«Planet Digital»: Digitale Forschung und Gestaltung spannen zusammen
Selbstlernende Algorithmen, seltene Erden oder segnende Roboter: In der Ausstellung Planet Digital von Universität Zürich und Museum für Gestaltung Zürich treffen innovative Forschungsteams auf kreative Köpfe aus Gestaltung und Kunst. Gemeinsam machen sie Wissenschaft mit und über Digitalisierung an rund 25 Installationen mit allen Sinnen erlebbar.
Ursprünglich bezeichnete «Digitalisierung» lediglich die Umwandlung von analoger Information in digitale Daten. Mittlerweile ist klar, dass die Digitalisierung die Welt grundlegend verändert. Um diesen Wandel sichtbar zu machen, setzt die Ausstellung «Planet Digital» in den Räumen des Museum für Gestaltung Zürich auf die kreative Zusammenarbeit von Forschung und Gestatung: Ab dem 11. Februar treffen hier Computerlinguistik auf Interaktionsdesign, Psychologie auf Vitual-Reality-Kunst oder Politikwissenschaften auf visuelle Kommunikation. Die Ausstellung von Universität Zürich und Museum für Gestaltung Zürich wurde gemeinsam mit der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und AlgorithmWatch Schweiz entwickelt und durch die Digitalisierungsinitiative der Zürcher Hochschulen (DIZH) sowie die Stiftung Mercator Schweiz ermöglicht.
Eine Vermessung des digitalen Planeten
Wer wissen will, was hinter dem digitalen Wandel steht, muss tief schürfen, denn für unsere elektronischen Gadgets sind Gold und seltene Erden unabdingbar. Um die komplexen globalen Zusammenhänge hinter der glänzenden Oberfläche der Mobiltechnologiebranche sichtbar zu machen, gibt ein Team um das Geographische Institut der Universität Zürich und den Immersive Arts Space der ZHdK in der Installation «Kamituga | Digital Gold» Einblicke in die prekären Abeits- und Lebensbedingungen von Goldschürfern in der Demokratischen Republik Kongo.
Ebenfalls einen Blick hinter die Kulissen wirft «Behind the Scenes»: In einem innovativen Audio-Spaziergang, der in Zusammenarbeit zwischen einer Historikerin und einem Designstudio entstand, kann das Publikum entdecken und erforschen, was hinter der Internet-Infrastruktur steckt. Um die Internetkommunikation sicher zu gestalten, sind komplizierte Algorithmen und Verschlüsselungstechnologien notwendig. Wie das genau funktioniert, zeigen zwei Mathematiker mit einer fotogenen Lavalampenwand und einer visuellen Installation aus dem Hause Hubertus Design auf.
Intelligente Software
Wie zentral Algorithmen für digitale Technologien sind, zeigt das Beispiel der automatisierten Entscheidungsunterstützungssysteme, die immer öfter darüber urteilen, wer zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wird, wer einen Kredit erhält oder wie hoch eine Versicherungsprämie ausfällt. Doch entscheiden diese Systeme stets gerecht? Dieser Frage gehen vier Kurzfilme nach, für die Forschende der ZHAW mit der gemeinnützigen Organisation AlgorithmWatch Schweiz und dem Designstudio Tristesse zusammengespannt haben.
Eng damit verknüpft ist die Angst vor Überwachung, die in einer fiktionalen Geschichte namens «M.D. trinkt abends gerne ein Bier» thematisiert wird. Sie basiert auf einer Sammlung von Überwachungsprotokollen und wurde gemeinsam mit einer Storytelling-KI von einem Psychologen, einem Designer und einem Historiker zusammengetragen.
Auch in der Tierökologie kommt heute vermehrt künstliche Intelligenz zum Einsatz: Machine-Learning-Anwendungen helfen Forschenden unter anderem dabei, einzelne Tiere zu identifizieren oder zu zählen. Welche gewaltigen Datenmengen dafür ausgewertet werden müssen, zeigt die Installation «Triggered by Motion» auf. Der begehbare Videopavillon, der aus recycelten PET-Flaschen besteht, versammelt Aufnahmen von Wildtierkameras von 21 Standorten aus aller Welt. Neben der Universität Zürich sind daran zahlreiche weitere Forschungs- und Umweltschutzorganisationen beteiligt.
Künstliche Kunst
Während die Natur immer mehr Teil des digitalen Raums wird, werden Maschinen immer naturähnlicher. Das indisch-dänische Künstlerduo Pors & Rao entwickelte mit «PATHOS» einen Werkzeugkasten, der Roboter wie belebte Objekte erscheinen lässt. In der Installation «ANIMA II» entstehen so aus unbelebtem Material schwebende und pulsierende «Unterwasserlebewesen», die dynamisch auf die Betrachtenden reagieren. Basis dafür war ein gemeinschaftlicher Prozess des Ideenaustauschs zwischen zwei Künstlerinnen und einem Biologen der Universität Zürich.
Überhaupt bietet die Digitalisierung viele neue Möglichkeiten für die Kunst: Die Werke «Big Sister» und «Vertigo» nutzen Technologien zur Aufzeichnung von Augenbewegungen, wie sie sonst in der Medizin genutzt werden, um interaktive Werke zu schaffen, und eine Historikerin lässt mit einer Zeichenmaschine von Jürg Lehni Flow Charts entstehen.
Vom Gerichtssaal in die Gebetsstube
Wer gerne selbst zur Tat schreitet, kann in «Planet Digital» einen Mordfall lösen. Filmstudierende der ZHdK haben einen Krimi gedreht, der mit aktuellen Methoden der Computerforensik kombiniert wird. Darüber hinaus werden zahlreiche weitere Phänomene des digitalen Wandels erlebbar gemacht, von Deep Fakes über Computerspiele und Virtual-Reality-Installationen bis hin zu Forschungssatelliten oder Elektroschrott. Und wem das alles nicht geheuer ist, kann sich von einem Roboter segnen lassen.
Ausstellung «Planet Digital»
«Planet Digital» ist ein Innovationsprojekt der DIZH. Die DIZH fördert im Innovationsprogramm Projekte, die Innovationen hervorbringen und dabei die Möglichkeiten der digitalen Transformation wahrnehmen oder erweitern. Laufzeit: 11. Februar – 6. Juni 2022
Ort: Museum für Gestaltung Zürich, Ausstellungsstrasse
Preview: Donnerstag, 10. Februar 2022, 11 Uhr
Kuratorium: Katharina Weikl, Universität Zürich
Damian Fopp, Museum für Gestaltung Zürich
Website: planetdigital.ch
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10–17 h, Donnerstag 10–20 h