Von Robert Jakob
Chipkrise, Rohstoffpreise und Ukraine-Krieg bremsen die Verkehrswende aus. Für den weiteren Erfolg der Elektromobilität wird der Weg immer holpriger.
Der Schweizer Auto-Markt etwa hat das von starken Liefereinschränkungen geprägte Jahr 2022 mit einem Minus von 5,3 Prozent zum ohnehin bereits unterdurchschnittlichen Vorjahr abgeschlossen. Zwar steckte im letzten Jahr gut in jedem zweiten Neuwagen ein alternativer Antrieb, aber die hohen Preise beginnen Wirkung zu zeigen. Für Deutschland prognostizierte der langjährige Auto-Professor Ferdinand Dudenhöffer schon anfangs Dezember eine Stagnation beim Verkauf von Batteriefahrzeugen (390 000 abgesetzte Fahrzeuge) und einen deutlichen Einbruch beim Verkauf von Hybriden (nur 94 000). In der Schweiz wurden zum ersten Mal seit vielen Jahren weniger der «Schummel-Autos» verkauft. So werden die Zwitter auch deshalb genannt, weil ihr Treibstoffverbrauch viel höher als angegeben ist.
Folgerichtig werden extern aufladbare Plug-in-Hybride, welche zur Unterstützung des Elektro-Motors noch einen Verbrenner nutzen, ab diesem Jahr in Deutschland nicht mehr mit Kaufprämien gefördert. Und für Batterie- und Brennstoffzellen-Autos sinken die Zuschüsse um beachtliche 25 bis 40%. Im 2024 sollen sie weiter abnehmen. Jetzt kommen überall die höheren Strompreise erschwerend hinzu. Zum richtigen Winterstart wartet auf die Elektrofahrzeugbranche ein eisiger Wind. Der Verband der internationalen Kraftfahrzeughersteller warnt entsprechend vor den Risiken für den weiteren Erfolg der Elektromobilität.
Mit Reichweiten (gemäss Touring Club Schweiz) zwischen 371 und 620 km für die heimische Flotte haben die «Stromer» zwar ordentlich aufgeholt. Aber es bleibt dabei: Im Winter gehen die Reichweiten in die Knie. Da sind die ausgezeichneten Werte Wunschtraum. Das Problem ist, dass Menschen in Krisenzeiten überreagieren. Sicherheit wird plötzlich Trumpf, zumal sich trotz aller Unkenrufe genug Verbrenner-Gebrauchtwagen finden lassen, die noch ein paar Jahre herumschippern können. Also bekommen sie wieder Rückenwind, zumal die Ölpreise in Erwartung der weltweiten Rezession fallen.
Mittlerweile kostet an deutschen Schnelladestationen «Elektromost» mehr als Benzin oder Diesel
Hier nun droht sich ein gefährlicher Cocktail zusammenzumischen. Wenn die Strompreise steigen, aber die Benzinpreise fallen, werden Elektroautos gemieden. Kaum jemand will sich als Zweitwagen für die kalte Jahreszeit einen schnuckeligen e-Flitzer kaufen – am allerwenigsten wohl auf dem Lande. Der Ausbau des Ladenetzes hinkt europaweit hinter dem fulminanten Wachstum der letzten Jahre bei den Neuzulassungen an Elektrofahrzeugen hinterher. Alarmierende Zahlen wurden gerade ebenfalls aus Deutschland publiziert. Kamen etwa Anfang 2021 noch 14 E-Autos auf einen Ladepunkt, dürften es nach Zahlen des Verbands der Automobilindustrie (VDA) zuletzt 23 gewesen sein.
Als Gegenmassnahme sollen bis zum Jahr 2030 neunhundert schnelle Lade-Standorte mit etwa 8.500 Ladepunkten landesweit (und damit ist vor allem auch der ländliche Raum gemeint) mit staatlicher und von der EU genehmigter Förderhilfe von bis zu 1,8 Milliarden Euro verbaut werden. Das ist Teil eines «Masterplan Ladeinfrastruktur» über 6,3 Milliarden Euro. Denn Aufladen ausserhalb der eigenen Garage ist nicht immer lässig. Der Energiekonzern EnBW schätzt, dass es bis 2030 bundesweit etwa 130.000 bis 150.000 Schnellladepunkte – und nicht eine Million überwiegend langsame normale Ladepunkte – braucht, um die von der deutschen Bundesregierung angepeilten 15 Millionen Elektroautos zu versorgen. Die Ausbaumassnahmen dürfen dabei nicht gegen bestehendes Recht verstossen.
Die Weichenstellungen im Jahr 2023 könnten entscheidend für das Klima werden. Das reicht von den Zufällen der Weltpolitik bis zu Infrastruktur- und Steuerungsmassnahmen aus den einzelnen Länderregierungen. Ob die aber auf die globale Erwärmung Rücksicht nehmen, darf bezweifelt werden. Denn der Strom mag zwar aus den Ladestationen fliessen, aber Atom, Kohle und bald wieder sehr billiges Erdgas müssen vielfach zu dessen Produktion in die Bresche springen. Dann hängt der Auspuff des ach so sauberen Elektroautos halt weiter hinten – am klassischen Kraftwerk.
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