Raiffeisen lanciert Hypothek für Personen mit kleineren Einkommen

Raiffeisen lanciert Hypothek für Personen mit kleineren Einkommen
Patrik Gisel, zurückgetretener Raiffeisen-CEO. (Foto: Raiffeisen)

St. Gallen – Trotz deutlicher Kritik der Behörden macht die Raiffeisen-Gruppe ernst mit Hypotheken für weniger begüterte Kreditnehmer. Die Bank wird in den nächsten Wochen ein entsprechendes Angebot lancieren. «Wir sind daran diese Idee so umzusetzen», sagte Raiffeisen-Sprecherin Cécile Bachmann auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Ein entsprechendes Angebot werde in den nächsten Wochen vorgestellt und lanciert.

Damit setzt die Raiffeisen-Gruppe das um, wofür ihr Chef Patrik Gisel seit Anfang September in verschiedenen Medien plädierte. Der Raiffeisen-Chef machte sich für eine Herabsetzung der Vergabekriterien bei Hypotheken stark, um auch dem unteren Mittelstand den Kauf von Wohneigentum zu ermöglichen.

Die Details des konkreten Angebots gibt die Raiffeisen Gruppe noch nicht bekannt. Das Angebot werde sich jedoch in dem von Gisel angekündigten Rahmen bewegen, sagte Bachmann.

Langfristige Anbindung
Konkret soll sich demnach das Angebot an einen klar definierten Kreis von Kunden richten, wobei Gisel als Beispiel junge Familien nennt. Sie sollen eine Hypothek erhalten, auch wenn sie die heute üblichen Tragbarkeitsrichtlinien der Branche nicht einhalten, also ihr Verdienst im Verhältnis zu den Hypothekarzinsen zu tief ausfällt.

Ein weiterer Eckpunkt des Angebots ist gemäss Bachmann, dass solche Kunden langjährige Verträge mit Raiffeisen eingehen müssen. Die konkrete Formulierung heisst hier «langfristige Anbindung». Gemäss Gisel gibt es auch eine weitere Bedingung der Bank. «Wir suchen innovative Modelle, ohne dass dadurch unsere Risiken steigen», sagte er in einem Interview der NZZ.

In diesem Interview zeigt sich Gisel auch überzeugt, dass die Raiffeisen-Gruppe – sollte sie ein Angebot lancieren – damit nicht alleine bleibt. «Wir gehen davon aus, dass die Raiffeisen nicht die einzige Bank ist, die neue Angebote prüft» sagte er.

«Ein Spiel mit dem Feuer»
Dagegen haben sich jedoch bereits mehrfach sowohl die Behörden wie auch einzelne Branchenmitglieder ausgesprochen. So warnten die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Aufsichtsbehörde Finma mehrfach vor einer Herabsetzung der Vergabekriterien.

Beide Institutionen fürchten, dass mit einer weiteren Ausdehnung des Hypothekarvolumens die Gefahr einer Preisblase am Immobilienmarkt wieder ansteigt und dass damit auch die Stabilität der Banken gefährdet sein könnte. Auch die Grossbank UBS äusserte sich ablehnend. Sie bezeichnete die Aufweichung der Vergabekriterien als ein «Spiel mit dem Feuer». Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) sieht ebenfalls keinen Anlass zur Anpassung der Vergabekriterien, wie die Bank auf Anfrage mitteilte.

Schlechte Erfahrungen mit Hauskrediten an Geringverdienende haben die Banken in der Finanzkrise gemacht. Finanzinstitute haben damals mit so genannten Subprime-Hypotheken und über den Umweg von Finanzprodukten in den USA eine Immobilienpreisblase gezüchtet, die 2007 platzte und viele Banken ins Wanken brachte.

Regeln der Branche
Um ein staatliches Eingreifen zu verhindern, haben die Schweizer Banken 2012 Branchenregeln für die Vergabe von Hypotheken festgelegt. Seither gilt als einer der zentralen Regeln, dass die Wohnkosten maximal ein Drittel das Einkommen des Hypothekarnehmers betragen dürfen. Um zukünftige Zinsschwankungen mitzuberücksichtigen wird dabei mit einem überhöhten Hypothekarzins von 4 bis 5% gerechnet.

Weil die Hauspreise in den letzten Jahren markant gestiegen, die Hypothekarzinsen jedoch auf einen Tiefststand gefallen sind, betrachtet die Raiffeisen-Gruppe diese Regel jedoch nicht mehr als adäquat. (awp/mc/upd/ps)

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