Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Anleihen und Hypotheken im Irrsinnsmodus

Buchautor und Moneycab-Kolumnist Robert Jakob.

Von Robert Jakob

Man kann sich nur noch die Augen reiben. Während argentinische Staatsanleihen, die in gut einem Jahr fällig werden, Renditen weit über 50 Prozent abwerfen, sind selbst zehnjährige Bonds von Spanien oder Portugal klar in die Zone des Negativzinses gerutscht. Wer den beiden vor sieben Jahren nur mit Rettungspaketen der EU und des IWF über Wasser gehaltenen Iberostaaten langfristig Geld leiht, kriegt also weniger zurück als er berappt hat und trägt zusätzlich auch noch das Ausfallrisiko. Vor Jahren musste Spanien in der Spitze 8 und Portugal gar 18 Prozent Jahreszins zahlen. Dass Geldanlage zu Minusrendite keinen Sinn macht, wird hier besonders deutlich.

Es ist was Faul im Staate D.
Noch irrer treibt es Dänemark. Dort hat vor wenigen Tagen die erste Bank systematisch Geld für die Aufnahme einer Hypothek gesprochen. Mittlerweile kann man sogar bei Abschluss einer solchen eine jährliche Zinsgutschrift von 0,5% herausholen. Der ohnehin auf rekordhohen Preisen liegende Immobilienmarkt erhält einen zusätzlichen Kick. Nur so zur Warnung: Ähnlich wie in Spanien krebsten die Preise in Dänemark von 2006 bis 2009 um 30 Prozent zurück. Früher oder später ist die Fahnenstange zu Ende.

In der Schweiz ist man etwas vernünftiger. Aber auch hierzulande gibt es bei den Hypotheken neue Tiefstsätze, was die Immobilienblase weiter aufbläht. Um sich vor bösen Überraschungen zu schützen, tun die Banken und Versicherungen gut daran, die Vergabekriterien strenger zu handhaben.

Alles hat ein Ende, nur die Zinsstruktur hat zwei
Bei den an der Schweizer Börse gehandelten Anleihen rentieren mittlerweile rund 97 Prozent der 1436 im Swiss Bond Index vertretenen Bonds negativ. Und es gibt wahre Stilblüten. Wer etwa der Eidgenossenschaft durch Kauf des 1998 ausgegebenen 4-Prozenters auf Verfall bis 2049 Geld leiht, muss 250% vom Nominalwert zahlen. Dadurch verliert er Jahr für Jahr, trotz des Coupons, 0,63% oder kumuliert ein Fünftel seines eingesetzten Geldes.

Vielleicht mögen einige ausländische institutionelle Investoren Gefallen an derartigen Irrsinnsanlagen haben, da sie auf diese Weise ihre Wackelwährungen in Schweizer Franken tauschen. Doch für Privatanleger macht das keinerlei Sinn.

Zwei- bis zehnjährige Anleihen der Eidgenossenschaft verfügen sogar über eine Verfallsrendite von −1.2% p.a. Ja, das sind über ein Prozent Rendite. Aber mit negativem Vorzeichen. Was Sie auf Ihrem Bildschirm sehen ist kein Fliegendreck.

Im Klartext bedeutet das: Da die kurzfristigen Zinsen in der Schweiz tiefer als die langfristigen sind, haben wir hierzulande nicht die so sehr als Menetekel gefürchtete inverse Zinsstruktur. Bei uns signalisiert die Zinsstrukturkurve keine Rezession. Die Zinskurve der Schweiz sieht aus wie diejenige der USA, nur spiegelverkehrt unter der Wasseroberfläche.


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Zum Autor:
Robert Jakob ist promovierter Naturwissenschaftler und Buchautor und arbeitete sowohl in der Grundlagenforschung als auch für Verlage, Versicherungen und Banken. Seit Jahrzehnten ist der Wissenschaftler und Kommunikationsspezialist ein ausgewiesener Kenner der Finanzszene. Er leitete nicht nur die Redaktion des Swiss Equity Magazins (einem Tochterunternehmen der NZZ), sondern dortselbst auch das Team der Aktienanalysten.

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