von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Deuss, LEDCity will mit Hilfe von smarten Leuchtmitteln den Energieverbrauch im Beleuchtungssektor massiv senken. Wie kam es 2017 zur Gründung des Unternehmens?
Patrick Deuss: Während meines Studiums der Energie- und Umwelttechnik wurde mir bewusst, dass über 12 % der Elektrizität für die Beleuchtung benötigt wird. Gleichzeitig war aufgefallen, dass grössere Gebäude (auch unsere Hochschule) meist rund um die Uhr beleuchtet waren, obwohl das Licht oftmals nicht benötigt wurde. Um für dieses Problem eine Lösung zu finden, habe ich dann in meiner Bachelorarbeit an einem Konzept und an der Entwicklung eines Prototyps gearbeitet.
Ich mag mich noch gut erinnern, als ich damals unseren heutigen CTO Florian Gärtner von der Arbeit beim Paul Scherrer Institut abgeholt habe, um über die Weiterentwicklung des Prototypen zu sprechen. Wir kannten uns vom Mountainbiken und liefen während dem Gespräch durch ganze Ortschaften. Überall brannte Licht. Dies bewegte uns dazu, im Jahr 2017 LEDCity zu gründen.
LEDCity verfolgt ambitionierte Ziele: Sie wollen den nationalen Energieverbrauch im Beleuchtungssektor mithilfe der LEDCity-Technologie um 80% im Vergleich zum Gründungsjahr senken. In welchem Zeitrahmen halten Sie das für möglich?
Wenn alle in der Lichtbranche zusammenarbeiten, sollte dies in spätestens 15 Jahren möglich sein.
Könnten Sie uns die Technologie näher vorstellen?
Wir haben unsere LED-Röhren mit diversen Sensoren ausgerüstet. Mit den durch die Sensoren erhaltenen Informationen können wir das Licht lokal stufenlos steuern. Weiter können unsere vollautonomen Leuchtmittel miteinander kommunizieren. Dadurch schaffen wir ein Datennetzwerk. Dieses wiederum trainieren wir mithilfe von AI, um für alle möglichen Szenarien den geringsten Energieverbrauch, aber auch den grössten Komfort zu ermöglichen. Kurz gesagt: Wir überlassen das Lichtregulieren einem im Leuchtmittel integrierten Computer, sodass die Lichtdauer und -intensität automatisch gesteuert wird.
Ist AI der grösste Unterschied zu anderen «Smart Lighting»-Lösungen, die sich an die Umgebung und die Bedürfnisse der Menschen anpassen?
AI ist ein Hilfsmittel, dass wir nutzen um Probleme zu lösen und hunderte Optimierungsmöglichen zu ermöglichen. Denn oft wird der Begriff «Smart Lighting» lediglich für eine kabellose Beleuchtungen mit abgesetzten Bewegungsmeldern verwendet, bei welchem die Intelligenz der Kunde implementieren muss. Durch unser autonomes Beleuchtungssystem hingegen haben wir aufgrund der Sensorik und der künstlichen Intelligenz viele Möglichkeiten, um den Energieverbrauch zu optimieren und nehmen dem Kunden die Komplexität.
«Wir überlassen das Lichtregulieren einem im Leuchtmittel integrierten Computer, sodass die Lichtdauer und -intensität automatisch gesteuert wird.»
Patrik Deuss, CEO LEDCity
Welche Vorteile bietet LEDCity-Technologie über die Energieeinsparung hinaus?
Mit den sowieso vorhandenen Sensoren können wir viele weitere Nutzen generieren. Denn die Sensordaten sind auch für andere Systeme nutzbar und ermöglichen dem Kunden zusätzliche Kosteneinsparungen. Ebenfalls entsteht durch das Dimmen der Leuchtmittel weniger Wärme, was die Lebensdauer unserer Leuchtmittel deutlich steigert und so die graue Energie geringhält. Dies in Kombination mit der einfachen Handhabung reduziert die Unterhaltskosten. Gleichzeitig wird aber auch der Komfort für die Personen erhöht, da das Licht stufenlos reguliert wird und im Gegensatz zu Bewegungsmeldern keine abrupten Ein- und Ausschaltzyklen stattfinden.
Die Anschaffungskosten sind höher als bei herkömmlicher LED-Technologie. Ab welchem Zeitpunkt lassen sich die höheren Anschaffungskosten amortisieren?
Durch das Einsparen der Betriebskosten sind die Investitionskosten bereits innerhalb von rund zwei Jahren amortisiert. Die Zeitdauer variiert je nach Projekt und Elektrizitätskosten.
«Die LEDCity-Röhren können ganz einfach in bestehende Fassungen von Leuchtstoffröhren eingesetzt werden.»
Lassen sich die alten LED-Röhren einfach ersetzen oder braucht es weitere Installationen?
Ja! Unnötig komplizierte Anwendungen wollten wir auf jeden Fall umgehen. Die LEDCity-Röhren können ganz einfach in bestehende Fassungen von Leuchtstoffröhren eingesetzt werden. Vorher muss lediglich das Vorschaltgerät überbrückt werden, welches in der Leuchtstoffröhre das Leuchtgas zündet. Dies übernehmen bei Bedarf unserer Partnerunternehmen und ermöglicht zusätzliche Kosteneinsparungen, da durch das Entfernen des Vorschaltgerätes der Energieverbrauch nochmals reduziert wird und ein künftiger Ausfall des Vorschaltgerätes verhindert wird. Ebenfalls bieten wir bei Bedarf die ganze Leuchte inkl. Leuchtmittel an.
Sie richten sich mit Ihren Leistungen hauptsächlich an Betreiber von Beleuchtungen im öffentlichen Raum und an Unternehmen. Kann die Technologie auch für Privathaushalte zum Thema werden?
Unser Fokus liegt momentan auf Geschäftskunden, da wir dort das grösste Einsparpotential sehen. Privathaushalte können die Produkte jedoch über den Elektriker ihres Vertrauens beziehen, da wir mit dem Elektrogrosshandel Otto Fischer AG zusammenarbeiten.
2019 hat LEDCity erstmals über eine 1 Mio Franken Umsatz erwirtschaftet. Wo finden sich die bedeutendsten bisher realisierten Beleuchtungskonzepte?
In den meisten Universitäten und Fachhochschulen im Kanton Zürich wurden erste Projekte realisiert. Ebenfalls konnten wir mit grösseren Immobilien-, Banken- und Versicherungsunternehmen Projekte durchführen. Ein weiteres sehr interessantes Projekt war dasjenige mit dem Luxushotel The Dolder Grand. Es freut uns, immer wieder zu sehen, wie die grösseren Unternehmen bestrebt sind zu handeln und etwas gegen den Klimawandel und den damit einhergehenden Energiekosten zu unternehmen.
«Bei unserer Expansion fokussieren wir uns sowohl auf Industrieländer mit hohen Elektrizitätskosten als auch auf Entwicklungsländer mit einer veralteten Beleuchtungsinfrastruktur.»
Nun möchten Sie den nächsten Schritt gehen und national und international expandieren. Welche Länder sind für LEDCity von besonderem Interesse?
Bei unserer Expansion fokussieren wir uns sowohl auf Industrieländer mit hohen Elektrizitätskosten als auch auf Entwicklungsländer mit einer veralteten Beleuchtungsinfrastruktur. Für ersteres sind wir momentan auf der Suche nach Partnern in Deutschland. Für letzteres sind wir am Aufbau einer Finanzierungslösung.
Wie sieht diese aus?
Die Expansion stellt uns vor eine grosse finanzielle Hürde. Diese möchten wir mithilfe eines Impact Investments meistern. Wir suchen nach Investoren, die mit uns gemeinsam an der Verwirklichung der Vision arbeiten und Grosses bewirken möchten.
Ein Investment würde uns auch helfen, eine zweite Bürgschaft beim Technologiefonds des Bundesamts für Umwelt zu beantragen, um so die günstige Aufnahme von Fremdkapital in der Höhe von 2,73 Millionen Franken zu erschliessen.
Herr Deuss, besten Dank für das Interview.