Basel – Die neueste Umfrage der Swiss Corona Stress Study der Universität Basel zeigt, dass die psychische Belastung in der Pandemie nach wie vor hoch ist. Bei den Stressfaktoren gibt es indes grosse Unterschiede zwischen Geimpften und Ungeimpften, insbesondere bei der Belastung durch die Massnahmen und bei der Angst um gesundheitliche Konsequenzen von Covid-19.
An der vierten Umfrage (16.-28. November 2021) im Rahmen der Swiss Corona Stress Study unter der Leitung von Prof. Dr. Dominique de Quervain haben sich über 11’000 Personen aus der gesamten Schweiz beteiligt (siehe Box). Die wichtigsten Resultate:
- Unter geimpften Eltern von Kindern zwischen 4 und 11 Jahren ist die Sorge um eine Ansteckung ihrer Kinder viel ausgeprägter als unter ungeimpften Eltern.
- Der Anteil von Befragten mit schweren depressiven Symptomen liegt bei 19 Prozent, wobei der Impfstatus keine relevante Rolle spielt.
- Am stärksten betroffen von schweren depressiven Symptomen sind Leute mit finanziellen Verlusten, mit psychiatrischer Vorerkrankung, und Junge.
- Bei der jüngsten Altersgruppe (14-24 Jahre) ist der Schuldruck der stärkste Belastungsfaktor.
Unterschiede zwischen Geimpften und Ungeimpften
Bei den Belastungsfaktoren, die mit dem subjektiven Stressempfinden zusammenhängen, gibt es grosse Unterschiede zwischen der Gruppe der Geimpften (58 Prozent der Befragten) und der Gruppe der Ungeimpften. Die grössten Unterschiede finden sich bei der Belastung durch die Massnahmen wie etwa die Zertifikatspflicht, welche die Mehrheit der Ungeimpften als belastend empfindet, die Mehrheit der Geimpften hingegen als entlastend (Abbildung 1).
Die Belastung durch Konflikte in der Familie, unter Freunden und am Arbeitsplatz wegen Coronamassnahmen oder der Impfung ist sowohl bei Geimpften als auch bei Ungeimpften hoch. Bei Letzteren fällt sie allerdings deutlich höher aus.
Ebenfalls grosse Unterschiede – hier allerdings mit höherer Belastung unter Geimpften – gibt es bei der Angst rund um die gesundheitlichen Konsequenzen von Covid-19, wie etwa die Sorge, dass jemand aus dem engsten Umfeld ernsthaft erkranken könnte (Abbildung 2). Auch die Angst, im Fall einer Infektion selbst an Long Covid zu leiden und dass Kinder das Coronavirus nach Hause bringen und Eltern oder Grosseltern anstecken könnten, ist unter Geimpften stärker ausgeprägt als unter Ungeimpften.
Bei Befragten mit eigenen Kindern zwischen 4 und 11 Jahren (insgesamt 2079 Personen) haben unter den geimpften Eltern nur 17 Prozent überhaupt keine Angst, dass sich ihr Kind mit dem Coronavirus infiziert. Bei den ungeimpften Eltern sind es 68 Prozent.
Schwere depressive Symptome
Der Anteil von Befragten mit schweren depressiven Symptomen beträgt 19 Prozent, wobei der Impfstatus keine relevante Rolle spielt. Im April 2020 (Lockdown) betrug dieser Anteil 9 Prozent, in Mai 2020 (teilweise Lockerungen) 12 Prozent, im November 2020 (zweite Welle) 18 Prozent.
Besonders stark betroffen unter den Befragten sind:
- Junge Leute (Abbildung 3): Schwere depressive Symptome sind in der jüngsten Gruppe (14 bis 24 Jahre) mit einem Anteil von 33 Prozent am häufigsten. Bei Teilnehmenden, die eine Schule oder Hochschule besuchen, hängen die depressiven Symptome am stärksten mit Stress durch Leistungsdruck zusammen. (Für weitere Faktoren, siehe Abbildung 4.)
- Personen, bei denen die finanziellen Reserven in der Pandemie abgenommen haben, sind mit 32 Prozent häufiger von schweren depressiven Symptomen betroffen als Personen mit unveränderten oder gewachsenen Reserven (13 Prozent).
- Personen mit psychischen Problemen vor der Pandemie sind mit 34 Prozent häufiger von schweren depressiven Symptomen betroffen als Personen die angaben, keine psychischen Probleme vor der Pandemie gehabt zu haben (14 Prozent).
- Zunehmender Substanzgebrauch
Von den Personen, welche Beruhigungs- oder Schlafmittel einnehmen (3544 Personen), berichten 53,6 Prozent von einer Zunahme, 3,5 Prozent von einer Abnahme und 42,9 Prozent von keiner Veränderung des Gebrauchs während der Pandemie (Abbildung 4). Bei Personen, die Nikotin, Alkohol oder Cannabis konsumieren, zeigt sich ein ähnliches Muster. Das Ausmass des Gebrauchs dieser Substanzen hängt mit der Stärke der Stress-, Angst- und Depressionssymptomatik zusammen. (Universit Basel/mc/ps)