Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Erdöl – Der Wind hat wieder mal gedreht

Der Anteil des Erdöls am Primärenergieverbrauch liegt bei rund 40%. Der grösste Einzelverbraucher von Öl ist das Transportwesen mit rund 60 Prozent. (Photo by Cameron Venti on Unsplash)

Von Robert Jakob

Bei genauer Betrachtung ist auch Erdöl ein nachhaltiger Rohstoff. Anlegern habe ich schon seit langem den Kauf von Ölaktien empfohlen. Damit wir uns nicht missverstehen: Ich habe immer geschrieben, dass das Verbrennen von unserem Kohlenwasserstoff Nummer eins, dem Erdöl, in Explosionsmotoren und Heizkesseln eine Wertvernichtung ist, die zusätzlich die Umwelt belastet.

Nichtsdestotrotz ist Erdöl nicht des Teufels, sondern ein Geschenk Gottes, das uns – der chemischen Industrie sei Dank – allerlei nützliche Sekundärprodukte beschert:
https://www.moneycab.com/dossiers/robert-jakobs-wirtschaftslupe-energy-stocks-was-fuer-ein-dummer-begriff/

Die Verbrennung produziert jedoch direkt gesundheitsschädigende Stoffe sowie das klimaaktive Kohlendioxid. Um die Klimaerwärmung auf 1,5-Grad zu begrenzen, müsste bis 2050 das Gros der fossilen Brennstoffe wegen des Co2-Ausstosses in der Erde verbleiben. Das wäre vielleicht wünschenswert, aber ist es realistisch?

Peak Oil zum x-ten Mal verschoben
Die Internationale Energieagentur (IEA) sieht gar in Ihrem neusten Bericht für 2023, dass das Klimaziel nur erreicht würde, wenn gar nicht mehr neu gebuddelt wird. Immerhin wäre 2028 oder spätesten 2030 die Ölförderung auf ihrem Höhepunkt angelangt, sagte die IEA voraus. Doch nun hat der Wind deutlich gedreht. Viele Experten haben innert Jahresfrist ihre Vorhersagemodelle justiert. Goldman Sachs etwa rechnet nicht mehr mit einem Höhepunkt in diesem Jahrzehnt. Die Ölnachfrage soll bis 2034 um rund zehn Prozent auf 110 Millionen Fass pro Tag weiter steigen und bis 2040 auf diesem Niveau verbleiben. Gemäss der OPEC geht es sogar noch ein klein wenig steiler bergauf mit dem Verbrauch (und damit natürlich auch der Förderung) und zwar bis 2035 um mehr als 12 Prozent. In den letzten Jahren schwankte die Gesamtproduktion der OPEC-Länder dabei um die 27 Millionen Barrel pro Tag. Das Kartell will das Angebot niedrig halten, um dadurch den Marktpreis hochzuhalten.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben
Die ideologisch gefärbte Umweltpolitik im Hau-Ruck-Verfahren hat einen Stimmungswandel in der Bevölkerung provoziert. Zwängerei zum Einbau von Wärmepumpen und zur Verspargelung und Planierung der Landschaft bringen nicht nur Landschaftsarchitekten auf die Palme, sondern auch manch eingefleischte Grüne. Aber vor allem ein Teil der Autofahrer will sich nicht gängeln lassen oder scheut die noch hohen Anschaffungskosten, die unbequeme Tankinfrastruktur sowie die geringere Autonomie im Vergleich zum Verbrenner. Der japanische Autobauer Nissan hat zwar das Ende seiner Verbrenner-Entwicklung verkündet, viele andere Autobauer krebsen aber zurück und fahren vor dem Hintergrund gefallener Zulassungszahlen auf eine Doppelstrategie Verbrenner plus Elektromobil. Dabei sind die Preistrends beim Erdöl sowohl angebots- als auch nachfragegesteuert. Der Erdölmarkt ist ein weltweiter und lässt sich mittlerweile nicht mehr von einzelnen Produzenten oder Abnehmern steuern. Das musste auch die einst so mächtige OPEC erfahren, denn sie produziert nur ein Bruchteil des weltweiten Erdöls.

Klimaschutz beschleunigt im Moment den Ölverbrauch
Hinzu kommt nun der bereits vor fünfzehn Jahren vom mittlerweile emeritierten Präsidenten des ifo Instituts, Hans-Werner Sinn, als «grünes Paradoxon» bezeichnete Kollateralschaden einer einseitig übersteuerten Umweltgesetzgebung. Die Besitzer der Ölquellen werden bei absehbarer Verschärfung der Massnahmen mit einer Beschleunigung ihrer Förderung reagieren und damit preissenkend wirken, was den Verbrauch erhöht, weil vor allem Länder mit laxen Umweltgesetzen nun das billige Erdöl kaufen, sei es, um die heimische Bevölkerung mit billigem Heizöl oder Benzin zu befriedigen oder ihre Industrie mit billiger Energie zu subventionieren. In der Gesamtsumme erhöht sich der Ausstoss an Schadstoffen stärker denn je. Statt einer Schonung des edlen Rohstoffes, der aus der reduktiven Umwandlung maritimer Lebewesen im Verlauf von vielen Millionen Jahren entstanden ist, wird er jetzt noch schneller vergeudet. Dazu tragen auch allerlei Umgehungsmassnahmen bei. Solange der Ukrainekrieg wütet, wird Russland über seine Schattenflotte (unter falscher Flagge auf russischen Profit fahrende Dieseltanker) verbilligtes Erdöl um die Welt schippern, um seine Kriegskasse zu alimentieren. Da die Tanker meist Jahrzehnte auf dem Buckel haben und schlecht gewartet sind, ist das eine doppelte Gefahr für die Umwelt. Vor allem Indien, China, und andere asiatische Länder werden für den grössten Teil der Nachfrage sorgen. Das bedeutet aufgrund des langen Weges mehr Havarien, und das wird so lange geschehen, wie die Preise über den Grenzkosten für die teuerste Fördermethode inklusive der Transportkosten liegen.


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Das Titelbild ist eine modellierte Darstellung des Kampfes unseres Immunsystems gegen ein Virus. Immunglobuline (ypsilonförmig) und Zellsysteme attackieren den Feind.
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