Roger Herzog, CEO Allreal im Interview

Roger Herzog, CEO Allreal im Interview
Allreal-CEO Roger Herzog. (Foto: Allreal)

Allreal-CEO Roger Herzog. (Foto: Allreal)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Herzog, nach zehn Jahren als Finanzchef von Allreal haben Sie Anfang Mai die Führung des Unternehmens übernommen. Welche persönliche Bilanz ziehen Sie nach den ersten Monaten im Amt?

Roger Herzog: Aufgrund meiner langjährigen Zugehörigkeit zur Gruppenleitung und der engen Zusammenarbeit mit meinem Vorgänger konnte ich in etwa abschätzen, was auf mich zukommt. Die Führung eines über so viele Jahre erfolgreichen börsenkotierten Unternehmens mit über 330 Mitarbeitenden ist zweifellos eine ebenso spannende wie herausfordernde Aufgabe. Allreal verfügt über einen ausgezeichneten Leistungsausweis, grosse Erfahrung in allen Tätigkeitsgebieten sowie über ebenso kompetente wie motivierte Mitarbeitende. Anpassungen der Strategie erachte ich deshalb nur punktuell als notwendig.

Ihr Vorgänger Bruno Bettoni hat das Unternehmen über Jahrzehnte geprägt. Während er aus der Baubranche kam, führt mit Ihnen nun ein Betriebsökonom das Unternehmen. Was ändert sich dadurch für Allreal?

Allreal kombiniert ein ertragsstabiles Portfolio mit der Tätigkeit des Generalunternehmers. An diesem bewährten Geschäftsmodell werden wir auch zukünftig festhalten.

Das erste Semester war für Allreal von markant höheren Mieterträgen und einmalig anfallende Gewinnen aus Verkäufen von Liegenschaften geprägt. Einen deutlichen Rückgang gab es hingegen beim Erfolg aus der Generalunternehmung. Welches waren die Gründe?

2014 verzeichnete das Portfolio der Renditeliegenschaften ein starkes Wachstum um rund 900 Millionen auf 3,5 Mrd Franken. Dieser Ausbau führte folgerichtig zum markanten Anstieg der Mieterträge. Anders als bei den Immobilien handelt es sich bei der Generalunternehmertätigkeit um ein Geschäft mit zyklisch anfallenden Gewinnen. Entsprechend gross können die Schwankungen sein. Im zweiten Halbjahr 2015 anstehende Eigentumsübertragungen werden sich jedoch ausgleichend auf das Resultat der Generalunternehmung auswirken.

«Im aktuellen Marktumfeld ist der Abbau von Leerständen eine ebenso anspruchsvolle wie aufwendige Aufgabe.»
Roger Herzog, CEO Allreal 

Die Leerstandsquote sank um 0,3 auf 7,6 % zurück. Was hat einen markanteren Rückgang verhindert?

Im aktuellen Marktumfeld ist der Abbau von Leerständen eine ebenso anspruchsvolle wie aufwendige Aufgabe. Bei den Büroflächen gestalten sich die Verhandlungen in der Regel sehr zeitintensiv und es dauert entsprechend lange, bis ein Abschluss zustande kommt. Ich bin aber zuversichtlich, dass unsere Anstrengungen kurz- bis mittelfristig zu weiteren Vertragsunterzeichnungen führen werden.

Das Angebot bei den Büroflächen ist insgesamt deutlich höher als die Nachfrage. Von welcher Entwicklung gehen Sie in diesem Bereich aus?

Aufgrund von neu auf den Markt kommenden Flächen ist von einer weiteren Verschärfung des Wettbewerbs auszugehen. In der Folge werden sich Erst- und Wiedervermietung unverändert schwierig gestalten. Beim herrschenden Überangebot und der immer noch relativ grossen Zahl von Neubauten gewinnt die Investition in bereits bestehende Flächen zunehmend an Bedeutung.

Am Schiffsbauplatz in Zürich realisiert Allreal ein Geschäftshaus mit fünf bis sechs Geschossen Büro- und Gewerbeflächen. Wie weit konnten diese Flächen bereits vermietet werden?

Die 10’700 Quadratmeter Bürofläche im Geschäftshaus am Schiffbauplatz sind bereits voll vermietet, ebenso ein schöner Teil der Gewerbeflächen im Erdgeschoss. Der Baustart für das Gebäude erfolgte im April 2015, die Fertigstellung ist für Ende 2017 geplant. Das Projekt auf dem 2002 erworbenen und grösstenteils immer noch industriell genutzten Escher-Wyss-Areal ist ein gutes Beispiel für die Opportunitäten, die sich aus der Kombination von Immobilien und Generalunternehmung ergeben.

Sie haben bei der Präsentation der Halbjahreszahlen den Trend zu Incentives angesprochen. Inwieweit folgt Allreal diesem Trend?

Mietfreie Zeiten von bis zu sechs Monaten, Beiträge an den Mieterausbau und kürzere Vertragslaufzeiten sind heute die Regel. Dieser Entwicklung können auch wir uns nicht entziehen.

Bei der Realisierung einer 2000-Watt-Gesellschaft kommt der Bauwirtschaft eine Schlüsselrolle zu. Das Engagement von Allreal zeigt sich u.a. bei der nachhaltigen Wohnüberbauung Eikenøtt in Gland oder dem Richti-Areal in Wallisellen. Welche Anforderungen stellen sich Allreal in diesem Bereich?

Bei Allreal basieren Entwicklung, Planung und Realisation von Projekten auf der Prämisse eines möglichst sparsamen Umgangs mit Ressourcen und einer minimalen Beeinträchtigung der Umwelt. Seit vielen Jahren ist Allreal Pionier und Wegbereiter von zukunftsweisenden Projekten, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch überzeugen. Daran soll sich auch zukünftig nichts ändern, denn in dieser Rolle fühlen wir uns wohl.

«Bei Allreal basieren Entwicklung, Planung und Realisation von Projekten auf der Prämisse eines möglichst sparsamen Umgangs mit Ressourcen und einer minimalen Beeinträchtigung der Umwelt.»

Welches sind über die Bausubstanz und die architektonische Gestaltung hinaus die Erfolgsfaktoren für eine gelungene Arealentwicklung?

Weitere Voraussetzungen für eine wirtschaftlich erfolgreiche Arealüberbauung sind ein städtebauliches Konzept, das sich an den lokalen Gegebenheiten orientiert, eine sorgfältige und überlegte Planung, ein hohes Qualitätsbewusstsein, profunde Kenntnisse des Marktes sowie der richtige Nutzungsmix.

Welches sind die aktuell bedeutendsten Projekte in der Allreal-Pipeline?

In Bülach planen wir auf einem 55‘000 Quadratmeter grossen Grundstück in Bahnhofsnähe eine Arealüberbauung mit rund 360 Miet- und Eigentumswohnungen sowie Büro- und Gewerbeflächen. Der Baubeginn ist abhängig vom Bewilligungsverfahren; wir hoffen auf einen Projektstart 2016. Darüber hinaus beschäftigen wir uns mit einer Vielzahl etwas kleinerer, deswegen aber nicht weniger interessanten Projekten, deren Entwicklung und Ausführung wir mit Hochdruck vorantreiben.

Nach einer etwas ruhigeren Phase ist der UBS-Immobilienblasenindex im 2. Quartal wieder deutlich angestiegen und auch der Immobilienreport von ETH und comparis.ch stellt eine regionale begrenzte Erhitzung des Marktes ein. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation ein?

Eine Immobilienblase gibt es nicht, denn die Übertreibungen beschränken sich auf wenige sogenannte Hotspots. Wir stellen vielmehr fest, dass die verschärften Finanzierungsrichtlinien für Wohneigentum zu einer deutlichen Beruhigung des Marktes geführt haben.

Von welcher Geschäftsentwicklung gehen Sie im weiteren Jahresverlauf aus?

Für das gesamte Geschäftsjahr 2015 gehen wir weiterhin von einem operativen Unternehmensergebnis aus, das mit demjenigen des Vorjahrs mindestens vergleichbar ist.

Herr Herzog, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Vorsitzender der Gruppenleitung seit 2015
Mitglied der Gruppenleitung seit 2004

Betr. oec. HWV, dipl. Wirtschaftsprüfer
2003: Eintritt in die Allreal Generalunternehmung AG als Leiter Rechnungswesen
1998–2003: PricewaterhouseCoopers, Manager Wirtschaftsprüfung und -beratung
1995–1998: Zürcher HWV, Ausbildung zum Betriebsökonomen
1988–1995: Schweiz. Kreditanstalt, Mitarbeiter Devisenhandel und kommerzielle Kredite
Kaufmännische Lehre

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