Rhein stark durch kleinste Plastikteilchen belastet

Rhein stark durch kleinste Plastikteilchen belastet

Probe aus dem Rhein bei Duisburg mit über 65% opaken Mikroplastikkügelchen in 15-facher Vergrösserung; der Durchmesser der Kügelchen beträgt 400–900 Mikrometer. (Foto: Universität Basel, Thomas Mani)

Basel – Im Rhein zwischen Basel und Rotterdam finden sich mit die höchsten Konzentrationen von kleinsten Plastikteilen, die bisher in Meereszuflüssen gemessen wurden – am meisten im Ruhrgebiet mit bis zum Vierfachen des Durchschnitts. Damit gehört der Rhein zu den untersuchten Flüssen, die weltweit am stärksten mit Mikroplastik belastet sind. Dies berichten Forschende der Universität Basel, die erstmals in einem grossen Meereszufluss den Plastikanteil im Oberflächenwasser ausgewertet haben. Ihre Studie ist eben in der Zeitschrift «Scientific Reports» erschienen.

Kleinste Plastikteile unter 5 Millimetern, auch Mikroplastik genannt, finden sich heute in fast allen Gewässern. Sie treten als Zwischenprodukt bei der Kunststoffherstellung sowie als Granulat in Reinigungs-und Pflegeprodukten auf und entstehen bei der Zersetzung grösserer Plastikteile in der Umwelt. In den Weltmeeren, wo der Plastikabfall in allen Formen und Grössen als riesige Inseln treibt, werden diese Partikel von zahlreichen Organismen aufgenommen – von Protozoen bis zum Bartenwal. Obwohl rund 80% des Plastiks von den Ozeanzuflüssen stammt, ist bisher noch kein grosser Strom über seine Länge auf Mikroplastik wissenschaftlich untersucht worden.

Umweltbelastungen abgebildet
Die Umweltwissenschaftler der Universität Basel haben nun erstmals die Menge und Zusammensetzung des Mikroplastiks an der Wasseroberfläche des Rheins zwischen Basel und Rotterdam veröffentlicht. Sie entnahmen dem Nordseezufluss auf einer Strecke von rund 820 Kilometern an elf Standorten 31 Wasserproben. Mikroplastik wurde in sämtlichen Proben in unterschiedlichen Konzentrationen gefunden, wobei der Durchschnittswert bei 892’777 Partikel pro Quadratkilometer (oder 4’960 Partikel pro 1000 Kubikmeter) lag.

Die Ergebnisse bilden die wesentlichen Umweltbelastungen entlang des Rheins ab – wie städtische Zentren und Industrieanlagen, Standorte von Kläranlagen und Schleusen –, aber auch die jeweiligen Strömungsverhältnisse. Die geringste Belastung durch Mikroplastik fand sich im Abschnitt zwischen Basel und Mainz, eine mittlere Belastung bei Bad Honnef, Köln-Porz und Leverkusen und die höchste in der Rhein-Ruhr-Region. Als Höchstwert wurden in Rees am Niederrhein in einer einzelnen Probe 3,9 Mio. Plastikpartikel pro Quadratkilometer (oder 21’839 Partikel pro 1000 Kubikmeter) verzeichnet.

Täglich 191 Millionen Teilchen
«Die Konzentrationen von Mikroplastik im Rhein liegen damit im Bereich der höchsten Konzentrationen der bisher weltweit untersuchten Gewässer», sagt die Leiterin der Studie, die Biologin Prof. Patricia Holm vom Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel. So wurden in den am meisten belasteten Schweizer Seen – Genfersee und Lago Maggiore – je rund 220’00 Partikel pro Quadratkilometer und im Eriesee in den USA 105’503 Partikel pro Quadratkilometer gezählt. Auch in der Rhone bei Genf wurde weitaus weniger Mikroplastik gefunden. Allgemein gilt, dass es jeweils bei Regen oder nach Unfällen zu Spitzenwerten kommt.

10 Tonnen jährlich
«Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Verschmutzung des Rheins mit Mikroplastik erheblich ist», so Holm weiter. «Gehen wir von der mittleren Mikroplastik-Konzentration am Tag der Probenahme in Rees aus, trägt der Rhein täglich eine Fracht von mehr als 191 Millionen Plastikteilchen in Richtung Nordsee, und das allein an seiner Oberfläche. Gewichtsmässig entspricht das zwar nur etwa 25 bis 30 Kilo pro Tag, doch im Jahr summiert sich das immerhin auf 10 Tonnen. Jedes einzelne dieser vielen Milliarden Plastikteilchen kann von Organismen aufgenommen werden und schädliche Auswirkungen haben.»

Herkunft teils unklar
Die Forschenden konzentrierten sich auf Mikroplastikteilchen, wie sie in der Produktion weltweit in grosser Zahl anfallen und eine geringe Dichte aufweisen – wie etwa Polyethylen, Polypropylen und Polystyrol. Diese Kunststoffarten werden in der Industrie unter anderem für Verpackungen, Innenausstattung und im Fahrzeugbau verwendet und schwimmen auf der Wasseroberfläche auf langen Distanzen. Die Entnahme der Proben erfolgte meist von Schiffen der Rheinpolizei Basel-Stadt und der Wasser- und Schifffahrtsämter in Deutschland und den Niederlanden aus.

Mikroplastik fanden die Forschenden sowohl in Form von opaken und transparenten Kügelchen wie auch von Fragmenten und Fasern. «Auffallend ist der enorm hohe Anteil von bis zu über 60% Mikrokügelchen in gewissen Flussabschnitten, deren Herkunft und Zweck noch weitgehend unklar ist», sagt Thomas Mani, Erstautor der Studie und Doktorand am Departement Umweltwissenschaften der Universität Basel. (Universität Basel/mc/pg)

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