Regierungspläne für erschwingliche Mieten

Bonn – Steigende Mietpreise sind längst nicht mehr nur ein Problem für Grossstädter – sie betreffen Millionen von Menschen im ganzen Land. Während Wohnungen in Metropolen wie Berlin, München oder Hamburg für viele kaum noch bezahlbar sind, steigen die Mietkosten auch in mittelgrossen Städten rasant an. Die Politik steht unter Zugzwang, denn bezahlbarer Wohnraum ist nicht nur eine soziale, sondern auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit.
Doch welche Massnahmen sind tatsächlich geeignet, um den Mietmarkt zu stabilisieren? Die Bundesregierung hat ein umfangreiches Massnahmenpaket angekündigt. Aber wie viel davon ist realistisch umsetzbar?
Wird Wohnen zum Luxusgut?
Die Situation ist alarmierend. Laut dem Deutschen Mieterbund sind die Mieten in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 30 bis 50 Prozent gestiegen – in einigen Ballungsräumen sogar noch drastischer. In München zahlt man mittlerweile über 22 Euro pro Quadratmeter, während die Löhne vieler Mieter nicht im gleichen Masse gestiegen sind. Aber auch im Ruhrgebiet, wo Preise für Mieten lange Zeit noch erschwinglich waren, ist ein konstanter Aufwärtstrend zu erkennen. Vor allem beliebte Städte wie Essen stechen besonders hervor. Ein Blick auf den Mietspiegel zeigt die drastische Entwicklung. Von einem Mietspiegel von ehemals 7,52 EUR /m² im Jahr 2020 befinden wir uns fünf Jahre später in Essen bereits bei 9,38 EUR /m². Eine prozentuale Steigerung von 24,74 Prozent. (Quelle: Mietspiegeltabelle.de)
Besonders betroffen sind aber nicht nur Geringverdiener, sondern auch Familien und selbst Haushalte mit mittlerem Einkommen. Die Wohnkosten belasten Budgets zunehmend und lassen immer weniger Raum für andere Lebensbereiche. Doch warum steigen die Mieten so stark? Mehrere Faktoren spielen eine Rolle:
- Zu wenig Neubau: Besonders günstige Mietwohnungen entstehen kaum noch, da Investoren verstärkt auf hochpreisige Immobilien setzen.
- Spekulation und Leerstand: Viele Immobilien werden als Anlageobjekte gehalten, ohne bewohnt zu werden.
- Steigende Baukosten: Materialien, Grundstückspreise und strenge Vorschriften verteuern den Bau neuer Wohnungen erheblich.
- Demografischer Wandel und Urbanisierung: Immer mehr Menschen zieht es in die Städte, wodurch die Nachfrage das Angebot übersteigt.
Angesichts dieser Entwicklungen stellt sich die Frage: Welche Massnahmen plant die Regierung, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken?
Mietpreisbremse 2.0 – Effektive Regulierung oder zahnloses Gesetz?
Ein zentraler Punkt der Reformpläne ist die Verschärfung der Mietpreisbremse. Diese sollte ursprünglich verhindern, dass Neuvermietungen über ein gewisses Mass hinaus steigen. Doch die Realität zeigt etwas anderes. Viele Vermieter haben Wege gefunden, die Regelungen zu umgehen, etwa durch kostspielige Modernisierungen oder die Vermietung als möblierte Wohnung. So wurden etwa hohe Investitionen in Modernisierungen vorgenommen, um die Miete entsprechend den Ausgaben zu erhöhen, was die ursprüngliche Intention der Mietpreisbremse unterlief.
Die neue Regierung plant daher, diese Schlupflöcher zu schliessen. Modernisierungskosten sollen nicht mehr unbegrenzt auf die Miete umgelegt werden können – eine Reform, die besonders für Mieter in Altbauwohnungen von Bedeutung ist. Zudem sollen Kommunen mehr Eingriffsrechte erhalten, um die Mietpreisentwicklung vor Ort stärker zu steuern. Eine zentrale Anpassung betrifft § 556d BGB, der die Mietpreisbremse regelt. Diese Änderungen zielen darauf ab, die Mietpreisbremse effektiver zu gestalten und die bisher genutzten Umgehungsmöglichkeiten zu minimieren.
Im Dezember 2024 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Mietpreisbremse bis zum 31. Dezember 2029 verlängern soll. Dieser Entwurf erweitert die Regelung auch auf Wohnungen, die zwischen dem 1. Oktober 2014 und dem 1. Oktober 2019 erstmals genutzt und vermietet wurden. Diese Erweiterung soll sicherstellen, dass auch frühere Modernisierungen und Neubauten nicht aus der Regelung herausfallen.
Bringt mehr Wohnungsbau nun die Trendwende?
Der Ausbau des sozialen Wohnungsbaus ist ein zentraler Bestandteil der aktuellen Regierungspolitik zur Bekämpfung des Wohnungsmangels in Deutschland. Im Jahr 2024 wurden etwa 55.000 Sozialwohnungen gefördert, was einer Steigerung von rund 33 % gegenüber 2022 entspricht. Dennoch bleibt ein erheblicher Bedarf. Bis 2030 wird ein Defizit von etwa zwei Millionen Sozialwohnungen prognostiziert. Um diesem Mangel entgegenzuwirken, hat die Bundesregierung verschiedene Massnahmen ergriffen. Ab 2025 unterstützt das Programm „Gewerbe zu Wohnen“ die Umwandlung leerstehender Büro- und Gewerbeflächen in Wohnraum durch zinsgünstige Kredite. Ziel ist es, ungenutzte Flächen für den Wohnungsbau nutzbar zu machen.
Trotz dieser Initiativen stehen die Bauwirtschaft und der Wohnungsmarkt vor Herausforderungen. Hohe Baukosten und langwierige Genehmigungsverfahren erschweren die Umsetzung von Neubauprojekten. Zudem wird für 2025 eine sinkende Bautätigkeit erwartet, was die Situation auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärfen könnte. Diese Entwicklungen haben direkte Auswirkungen auf die Mietpreise. Experten prognostizieren für 2025 einen deutlichen Anstieg der Mieten aufgrund der anhaltenden Nachfrage und des begrenzten Angebots an Wohnraum.
Stärkung der Mieterschutzrechte – mehr Sicherheit für Mieter?
Ein weiterer wichtiger Punkt auf der politischen Agenda ist die Verbesserung der Mieterschutzrechte. In der Vergangenheit gab es immer wieder Fälle, in denen Mieter durch überzogene Modernisierungen oder fragwürdige Kündigungen verdrängt wurden. Die Regierung plant daher, die Kündigungsrechte der Vermieter einzuschränken und Mieter besser vor überhöhten Mieterhöhungen zu schützen.
Hierbei spielen insbesondere folgende Paragraphen eine Rolle:
- § 573 BGB (Ordentliche Kündigung durch den Vermieter): Die Hürden für Eigenbedarfskündigungen sollen erhöht werden.
- § 559 BGB (Umlage von Modernisierungskosten): Künftig sollen nur noch begrenzte Modernisierungskosten auf die Mieter umgelegt werden können.
- § 558 BGB (Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete): Die Anpassung an den Mietspiegel soll transparenter und gerechter gestaltet werden.
Diese Änderungen könnten dafür sorgen, dass Mieter mehr Sicherheit erhalten und nicht mehr so leicht durch strategische Mietsteigerungen verdrängt werden.
Herausforderungen bei der Umsetzung
So ambitioniert die Ziele auch klingen – ihre Realisierung bleibt alles andere als sicher. Die deutsche Wirtschaft ist zum Jahresende stärker geschrumpft als erwartet. Im vierten Quartal 2024 fiel das Bruttoinlandprodukt um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Diese negative Entwicklung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Machbarkeit der Wohnbauprojekte. Öffentliche Gelder für den Wohnungsbau sind ohnehin knapp bemessen, und private Investoren zeigen sich in Anbetracht der wirtschaftlichen Unsicherheit zunehmend zurückhaltend. Mietpreisregulierungen erscheinen ihnen in diesem Klima als wenig attraktive Möglichkeit für langfristige Investitionen.
Hinzu kommt der Widerstand der Immobilienbranche, die strengere Vorschriften als Eingriff in ihre Eigentumsrechte betrachtet. Diese Haltung könnte sich angesichts der schwächelnden Wirtschaft weiter verfestigen, da Unternehmen in Krisenzeiten noch zurückhaltender bei langfristigen Projekten sind. Ein weiteres Hindernis ist die Bürokratie. Bauprojekte ziehen sich oft über Jahre hin, Genehmigungsverfahren sind langwierig, und in vielen Kommunen fehlt es schlicht an Flächen für den Bau neuer Wohnungen. Diese strukturellen Schwierigkeiten werden durch die schwächelnde Wirtschaft zusätzlich verstärkt, da weniger Investitionskapital zur Verfügung steht und viele Akteure zögerlicher werden.
Hoffnung oder heisse Luft?
Die neuen Pläne zur Stabilisierung des Mietmarktes klingen vielversprechend. Doch ob sie tatsächlich greifen, bleibt abzuwarten, wenn sich die neue Regierung final mit den Entwürfen beschäftigt. Es bleibt abzuwarten, wie entschlossen sie die Reformen umsetzen wird, vor allem, da politischer Widerstand oder bürokratische Hürden die Wirksamkeit bremsen könnten. Die Verschärfung der Mietpreisbremse, der verstärkte soziale Wohnungsbau und die verbesserten Mieterschutzrechte sind sinnvolle Ansätze, um den Markt fairer zu gestalten. Doch es wird entscheidend sein, ob diese Massnahmen konsequent und flächendeckend angewendet werden, und ob sie tatsächlich eine spürbare Entlastung für Mieter und eine Stabilisierung des Marktes bringen. (ms/mc/hfu)