Von Robert Jakob
Treiber jeder Erholungsphase in den vergangenen Monaten waren die steigenden Opportunitätskosten. Sie wirkten wie ein Netz, das vor weiteren Kursverlusten schützt. Stellt sich nur die Frage, ob es nicht doch Löcher bekommen könnte.
Eine grosse Stütze für Aktien stellt im Moment der riesige Markt für Anleihen dar. Zehn- bis zwanzigprozentige Kursverluste für Bonds der führenden Industrienationen waren im abgelaufenen Jahr bis kurz vor Schluss die Regel. Selbst die jetzige Erholung fällt vor diesem Hintergrund bescheiden aus, bleiben doch die Realzinsen auf Bonds, selbst bei den Unternehmensanleihen, in der Regel negativ. Es mangelt für Anlagegelder schlicht an Alternativen. Das gilt vor allem in Europa, wo selbst mit italienischen Staatsanleihen nur gerade mal die Hälfte der aktuellen Inflation abgefedert werden kann.
Die Inflationsbekämpfung der Zentralbanken weist zwar erste Erfolge auf. Aber dahinter steckt der Basiseffekt. Wir sollten uns erinnern: Zu Weihnachten 2021 kam es zu einem ersten Inflationspeak. Auf Jahresbasis ist es daher kein Wunder, dass der Monatsvergleich gut ausfällt.
Fallende Preise in konjunkturabhängigen Rohstoffsektoren wie Energie und Industriemetalle reduzieren temporär den Anstieg der Gesamtinflation. Die reduzierte Nachfrage des wichtigen Rohstoffimporteurs China wirkt diesbezüglich disinflationär, weil das Land real bereits schrumpft. Das gerade publizierte Wachstum von 2,9 Prozent ist ein potemkinsches Dorf, und China dürfte trotz Abbau der Coronaeinschränkungen kurzfristig mit geringeren Wachstumsraten leben müssen. Mittelfristig wird China stärker wachsen, ohne jedoch die rekordhohen Wachstumsraten früherer Jahre von fast zehn Prozent zu erreichen.
In fast allen Ländern sorgen die hohen Zinsen für eine Abkühlung der Nachfrage, insbesondere in zins-sensitiven Sektoren wie Immobilien und Autos. Die Schwäche dieser Schlüsselbranchen färbt auf die Gesamtkonjunktur ab. Das bremst zwar alles die Teuerung. Allerdings werden sich halbierende Inflationsraten, eher bei 4 bis 5 Prozent einpendeln als knapp über 2.
Die Fress- und Reiseorgie nach Auslaufen der Coronamassnahmen dürfte auch durch die hohen Lebensmittelpreise ein Ende finden, weil die Ersparnisse wegschmelzen. Ende letzten Jahres kosteten Lebensmittel in Deutschland zwanzig Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Die jetzige Börsenrally wird in erster Linie vom Anlagenotstand getrieben. Die realen Wirtschaftsdaten sind (noch) ernüchternd, und es ist viel zu früh, aus den leicht gesunkenen fortlaufenden monatlichen Inflationsraten und verbesserten Stimmungsindikatoren die stabile Wende abzuleiten. Wenn aufgrund des Fachkräftemangels «Zweitrundeneffekte» auftreten, werden von FED über EZB bis SNB die Zinsschrauben nochmals angezogen. Ein deutliches Warnzeichen erkennt der Verbraucher auch in der Schweiz, wo Handwerker problemlos zweistellige Preiserhöhungen durchdrücken.
Fachkräftemangel, grüne Transformation und Ende der Globalisierung bleiben pendent und treiben weltweit die Preise. Wie in den 70er bis in die frühen 80er Jahre hinein, könnte es im schlimmsten Fall mehrere Wellen von finanzieller Straffung geben, die aktuell an den Finanzmärkten nicht richtig eingepreist sind. Wahrscheinlicher ist ein Nachjustieren der Zentralbanken, das die Anleger auf dem falschen Fuss erwischt, da sie sich durch die übertriebene Januar-Rallye für den Rest des Jahres in falscher Sicherheit wiegen. Hier dürften EZB und FED bald zeigen, wo der Hammer hängt. Die Anleger könnten dann mehrmals auf dem falschen Fuss erwischt werden. Die Notenbanken erreichen gemäss Projektionen der SNB bereits in einigen Monaten ihre Leitzinsgipfel. Die USA früher als der Euroraum und auf höherem Niveau. Allerdings mussten die Schweizer Notenbanker ihre Inflationsprognosen in den zurückliegenden Monaten schon mehrmals nach oben anpassen. Ein «Zweitwelleneffekt» ist also nicht auszuschliessen.
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