Von Robert Jakob
Alle Welt schaut immer auf Warren Buffett, wenn es um ein Rollenideal für Anlagestrategien geht. Dabei gibt es noch viele andere interessante Persönlichkeiten zu entdecken.
Vor vielen Jahren hatte ich eine Privataudienz in der einsamen Villa von Sir John. Die Aktienbörsen der Welt standen nach einem beispiellosen Kurssturz wieder mal im Niemandsland. Von ihrem Tief hatten sie sich deutlich erholt. Frühere Hochs schienen gleichwohl weit weg. John Marks Templeton meinte plötzlich, dass der Dow Jones zum Ende des Jahrhunderts bei über einer Million liegen würde.
In der Volksschule gewann ich immer im Spiel «Rechenkönig». Dabei ging es darum, so schnell wie möglich eine einfache Mathematikaufgabe zu lösen. Ich antwortete Sir John Marks Templeton wie aus einem Colt 45 geschossen: «Eine Million ist nicht viel. Das macht ja gerade mal rund 6 Prozent pro Jahr aus». Sir John lächelte schelmisch. Er schien von meiner Antwort nicht sonderlich beeindruckt, obwohl sie richtig war.
Lehren von Sir John
Der von Queen Elisabeth II 1987 geadelte Anlageprofi war ein ruhiger bescheidener Mensch aus Tennessee. Er galt weithin als Contrarian, als Investor der gegen den Trend schwimmt. Das greift zu kurz. Er hatte nicht nur den Mut, gegen den Strom zu schwimmen, er kaufte gerne diejenigen Aktien, die besonders gelitten hatten, aber immer noch langfristiges Potenzial aufwiesen. Gleichzeitig investierte er zunehmend nicht nur in seiner Heimat USA, sondern auf der ganzen Welt.
Auf dieser Dreierstrategie aufbauend hatte er rasch riesigen Erfolg und wurde zum Milliardär. Weil er nicht nur vor der eigenen Haustür investierte, entkam er dem «home bias». Das unterscheidet ihn von Warren Buffett. Templetons erfolgreiche Anlagevehikel hatten geringe Schwankungen, da sie gut diversifiziert waren. Besonders hoch geschätzt wurde Templeton für seine beeindruckende Performance in Baisse-Phasen. Er gierte nie nach zweistelligen Renditen, obwohl ihm das in manchen Phasen gelang.
«Nicht der Zeitpunkt zählt, sondern die Zeit» – Sir John
Wer im jetzigen Börsenumfeld Angst hat, in eine Bärenfalle zu tappen (wegen zweiter Welle, Stagflation, Währungsreform, Wirtschafts- oder Atomkrieg), der kann sich an die Investmentphilosophie des 2008 fast hundertjährig verstorbenen Altmeisters halten. Er hielt die nicht investierten Barmittel für unnützes Kapital. Aber er hütete sich auch davor, qualitativ schwache Unternehmen zu Schnäppchenpreisen zu kaufen. Zudem liess er sich nie vom hektischen Treiben der Börsen anstecken.
Sein abgeschiedener Lebensstil auf einer Insel war Teil dieser Einstellung. Und es ging ihm nie um Geld seiner selbst willen. Er wusste sehr früh, dass stets die Zeit für ihn arbeitet und verschenkte Zeit seines Lebens und mit seinem Tod ein Milliardenvermögen für vernünftige und wohltätige Zwecke. Der Dow Jones wird in seiner jetzigen oder auch abgewandelten Form auf 1 000 000 Indexpukte steigen. Ob in 50 oder 100 Jahren, spielt keine Rolle. Und wen es grämt, dass er das selbst nicht mehr erlebt, der mag sich damit trösten, dass sich dann die Erben freuen – auch über eine nur einstellige Jahresperformance.
Robert Jakobs neuestes Buch:
„Einmal lieben und gehen“
geht es um die Frage, wer Gott wirklich ist, und was das für Folgen haben kann. Gleichzeitig ist es eine abenteuerliche Reise durch die Menschheitsgeschichte.
„Einmal lieben und gehen“ neu im Landtwing Verlag (ISBN: 978-3-03808-033-6)
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