Rasch zurück auf den Rasen nach einer Gehirnerschütterung

Rasch zurück auf den Rasen nach einer Gehirnerschütterung

(Foto: Fuchstrick GbR/ Christian Kiel)

Zürich – Nach einer Gehirnerschütterung sollte sich ein Fussballer zuerst ausruhen und das Training nach einem auf sich zugeschnittenen Plan steigern. Dies empfehlen Forschende der Universität Zürich, des UniversitätsSpitals Zürich und der Schulthess Klinik im Rahmen einer Untersuchung mit Schweizer Profi-Fussballspielern. In einem Kooperationsprojekt mit der FIFA untersuchen sie den idealen Zeitpunkt für die Rückkehr zum Spiel nach einem durch Fussball verursachten leichten Schädel-Hirn-Trauma.

Fussball ist oft auch Kopfball. 13 Prozent aller Verletzungen bei den FIFA Weltmeisterschaften betreffen Kopf- und Halsverletzungen – wovon ungefähr jede siebte Verletzung eine Gehirnerschütterung ist. Akute Kopfverletzungen und die Auswirkungen des Kopfballspiels beschäftigen Fussballvereine und deren Mannschaftsärzte sowie den Weltfussballverband FIFA seit vielen Jahren. Unter der Leitung von Jiri Dvorak, Senior Consultant an der Schulthess Klinik Zürich und Chefarzt der FIFA, wurden bereits verschiedene Studien durchgeführt, und als direkte Massnahme wurde im Jahr 2006 die Regel etabliert, dass ein absichtlicher Ellbogenschlag gegen den Kopf zu einem Platzverweis führt. Dadurch konnte die Rate der schweren Kopfverletzungen bei Fussballspielen auf die Hälfte reduziert werden.

Neben der Prävention von Kopfverletzungen ist die optimale medizinische Betreuung von Fussballspielern nach einer solchen Verletzung zentral. Dazu haben Forschende der Klinik für Neurologie des UniversitätsSpitals Zürich und der Schulthess Klinik Zürich ein Kooperationsprojekt mit der FIFA gestartet und erste Faktoren definiert, um den richtigen Zeitpunkt für die Rückkehr zum Spiel zu bestimmen, bei einem durch Fussball verursachten leichten Schädel-Hirn-Trauma.

Sechs Tage nach Schädel-Hirn-Trauma wieder auf dem Fussballplatz
«Wichtig ist erstens eine detaillierte Erfassung der Beschwerden in den ersten 24 Stunden nach dem Ereignis und zweitens deren Interpretation», erklärt Nina Feddermann-Demont, wissenschaftliche Mitarbeitern in der Gruppe von Dominik Straumann, Professor für Neurologie an der Universität Zürich und leitender Arzt an der Klinik für Neurologie des UniversitätsSpitals Zürich. Dabei gilt es zu unterscheiden, ob es sich um eine zentrale Funktionsstörung wie zum Beispiel eine Gedächtnislücke, Desorientierung oder Störung der Augenbewegung handelt oder um eine periphere Ursache – beispielsweise eine Störung innerhalb des Gleichgewichtsorgans im Felsenbein.

«Während ein Schädel-Hirn-Trauma vorderhand eine Ruhephase erfordert, empfehlen wir bei einer Störung des Gleichgewichtsorgans eine zügige Wiederaufnahme des Trainings, das bestimmte Koordinationsübungen beinhalten sollte», so Feddermann-Demont. Nach einem leichten Schädel-Hirn-Trauma empfiehlt sich zudem ein stufenweises belastungssteigerndes Vorgehen, so dass die Sportler im Idealfall sechs Tage nach der Verletzung wieder am regulären Fussballspiel teilnehmen können.

Im Rahmen dieses Kooperationsprojektes werden zurzeit Spielerinnen und Spieler von Mannschaften der jeweils höchsten Fussballklasse der Schweiz zu Beginn der Saison 2014/2015 einer neuro- und neuropsychologischen Untersuchung unterzogen sowie einer Untersuchung des Gleichgewichtssinns und der Augenbewegungen. Erleiden Spieler während der Saison eine Kopfverletzung, werden diese erneut untersucht und die Resultate mit jenen der Basisuntersuchung verglichen. Aufgrund der festgestellten Differenz zwischen vorher und nachher ist es möglich, auch geringe Beeinträchtigungen zu erfassen, die der Spieler im Alltag nicht bemerkt. «So führen beispielsweise eine verlangsamte Reaktionszeit oder eine verminderte Aufmerksamkeit bei frühzeitiger Rückkehr zum Spiel zu einem erhöhten Risiko für eine weitere Verletzung und letztlich zu einem erhöhten Risiko für Langzeitfolgen», erklärt Nina Feddermann-Demont.

Individuell unterschiedliche Faktoren beeinflussen die Ausfallzeit
Das in der Spielsaison 2013/14 abgehaltene Pilotptojekt mit 120 Profi-Fussballspielern hat gezeigt, wie anspruchsvoll die Durchführung von Basisuntersuchungen ist. Die notwendige Erholungsdauer zwischen dem Ereignis und dem erneuten Einsatz ist abhängig von den neurologischen Funktionseinschränkungen, die nach dem Schädel-Hirn-Trauma festgestellt werden. Und hier gilt es zu beachten, dass wichtige neurologische Funktionen wie Schnelligkeit des Denkens, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Gleichgewichtskontrolle, Koordination der Augenbewegungen oder Blickstabilisierung bereits im gesunden Zustand individuell sehr unterschiedlich sind und durch Faktoren wie Motivation, Schlafverhalten, Trainingszustand, Lerneffekte oder Aufgabeninstruktion beeinflussbar sind. Letzteres wird durch unterschiedliche Muttersprachen in den Teams noch erschwert.

Die Resultate des Pilotprojekts legen zudem nahe, dass eine Mitbeurteilung durch erfahrene Neurologen innerhalb von 72 Stunden für die Entscheidung zu einer frühen Rückkehr zum Spiel sinnvoll ist und dass sich bei eindeutigen Hinweisen auf eine zentrale Funktionsstörung ein konservativeres Vorgehen empfiehlt. Bei einigen Spielern stand die Beteiligung des Gleichgewichtsorgans im Vordergrund, so dass eine spezifische Gleichgewichts-Physiotherapie die Beschwerden verbesserte. «Das Ziel unseres Projektes ist, die verletzten Fussballspielerinnen und Fussballspieler möglichst rasch und sicher wieder auf den Rasen zurückzuführen», schliesst Nina Feddermann-Demont. (Universität Zürich/mc/pg)

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