Grenchen / Zürich – Viele Mieterinnen und Mieter dürften demnächst finanziell etwas entlastet werden: Weil am Montag der Referenzzinssatz für Wohnungsmieten von 1,5 auf 1,25 Prozent gesunken ist, haben sie Anspruch auf eine Senkung der Mietzinsen. Der Mieterverband spricht von einem Betrag von jährlich rund 1 Milliarde Franken, die der Mieterschaft nun zustehe.
Am Montag hat das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) den neuen Durchschnittszinssatz des Hypothekenbestands in der Schweiz publiziert. Dieser beläuft sich neu auf 1,37 Prozent. Die Veränderung dieses Zinssatzes, der von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) auf Basis der realen Zinssätze aller inländischer Hypothekarforderungen bei Schweizer Banken berechnet wird, belief sich zwar nur auf 0,02 Prozentpunkte. Die Rundung des Wertes führte nun aber zur Senkung des hypothekarischen Referenzzinssatzes für Mietverhältnisse.
Dieser immer in Viertelprozentpunkten angepasste Referenzwert fliesst in die Berechnung der Mieten mit ein. Die Senkung des Satzes von 1,5 auf 1,25 Prozent führt nun dazu, dass die Mieter Anspruch auf eine Mietzinsreduktion haben. Konkret können sie damit rechnen, dass der monatliche Mietzins, den sie für ihre Wohnung oder ihr Haus bezahlen, um rund 2,9 Prozent gesenkt wird.
Der Referenzzinssatz des BWO ist für die Mehrzahl der Wohnungen in der Schweiz massgebend. Keine Gültigkeit hat er einzig für gewisse über eine staatliche Förderung finanzierte Liegenschaften sowie für Genossenschaftswohnungen, deren Mietzinse einer staatlichen Kontrolle unterliegen.
Meist ist ein Gesuch notwendig
Einzelne Vermieter gewähren die Senkung des Mietzinses automatisch. Meist müssen die Mieter aber von sich aus aktiv werden und eine Mietzinssenkung beantragen. Die Vermieter kann im Gegenzug gestiegene Betriebs- und Unterhaltskosten der Liegenschaft geltend machen und diese mit den gesunkenen Hypothekarkosten verrechnen.
Der Mieterverband fordert die Vermieter nun auf, die Mieten umgehend zu senken. Die Senkung des Referenzzinssatzes bedeute hochgerechnet auf die ganze Schweiz und pro Jahr betrachtet, dass die Mieten um rund eine Milliarde Franken gesenkt werden müssen, hiess es am Montag in einem Communiqué.
Die Interessensvertretung der Mieter moniert zudem, dass die Mieten insgesamt sogar um rund 8,5 Milliarden Franken sinken müssten. Dies aufgrund von den in der Vergangenheit nicht an die Mieter und Mieterinnen weitergegebenen Senkungen des Referenzzinssatzes seit 2008. Laut Natalie Imboden, Generalsekretärin des Mieterverbands, handelt es sich bei der Zahl zwar um einen rein rechnerischen Betrag. Tatsache sei aber, dass die Mieten seit Jahren anstiegen, obwohl die Hypothekarzinsen sinken.
Jeder vierte beantragt Senkung
Dass der Mieterverband von einem so hohen Betrag ausgeht, dürfte auch damit zusammen hängen, dass eine Reduktion des Mietzinses oft gar nicht erst eingefordert wird. Der Hypothekenberater Moneypark kommt aufgrund einer Umfrage unter Mieterinnen und Mietern zum Schluss, dass nur gerade jeder vierte Mieter eine Mietzinssenkung überhaupt erst beantragt.
Eine Mehrheit der Mieter, so Moneypark, wusste bei der letzten Senkung des Referenzzinssatzes entweder gar nicht vom Recht, eine Mietzinssenkung zu beantragen, oder aber empfand dies als zu aufwändig. Nur gerade bei 15 Prozent der Befragten hätten die Vermieter die Mietzinsreduktion von sich aus gesenkt, wie aus der Medienmitteilung von Moneypark hervorgeht.
Höhere Kosten berücksichtigen
Der Hauseigentümerverband HEV empfiehlt den Vermietern, aufgrund des tieferen hypothekarischen Referenzzinssatzes die Mietzinsen zu überprüfen. In einer Medienmitteilung vom Montag weist der Verband darauf hin, dass die Hausbesitzer durchaus gestiegene Preise für Liftabos, Versicherungen und anderen Dienstleistungen geltend machen und mit dem Anspruch auf tiefere Mietzinsen verrechnen dürfen.
In zahlreichen Regionen werden für solche Kostensteigerungen von den Schlichtungsbehörden jährliche Pauschalen von 0,5 bis 1 Prozent anerkannt, so der HEV. Zudem müssten Vermieter, die mit ihrer Immobilie keinen kostendeckenden Ertrag erzielten, den Mietzins nicht senken. Und schliesslich sei bei Altliegenschaften auch die Orts- bzw. Quartierüblichkeit des Mietzinses entscheidend, hält der HEV fest. (awp/mc/ps)