Nebst der Spanischen Grippe 1918-1920 mit geschätzten 27 bis 50 Millionen Toten sowie den 36 Millionen HIV-Toten ab 1980 ist COVID-19 die dritte, grosse Pandemie des 20. und noch jungen 21. Jahrhunderts und hat bis jetzt offiziell >2.8 Millionen Tote gefordert.
«Nur eine Grippe»
Die verwendeten Ausdrücke wie «mit oder an COVID-19 verstorben», respektive «im Zusammenhang mit COVID-19 verstorben» sind eine Farce. Die Anzahl der COVID-19-Opfer ist viel höher, als in den Web-basierten Statistiken angegeben wird. Es gibt Länder, in welchen in einer Woche so viele Tote zu beklagen waren, wie sie in den verschiedenen Dashboards für die ganze Dauer der Pandemie angegeben werden. Und es gibt Länder wie Pakistan und Bangladesh oder ländliche Gegenden Indiens, welche weder eine adäquate Diagnostik noch eine zuverlässige Statistik der Infizierten und Toten erstellen.
Anhand der vorliegenden Daten zur Übersterblichkeit wird ersichtlich, dass COVID-19 nicht «bloss eine Grippe» ist. Circa 50% der positiv Getesteten bleiben ohne Symptome, 36% berichten Grippe-Symptome, 14% werden hospitalisiert, davon müssen 5% auf der Intensivstation hospitalisiert werden und 1% versterben. Selbstverständlich variieren diese Zahlen je nach Kontinent, Land, sozialen Bedingungen und genetischer Grundlage der Bevölkerung. Schwarze Männer in den USA im Alter zwischen 35 und 45 Jahren – so wird berichtet – haben eine 9x höhere Mortalität, als weisse Männer gleichen Alters in Europa.
Für die Mediziner sind die Anzahl positiv Getesteter relevant, denn daraus rekrutieren sich die Patienten auf der Intensivstation und Mediziner hätten am liebsten keine COVID-19-Kranken. Politiker sind am Funktionieren der Gesellschaft, respektive der Wirtschaft interessiert und kalkulieren die Anzahl Hospitalisierter, die
- ein noch einigermassen normales Funktionieren der Gesellschaft erlaubt und
- eine Überlastung des Gesundheitswesens gerade noch verhindert.
Die Kalkulation über die Zeit ist aufgrund des exponentiellen Krankheitsverlaufes einer Pandemie sowie der nach wie vor existierenden, diagnostischen Unschärfe extrem schwierig. Hinzu kommt, dass sich Entscheidungsträger der Politik immer noch schwertun, eine exponentielle Entwicklung zu verstehen.
Exponentielles Wachstum wurde schon früher unterschätzt und das beste Beispiel dazu gibt die Parabel des Schachbretts und des Reiskorns des Indischen Königs Shihram. Der Brahmane Sissa wünschte sich als Belohnung für die Erfindung des Schachspiels ein Reiskorn auf dem 1., zwei Reiskörner auf dem 2., vier auf dem 3., acht auf dem 4. Feld und so weiter. König Shihram war über die vermeintliche Bescheidenheit des Brahmanen Sissa erbost. Bis zum Feld 20 war die Anzahl Reiskörner noch nicht beeindruckend und betrug 524’288; ab dem 24. Feld jedoch begann die Anzahl Reiskörner zu explodieren, um auf dem 64. Feld – und damit hatte der König nicht gerechnet – 588 Milliarden Tonnen Reis zu betragen: die damalige Reisernte von 850 Jahren. Beim Schach beträgt der R-Wert 2 und das wären bei COVID-19 64 Tage.
Das Ziel der Medizin ist Feld 1 des Schachbretts und das bedeutet Eradikation des Virus. Die Politik hingegen kalkuliert mit Feld 16 bis 20, um auch das Funktionieren der Gesellschaft und der Wirtschaft einigermassen garantieren zu können und hofft, dass die Hospitalisierten, die man im Rahmen einer blossen Eindämmung des Virus dafür in Kauf nimmt, in unserem Gesundheitswesen adäquat behandelt werden können. Diese unterschiedlichen Ziele implizieren unterschiedliche Strategien: Eradikation versus Eindämmung des Virus.
Der Schweregrad einer Erkrankung, ob Pandemie oder nicht, wird an der Front definiert: in den Kliniken, auf den Intensivstationen, wo eine grosse Anzahl an Patienten beatmet werden und viele sterben müssen und wo sich 100e, wenn nicht 1000e von so genannten «Health Care Workers» an denen infizieren, die sie betreuen. Ob dies in der Zukunft Folgen für das Gesundheitswesen haben wird, wird sich zeigen.
Prozentzahlen und Hinweise, dass ja nur 0.x% der Weltbevölkerung betroffen seien, helfen nicht weiter und sind zynisch.
«Es sterben nur alte und kranke Patienten»
Es gibt nach wie vor Protagonisten welche eine äusserst lässige Grosszügigkeit an den Tag legen, wenn andere sterben. „Die mit den drei Nebendiagnosen“ ist genauso ethisch fragwürdig wie das „nicht an, sondern mit COVID-19 gestorben“. Schon in der ersten Welle waren 40% aller Intensivpatienten jünger als 65 Jahre. In der zweiten Welle hat sich das Durchschnittsalter der an COVID-19-Verstorbenen auf 60 bis 65 Jahre gesenkt. Die von COVID-19 schwer Betroffenen werden immer jünger und es dürfte sich auch bei COVID-Kritikern langsam herumgesprochen haben, dass die Anzahl Kinder mit akuten Erkrankungen, Long-COVID oder dem «pediatric inflammatory multisystem syndrom» (PIMS) konstant zunimmt.
«COVIdioten»
Niemand will einen Lock-down. Niemand will, dass die Einschränkungen der letzten 12 Monate weitergeführt werden. Die Wirtschaft leidet enorm und viele bangen zu Recht um ihre Existenz. Aber «nur» weil man keinen Lock-down will, hilft es nicht, die Existenz des Virus zu leugnen, oder es zu verharmlosen.
Verschwörungstheorien helfen auch nicht weiter. Oder hat jemand das Gefühl, dass Patienten, die wochen-, ja monate-lang auf einer Intensivstation u.a. in Bauchlage beatmet werden müssen, das freiwillig auf sich nehmen oder von der Bill-Gates-Foundation pro Beatmungsstunde bezahlt sind, weil sie an einer organisierten Verschwörung teilnehmen?
Dass Missmanagement und widersprüchliche, skandalisierende Berichterstattung Verschwörungstheorien Vorschub leisten, ist klar. Und ebenso klar ist, dass Profiteure jeder Art versuchen, im Rahmen von COVID-19 zu mehr Macht und Geld zu kommen – in gewissen Ländern hat sich ein Schwarzmarkt für Impfungen etabliert: für 3000.- Dollar kann man sich zwei mRNA-Impfdosen erwerben. Solche Praktiken sind nicht die Schuld des Virus. Es ist «bloss» ein Virus…
In dieses Kapitel fallen auch häufig gemachte Aussagen, wie zum Beispiel: «wir sterben auch an Krebs», oder «die Toten des Strassenverkehrs akzeptieren wir auch einfach so». Beide Statements sind zweifach falsch:
- Bis zu 50% der Krebserkrankungen werden inzwischen geheilt;
- Die Anzahl Toter des Strassenverkehrs von 1’750 im Jahre 1970 ist um mehr als 80% auf aktuell unter 250 Opfer gesenkt worden – und es gibt Gesetze im Strassenverkehr, welche diejenigen ahnden, welche sich so verhalten haben, dass sie jemanden hätten abstrakt gefährden können;
- Weder Krebs noch Verkehrsunfälle sind exponentiell ansteckend.
3. Manuskript von Prof. Paul R. Vogt: 1 Jahr COVID-19 – Wissenschaft, Politik, Gesellschaft, Medien…