Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Wagenknecht und die Ironie des Schicksals

Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Wagenknecht und die Ironie des Schicksals
Hoch geflogen – hart gelandet? Die Bundestagswahl wird es weisen: BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht. (Bild: bsw-vg.de)

Von Robert Jakob

So schnell kann’s gehen. Eben noch eine One Woman Show und mit der Eigenlobpartei BSW auf dem sicheren Sprung in den Deutschen Bundestag. Jetzt plötzlich Zitterpartie/Zitterpartei im Rahmen der vorgezogenen Neuwahlen. Das Bündnis um Sarah Wagenknecht könnte böse erwachen.

Schuld daran ist eine Überbesetzung. An den Ecken rechts und links hat es so viel Platz, dass das BSW plötzlich von extremer Rechten und extremer Linken zerrieben wird. Die AfD hat die Aufregung um Friedrich Merz’ Fünf-Punkte-Plan für eine schärfere Migrationspolitik genutzt, um sich als Mehrheitsbeschafferin zu profilieren. Sie wird am Deutschen Wahlsonntag viele Stimmen als Landesverteidigerin ernten. Wagenknecht konnte hingegen während der Wahlkampfphase nicht punkten, da ihr nichts Neues einfiel, als wiederholt vor Waffenlieferungen an die Ukraine zu warnen, die durch ihre Gegenwehr den Krieg unnötig verlängere.

Trumps Pläne, ein Grossteil der Amerikaner aus den Basen in Deutschland abzuziehen, passten zu gut zum Wunschkonzert, dass bereits beim Bundesparteitag der BSW von den Parteidelegierten skandiert wurde: «Ami, go home». Eine Floskel die in dieser kurzen oder etwas verlängerten Form von Wagenknechts besserer Hälfte und Einflüsterer Oskar Lafontaine, aber und auch von vielen anderen Verwandten im Geiste, wie Jürgen Elsässer vom Rechtsaussenschwurbelblatt Compact, nur zu gerne gebraucht wurde. Wagenknecht liess in der Vergangenheit kaum eine Gelegenheit aus, lauthals den Abzug der GIs aus Deutschland zu fordern, da diese ihrer Meinung nach ein Sicherheitsrisiko darstellten.

Weidel stielt Wagenknecht die Show

Vor so viel zur Schau getragener Amerikaphobie zollten Trump, Musk und jetzt ausgerechnet auch noch der Vize-Präsident Vance lieber der Frontfrau der AfD Alice Weidel Tribut, zumal diese nicht aufhörte, den neuen alten US-Präsidenten über den grünen Klee zu loben. Das Momentum von rechts lag plötzlich auf Seiten der Dame mit der schnippisch-kalten Diktion statt beim gerne ins Mikrofon brüllenden Traumpaar aus dem Saarland.

Trotzreaktion der Linken

Plötzlich kam dann auch noch von links ein ganz neuer Wind in Gestalt der totgeklaubten «Die Linke». Von deren neuen Spitzenkandidatenduo Heidi Reichinnek und Jan van Aken (Co-Vorsitzender) wurden alte, plakativ klassenkämpferische Parolen gedroschen. Aber dieses «Zurück-zu-den Wurzeln» kam besser an, als das ironisch-überhebliche Grinsen von Janine Wissner, der ehemaligen Co-Vorsitzenden und Vorgängerin von Ines Schwerdtner, der jetzigen Co-Vorsitzende der Linken zusammen mit van Aken. Letzterer hatte Sahra Wagenknecht in einer Wahltalkshow zugerufen «Halte mal den Mund». Seit der Abspaltung des BSW von der Linken, wirkt Wagenknecht auf deren Manager als rotes Tuch.

Bereits Monate zuvor hat der rhetorisch ungleich brillantere Gregor Gysi als «Leadsänger» des Silberlockentrios (Gysi, Bartsch und Ramelow bringen zusammen 210 Jahre auf die Bühne) die Stimmen der traditionellen Altlinken gebündelt. In der Folge der verwirrenden, aber letztlich sehr publikumswirksamen Politstrategie überschreitet die bereits totgeglaubte Linke kurz vor der Bundestagswahl wie Phönix aus der Asche bei Umfragen die Fünfprozenthürde. Eine Woche vor der Wahl bescheinigen die vier bekanntesten Meinungsforschungsinstitute der Bundesrepublik den Linken den Einzug in den Bundestag, sogar ohne dass es der drei zu gewinnenden Direktmandate der in ihren Wahlkreisen beliebten Gregor Gysi, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow bedürfe. Für die Linke wäre der Nicht-Einzug in den Bundestag auch eine finanzielle Katastrophe. Deshalb hat man schon früh auf die Doppelstrategie gesetzt. Dem BSW hingegen sagen Allensbach, Forsa, die Forschungsgruppe Wahlen und Infratest alle ein direktes Scheitern an der 5%-Schwelle voraus.

Kein Recht auf Minderheitenschutz

Zu allem Übel hatte das Erste Deutsche Fernsehen die BSW-Spitzenkandidatin nicht in die „Wahlarena 2025 zur Bundestagswahl“ eingeladen. Wagenknecht versuchte sich im Vorfeld bis zum Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in die Sendung zu klagen, blitzte aber ab. Die lakonische Begründung sinngemäss: die Wagenknecht-Partei wird im jetzigen Zustand für zu leicht befunden. Chancengleichheit bedeutet nicht, dass jede Partei auf dem Stimmzettel einfach genauso viel Redezeit im öffentlichen Rundfunk bekommt wie die Stimmschwergewichte. Sarah Wagenknecht muss, wie Christian Lindner, draussen bleiben.

2009 hatte die Linkspartei mit dem Spitzenduo Lafontaine und Gysi mit 11,9 Prozent ihr bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl. In der gegenwärtig aufgeheizten sozialen Stimmung in Deutschland sollten BSW und Die Linke als Nachfolgeparteien zusammengenommen etwa ebenso viele Stimmen erhalten. Allerdings wird vermutlich eine der beiden über die Klinge springen müssen und an der Fünfprozenthürde scheitern. Die Wahrscheinlichkeit ist extrem hoch, dass es das BSW ist, ist, denn im Populismuswettstreit, den sich ausnahmslos alle Parteien im Wahlkampf auf peinlichem Niveau bedienten, erfüllt allein die Linke die originelle Aussenseiterrolle des Rächers der Enterbten und der Willkommenskultur. Und da Sahra Wagenknecht ihr eigenes Milieu als Champagnerlinke verunglimpft hat, dürfte sich der Sukkurs aus den ehemals eigenen Reihen zum Überspringen der 5%-Hürde mit Hilfe der Zweitstimmen in Grenzen halten.


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