SNB-Sitz Zürich. (© SNB)
Zürich – Die anhaltend hohe Bewertung des Schweizer Franken führt laut Wirtschaftsexperten zu massiven Auswirkungen in der Exportwirtschaft und der Industrie. Der Kurs der Nationalbank bei der Schwächung der heimischen Währung sei trotz Negativzinsen zu zaghaft, heisst es in einem Artikel der NZZ am Sonntag (NZZaS, 22.11.2015, S. 29). Wirtschaftsexperten fordern dort von der SNB energischere Schritte, um die Überbewertung des Frankens zu korrigieren.
«In der Schweiz hat eine Deindustrialisierung eingesetzt, die Situation ist dramatisch», wird Franz Jaeger, Wirtschaftspolitiker und emeritierter Professor an der Universität St. Gallen zitiert. «Die markante Aufwertung hinterlässt tiefe Spuren und verändert die internationale Arbeitsteilung», sagt Serge Gaillard, Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung gegenüber dem Blatt.
Zwar hätten laut Gaillard rund 30% der Swissmem-Firmen nach dem Ende des Mindestkurses längere Arbeitszeiten bei gleichem Lohn eingeführt, um die Konkurrenzfähigkeit zu erhalten. Trotzdem ist der Auftragseingang der Swissmem-Betriebe in den ersten neun Monaten um 14,1% gesunken. «Die Schweiz ist auf dem besten Weg, sich zum Underperformer zu entwickeln», so Jaeger.
«Beunruhigende Zeichen»
Seit der Finanzkrise im Herbst 2008 seien in der Exportwirtschaft rund 45’000 Arbeitsstellen abgebaut worden, betont Gaillard. Konkret haben bereits 22% der Swissmem-Betriebe Teile ihrer Wertschöpfungskette in den Euro-Raum verlagert. «Das sind beunruhigende Zeichen. Solche Verschiebungen sind irreversibel und übersteigen das Tempo eines normalen Strukturwandels», sagt Gaillard. Für den ehemaligen Nationalrat Jaeger ist klar: Es braucht eine energische Intervention. «Die Nationalbank muss den Franken schwächen», fordert er. Gerade noch verkraftbar halte er einen Kurs von 1,15 CHF zum Euro.
Laut Jaeger hätten auch CVP-Nationalrat Gerhard Pfister, UBS-Chefökonom Andreas Höfert und der ehemalige SNB-Direktor Bruno Gehrig die Meinung geäussert, dass ein Umdenken der Nationalbank notwendig sei. «Wir haben gemeinsam unser Anliegen bei Nationalbankpräsident Jordan vorgebracht», sagt Jaeger. Er befürchtet, «dass in Wirtschaft und Politik der Ruf nach einem personellen Neuanfang bei der Notenbank lauter werden könnte». Diesem Druck könne Jordan «durch eine solid fundierte und glaubwürdig kommunizierte Anpassung der wechselkurspolitischen Strategie heute noch zuvorkommen», so Jaeger weiter. (awp/mc/ps)