Robert Jakobs Wirtschaftslupe: China – War for Patents?
Von Robert Jakob
Nicht nur seit dem Patentstreit zwischen Apple und Samsung, der sieben episch lange Jahre gedauert hat, ist klar: sobald eine Entdeckung in Technik und Design nutzbar wird, geht es um viel Geld, und da lohnt es sich, die «Claims» früh abzustecken. Wie bei Goldgräbern gilt: «Wer zuerst kommt, gräbt zuerst.» Daher wird der Kampf um Nutzungsrechte an geistigem Eigentum seit Jahren mit immer härteren Bandagen ausgetragen.
Ein gigantisches Schachspiel
Obwohl ein einmal gegebener Patentschutz in der Regel nach 20 Jahren erlischt, ist die Zahl der gültigen Patente allein in der Schweiz in den letzten Jahren von 110’139 über 116758 auf 122’800 gestiegen. Neben den hohen Kosten für die Anmeldung fallen auch laufende Kosten für den Unterhalt der Patente an. Dennoch setzen die Unternehmen vermehrt auf Patente zum Schutz ihres geistigen Eigentums und nicht etwa auf Produktgeheimnisse oder Defensivpublikationen. Mit einer Veröffentlichung gehört die betreffende Erfindung zum bekannten Stand der Technik und kann später nicht mehr zum Patent angemeldet werden, da Erfindungen grundsätzlich neu sein müssen. Deshalb kann die Defensivpublikation zum Schachzug werden, um zu verhindern, dass Konkurrenten ein Patent erhalten. Dasselbe Ziel kann auch mit einer prophylaktischen Patentanmeldung verfolgt werden, weil Patentanmeldungen nach 18 Monaten von den Patentämtern veröffentlicht werden müssen. Mit der Veröffentlichung sind aber noch keine Patentrechte verbunden, d.h. die Benutzung der Erfindung kann nicht untersagt werden. Wird dem Patenterteilungsantrag nicht stattgegeben, ist die Erfindung nach der Veröffentlichung quasi vogelfrei. Wir sehen: Patentrecht ist ein regelrechtes Schachspiel.
China kopiert Patente statt Produkte
Bei den Neu-Anmeldungen beim Europäischen Patentamt EPA hat China mittlerweile die Schweiz überholt. Dahinter steckt die chinesische Strategie, sich vom Kopierer westlicher Ideen zum Innovationsführer aufzuschwingen. Ein Ziel, für das sich die Chinesen noch rund fünf Jahre Zeit gegeben haben. Geradezu inflationär hat die Zahl der Patente und Patenanträge in China selbst zugenommen. Allerdings ist es dort viel einfacher ein Patent zu erlangen als etwa in den USA oder gar im strengen Europa. Ausländern dagegen wird in China das Leben richtig schwer gemacht, indem dutzendweise chinesische Voranmeldungen als angeblich patenthindernder Stand der Technik zitiert werden. «Selbst wenn man nach langem hin und her ein chinesisches Patent bekommt, ist die spätere Durchsetzung der Rechte vor Gericht äusserst schwierig. Besonders, wenn es sich bei dem Patentverletzer um eine staatliche Einrichtung handelt», weiss der bekannte internationale Patentanwalt Michael Schneider aus Erfahrung.
Auch ist die Argumentation der Patentprüfer für westliche Anmelder häufig nicht nachvollziehbar. Das Patent hat entsprechend nur lokale Geltung. Aber ein Markt mit einem Fünftel der Weltbevölkerung ist ja auch schon was. Vor allem chinesische Unternehmen melden im eigenen Land in grosser Zahl Schutzrechte an, die nach der Erteilung nur durch kostspielige Nichtigkeitsklagen beseitigt werden können und schützen so ihre Pfründe. Oft handelt es sich dabei um Schutzrechte auf Technologien, die aus westlichen, öffentlich verfügbaren Patentdatenbanken ausgelesen wurden und die nur minimal abgewandelt wurden, um gerade noch als «Verbesserungserfindung» patentiert werden zu können.
Eine ähnliche Strategie verfolgen auch russische Unternehmer. Der «War for Patents» ist auf jeden Fall lanciert und ein realerer Begriff als der von den Headhuntern einst gehypte Modebegriff «War for Talents».
Eine hervorragende Übersicht über internationale Patenstrategien und praktische Fragen zur Anmeldung für Intellectual Property Manager von Start-ups und KMU liefert übrigens das brandaktuelle Buch zum Thema von Dr. Michael Schneider. «International Patenting…Fast and Painless!» ist strukturiert, übersichtlich und ohne Kauderwelsch geschrieben.
Erhältlich ist «International Patenting…Fast and Painless!» bei Amazon als Kindle-Ausgabe für EUR 40.57.