Von Robert Jakob
Auch Angela Merkel hat gewechselt. Nicht die Partei, sondern den Coronaimpfstoff. Wie von der Ständigen Impfkommission Stiko empfohlen, liess sie sich nach ihrer Erstimpfung mit AstraZeneca anschliessend mit einem mRNA-Impfstoff (hier: Moderna) boostern.
Schweiz, du hast es besser! Die Eidgenossenschaft verschenkt gerade ihre bestellten AstraZeneca-Dosen. Damit wird ihr von den adenovektorbasierten Impfstoffen nur noch derjenige von Johnson&Johnson im Köcher verbleiben. AZ und JJ spielen in derselben Wirkungsklasse. Sie schützen halbwegs vor schweren Krankheitsverläufen, zum Teil auch bei den neuen Mutanten, aber nur zu zwei Dritteln vor einer Infektion. Eine gerade publizierte Studie (DOI: 10.1016/S0140-6736(21)01358-1) aus Schottland zeigt zudem, dass es die indische Variante des Coronavirus offenbar einfacher hat, den Impfschutz zu unterlaufen. Demnach schütze BNT162b2 (Pfizer/BioNTech) zu 92 % gegen die britische und nur noch 79 % gegen die indische, ChAdOx1 nCoV-19 (Oxford/AstraZeneca) nur zu 73 % gegen die britische und zu 60 % gegen die indische Variante von SARS-CoV-2.
Deutschland aber spart am falschen Platz und versucht seit Monaten, seine AstraZeneca-Chargen an die Frau oder an den Mann zu bringen. Dazu muss ausgerechnet eine unvollständig zitierte Studie der Universität Oxford herhalten, die der heterologen Impfung, also der Impfung mit zwei verschiedenen Vakzinen, gar eine bessere Wirkung bescheinigen soll als mit den in den Packungsbeilagen vorgeschriebenen Programmen.
Kleine Randnotiz: Die Universität Oxford ist Mitentwicklerin des AstraZeneca-Impfstoffes. Viel ist vom genauen Inhalt der Studie noch nicht bekannt. Man hält sich etwas bedeckt. Aber es scheint neben dem Export in Drittweltländer der letzte Trumpf von AstraZeneca zu sein.
Gemäss zwei weiteren Studien in Deutschland und Spanien (mit allerdings sehr wenigen Teilnehmern) sollen die sogenannten heterologen Impfschemata, also die Verabreichung von Dosen unterschiedlicher Hersteller, besser als die reine AstraZeneca-Impfung sein. Überraschenderweise ist aber die Mischimpfung zwischen dem AstraZeneca-Präparat und anschliessend einem amerikanischen mRNA-Impfstoff (Moderna oder Pfizer/BioNTec) in etwa gleich wirksam wie ein klassisches reines mRNA-Impfprotokoll. Vereinfacht liest sich das so: AZ + AZ = 0, AZ + PB = 1, AZ + M =1, PB + PB = 1, M + M = 1. Wer will, kann die binäre Codierung durch Emojis ersetzen.
Mehr Daten und weniger Schönfärberei, bitte!
Noch ist die Datenlage unklar, aber es zeichnet sich ab, dass von nun an mindestens die Hälfte der AstraZeneca Impfdosen nicht mehr gebraucht wird. Allerdings sind nicht überall in Deutschland genug Dosierungen von mRNA-Impfstoffen vorhanden. Es ist mehr Impfstoff da, als von den niedergelassenen Ärzten abgerufen wird – aber leider nicht der richtige.
In das Versorgungsdilemma stürzt sich jetzt ausgerechnet CureVac-Chef Dr. Franz-Werner Haas. Er verkündete die frohe Botschaft, dass sein mRNA-Impfstoff zu 48 statt der vor Kurzem angekündigten miserablen 47 Prozent wirksam ist. Er findet das so gut, dass er den Zulassungsantrag in Europa durchziehen will und setzt noch einen drauf: «Wir gehen davon aus, dass die Bundesregierung ihre Quoten (über 225 Millionen Dosen) abnimmt.» Da dürfte er sich aber verrechnen.
Keine Wirtschaftsförderung auf Kosten der Sicherheit!
Eine Mischimpfung mit CureVacs CVnCoV müsste erst in einem umfangreichen klinischen Studienprotokoll auf Wirksamkeit und Nebenwirkungen geprüft werden. Das gilt im Prinzip auch für Mischimpfungen mit bereits zugelassenen Impfstoffen. Die Jubelmeldungen (s.a. DOI: 10.1016/S0140-6736(21)01420-3) sind also noch verfrüht. Das alles riecht nach Wirtschaftsförderung auf Kosten der Sicherheit. Man kann sich jetzt schon auf heterologe vorläufige Impfstudienergebnisse von Johnson&Johnson freuen.
Das Thromboserisiko mit Thrombozytopenie gilt mittlerweile beim Vakzin von AstraZeneca als erhärtete schwere Nebenwirkung. In einem von 100’000 Fällen tritt sie auf. Im ähnlich gestrickten Impfstoff von J&J in einem von knapp 500’000 Fällen. In rund einem Drittel der Fälle führt sie zum Tod und daneben auch häufig zu Folgeschäden. Die heterologe Impfung mit Adenovirusimpfstoffen dürfte vermutlich auch nicht ganz ohne sein.
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