Prof. Norbert Bolz: Loyalität in der Experience Economy
Prof. Norbert Bolz. (Foto: TU Berlin).
Von Prof. Dr. Norbert Bolz, Referent am Swiss CRM Forum
Zürich – Kunden haben heute andere Erwartungen an Unternehmen, Marken und Produkte als noch vor 20 Jahren. Sie möchten mitreden und mitgestalten. Co-Creation heisst die Devise: Wie Unternehmen und loyale Kunden gemeinsam Mehrwerte erzeugen.
Kunden heute und Kunden gestern – das sind zwei ganz unterschiedlich aufgeladene Begriffe. Noch vor wenigen Jahren vertrauten Kunden der Werbung und kauften allein durch die von den Unternehmen gesetzten Werbeimpulse willig Produkte und Dienstleistungen. Der Kunde heute ist dank Internet nicht nur sehr gut informiert. Er lässt sich gerne frühzeitig einbinden, bringt seine eigenen kreativen Ideen in das Design, das Produkt oder die Dienstleistungen ein und sichert seine Kaufentscheidungen über Bewertungen und Empfehlungen anderer User ab. Dies Verhalten lässt sich mit dem alten Begriff des kaufenden Kunden gar nicht mehr recht fassen. Insofern finde ich den Begriff des Fans passender.
Unterschied von Fan zu Kunde
Loyalität ist das, was Fans von „normalen“ Kunden unterscheidet. Fans sind loyal gegenüber dem Produkt oder der Marke und können beispielsweise auch Enttäuschungen verkraften. Das lässt sich gut an Fussballfans veranschaulichen. Sie haben zu ihrem Verein – längst sind diese auch Marken – eine besondere Beziehung. Sie begleiten ihn im Erfolg. Aber sie sind auch an seiner Seite, wenn die Fussballer Niederlage an Niederlage reihen oder gar absteigen. Das ist wahre Loyalität. Wenn man es als Unternehmen, Verein oder Marke schafft, Loyalität zu erzeugen, das ist die Kür – der Idealfall.
Co-Creation und die Erzeugung von Mehrwert
Co-Creation ist eine Frage der Intelligenz und der Erfahrung. Die Unternehmen, die Kunden und Fans einbinden, machen die unterschiedlichsten Erfahrungen. Das hängt mit ihrem Herangehen zusammen. Fragt ein Unternehmen: „Wie soll die Flasche unseres neuen Waschmittels aussehen?“ erhalten die Verantwortlichen mit Sicherheit sehr unterschiedliche und auch nicht immer zielführende Ergebnisse. Co-Creation ist eine Herausforderung für die Kommunikation. Eine geführte Abfrage zwischen gesetzten Leitplanken erleichtert die Co-Creation.
«Die Auseinandersetzung mit den Fans und ihren Ideen erzeugt ein extrem hohes Maß an Kundenloyalität.» Prof. Norbert Bolz
Beispielhaft ist die Kommunikation von Firmen wie Audi und BMW mit ihren Kunden. Seit Jahren bauen sie bereits grosse Fangemeinschaften, sogenannte Communities im Internet auf. Diese werden bereits in die Planungs- und Designphase neuer Automodelle einbezogen. Die Automobilhersteller treten mit den Fans in einen Dialog, fragen ihre Ideen und Wünsche ab und binden diese in ihre eigenen Überlegungen mit ein. Für mich ist das mehr als nur eine Geste. Denn hier werden Kunden nicht nur als potenzielle Käufer angesprochen, denen fertige Produkte und Modelle vorgesetzt werden. Die Auseinandersetzung mit den Fans und ihren Ideen erzeugt ein extrem hohes Mass an Kundenloyalität.
Das Unternehmen zeigt auf diese Weise Interesse, ist neugierig auf die Vorstellungen der User. Das ist eine völlig neue Qualität der Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden. Das ist heute das eigentlich Spannende an der Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen. Es geht gar nicht so sehr darum, ob man als Produktverantwortlicher jedem auch noch so verrückt anmutenden Vorschlag etwas abgewinnen kann, sondern vielmehr um die neu geschaffene Atmosphäre zwischen Unternehmen und Kunden. Das ist eine neue Qualität der Kundenbeziehung. Co-Creation ist kein Marketing-Gag. Vielmehr werden auf diese Weise Intelligenz und Phantasie ausserhalb und innerhalb des Unternehmens verknüpft und für die Herstellung mehrwertiger Produkte und Dienstleistungen zusammengeführt. Unternehmen, die diesen Prozess perfektionieren, können unendlich viele kreative Ideen von ihren Kunden generieren. Das ist eine wichtige Aufgabe für die Kommunikation – und richtig spannend.