(Foto: Bild © Ralph Hut, Zürich/Prix Lignum 2015)
Zürich – Alle drei Jahre zeichnet der Prix Lignum die besten Schweizer Leistungen mit Holz aus. Unter 15 Rängen aus fünf Grossregionen hat die Jury dieses Jahr drei nationale Preise vergeben. Gold geht 2015 an das Depot des Museums für Kommunikation in Schwarzenburg/BE, Silber an das Mehrgenerationenhaus ‹Giesserei› in Winterthur und Bronze an ein herausragendes Umbauprojekt in Sarreyer/VS.
Es waren alle Arten von Objekten zugelassen, vom Stuhl bis zur Sporthalle. Unter zwei Bedingungen: Der Standort musste in der Schweiz oder im Fürstentum Liechtenstein sein, und das Werk musste bereits realisiert worden sein, und zwar zwischen Januar 2011 und Februar 2015.
Gold für einen ökologischen Pionierbau
Das Depot des Museums für Kommunikation in Schwarzenburg/BE würdigt die nationale Jury des Prix Lignum 2015 mit Gold. Damit steht der Berner Architekt Patrick Thurston zum zweiten Mal in Folge im ersten Rang auf dem nationalen Podest. Auf den ersten Blick wirkt das ausgezeichnete Gebäude, das er in Schwarzenburg erstellt hat, wie ein Landwirtschaftsbau. Doch das Innere birgt 75 gelbe Postautos und andere Fahrzeuge als Zeugen vergangener Zeiten. Der Zweckbau ist kohärent und mutig gedacht und gebaut. Die Konstruktion ist materialgerecht, die Form konsequent aus der Funktion abgeleitet. Das Kaltdach und die Brise-Soleils halten Hitze und Hagel fern und lassen den Wind hindurchströmen, um den Bau ohne Technik zu kühlen. So spielt der Bau die Vorteile von Holz auf vielen Ebenen aus: Um die Dämmung zu optimieren, um die 53 Meter mit Leichtigkeit zu überbrücken, um Etappen zu realisieren. Aus seiner Konstruktion heraus entwickelt er eine Kraft, die weit über den Pragmatismus eines Depots hinausgeht.
Silber für wegweisenden urbanen Wohnungsbau
Silber geht an das Mehrgenerationenhaus ‹Giesserei› in Winterthur. Mit ihren 155 Wohnungen auf sechs Geschossen zählt die ‹Giesserei› zu den grössten Holzbauten der Schweiz. Die Minergie-P-Eco-Siedlung ist ökologisch, sozial und ökonomisch wegweisend. Neben den inneren Werten überzeugt die Architektur. Das Projekt verdeutlicht exemplarisch, was Holz im grossen Massstab leisten kann. Bis auf das Untergeschoss und die Treppenhäuser ist das Gebäude komplett aus Holz gebaut. Seine Konstruktion trägt der Neubau mit roten Brettern stolz nach aussen. Die Balkonschicht schützt die Konstruktion, erlaubt luftige Aussenräume und lockert mit den Schiebeläden die Fassade auf. Sie verdichtet die Haltung der Genossenschaft zu einem vielschichtigen Ausdruck und bringt das Holz sichtbar in die Stadt. So ist der Bau im wahrsten Sinne des Wortes ein Leuchtturm, der zeigt, welche Rolle der moderne Holzbau im urbanen Raum heute und morgen spielt.
Bronze für einen Umbau auf höchstem Niveau
Mit Bronze würdigt die Jury den Umbau eines Wohnhauses in Sarreyer/VS. Viele Ställe in den Alpen stehen leer und verfallen – oder werden unsensibel zu Ferienhäusern umgebaut. Der Umbau in Sarreyer ist eine überraschende Ausnahme auf höchstem Niveau. Der denkmalgeschützte Holzbau bleibt integral erhalten und wird mit einer innenliegenden Holzkonstruktion ergänzt, die wie der Neubau die konstruktiven Prinzipien des Bestandes reflektiert. Der Umgang mit dem Bestand ist wegweisend. Die Architekten imitieren keinen Stall, sondern entwickeln mit den vorhandenen Elementen eine neue Sprache. Daraus resultiert ein respektvolles Nebeneinander von Alt und Neu, das spektakulär unspektakulär wirkt. Die Details sind sauber geplant und handwerklich hervorragend umgesetzt. Darüber hinaus verdeutlicht das Projekt, wie in die Dörfer in den Alpen, die sich entleeren, wieder Leben gebracht werden kann – zumindest zeitweise. Das Ferienhaus aktiviert den Bestand sorgfältig, statt auf der grünen Wiese zu bauen.
Zwei Gewinner für den Laubholzpreis
Unter Trägerschaft des Aktionsplans Holz des Bundesamtes für Umwelt BAFU wird parallel zum Prix Lignum 2015 ein nationaler Sonderpreis ‹Laubholz› verliehen. Das Ziel des Laubholzpreises ist es, neue Verwertungs- und Anwendungsmöglichkeiten von Laubholz bekannt zu machen und so die Verwendung von Laubholz zu fördern, das heute noch kaum konstruktiv genutzt wird. Gewinner des Laubholzpreises sind ex aequo das ‹ETH-House of Natural Resources› sowie der Holzscheitturm des japanischen Künstlers Tadashi Kawamata in der Kartause Ittingen für das Kunstmuseum des Kantons Thurgau.
Angewandte Forschung mit Laubholz
Das ETH-Bürogebäude des ‹House of Natural Resources› auf dem Hönggerberg setzt neuentwickelte Holzkonstruktionen erstmals in der Praxis ein und erprobt sie im Betrieb. Die Stützen der innovativ vorgespannten Skelettkonstruktion sind aus Eschen-Brettschichtholz gefertigt. Die Träger sind aus Esche und Fichte zusammengesetzt, um die Festigkeit zu erhöhen. Buche kommt mehrfach in neuartiger Weise in den Decken zum Einsatz.
Laubholz mit allen Sinnen
Tadashi Kawamata stapelte bei der Kartause Ittingen Buchenscheite zu einem Turm. In ihm spürt man Laubholz mit allen Sinnen – und er verbildlicht eine umfassende Verwertungskette. Gebaut hat der Künstler den Turm mit Studentinnen und Studenten aus Paris, die während zwei Wochen Hand anlegten und dabei über das Schichten und Fügen von elementarsten Bauteilen nachdachten. (Prix Lignum/mc/pg)
Wanderausstellungen in der ganzen Schweiz bis Ende 2016
Alle eingereichten Projekte zum Prix Lignum 2015 werden auf der Homepage www.prixlignum.ch präsentiert. Wanderausstellungen zeigen die Preisträger 2015 ab diesem Herbst bis Ende 2016 in allen Landesteilen.
Erste nationale Ausstellung Prix Lignum 2015
26.11. – 29.11.15: Bau+Energie-Messe, Bern