsselfaktor für die Versorgungssicherheit und könnten dazu beitragen, den Energieverbrauch in Spitzenzeiten zu glätten. Doch die Energieunternehmen sind zögerlich mit weiteren Ausgaben: Ihre durchschnittliche Gewinnmarge wuchs in den letzten Jahren langsamer als der Umsatz. Daraufhin sanken die Investitionsausgaben durchschnittlich um 30 Prozent (siehe Seite 62 und 63 des Reports). Nachdem die Schulden der Branche im Jahr 2010 mit 368 Milliarden Euro ihre bisherige Spitze erlebt haben, sind sie aufgrund eines strikten Kostenmanagements auf Seiten der Unternehmen allerdings aktuell zurückgegangen. (Capgemini/mc/ps)
Den vollständigen Report finden Sie unter: http://www.capgemini.com/eemo
Über Capgemini: http://www.ch.capgemini.com