Roger und Marcel Baumer, operative Leiter und Mitinhaber Hälg Holding AG, im Interview
Roger (r.) und Marcel Baumer, operative Leiter und Mitinhaber Hälg Holding AG. (Foto: St. Galler Tagblatt/Hanspeter Schiess)
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Sie sind in der Kategorie «Industrie/High-Tech/Life Sciences» mit dem EY Entrepreneur Of The Year-Award 2015 ausgezeichnet worden. Als «schlicht vorbildlich» wird Ihre Unternehmensführung umschrieben. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie und Ihr Unternehmen?
Roger Baumer: Wir sind sehr stolz und haben riesige Freude. Aus Sicht des Unternehmens ist der Preis Bestätigung, dass wir unsere Sache bisher gut gemacht haben.
Was hat Sie dazu bewogen, am Wettbewerb teilzunehmen?
Marcel Baumer: Wir stehen mit unseren Dienstleistungen jeden Tag im harten Wettbewerb um Aufträge. Wir wollten uns auch mal gesamtunternehmerisch und mit Firmen aus anderen Branchen messen.
Sie haben die Leitung des Unternehmens 2008 übernommen und es in den letzten Jahren zu einem Gesamtdienstleister für gebäudetechnische Anlagen ausgebaut. Wie sieht Ihre Strategie für die kommenden Jahre aus?
Roger Baumer: Wir verfolgen eine differenzierte und profitable Wachstumsstrategie. Differenziert heisst, dass die Strategie auf die Geschäftsbereiche und die Bedürfnisse der jeweiligen Märkte ausgerichtet ist.
Die Hälg Holding ist in den letzten Jahren stark gewachsen, und Sie haben auch Zukäufe getätigt. Sind weitere Akquisitionen geplant und welche Ansprüche müssen für das Unternehmen dabei erfüllt sein?
Marcel Baumer: Wir schliessen das für die Zukunft nicht aus. Wir prüfen daher regelmässig Akquisitionsmöglichkeiten, um neue Standorte zu erschliessen oder aber unsere Dienstleistungsangebot an bestehenden Standorten zu erweitern oder zu ergänzen. Voraussetzung ist, dass ein Unternehmen profitabel arbeitet und eine gewisse Mindestgrösse hat.
«Eine effizient geplante und gebaute Anlage muss gewartet und professionell betrieben werden, damit sie auch effizient und damit umweltschonend bleibt.»
2015 dürfte für das Bauhauptgewerbe weniger erfolgreich ausfallen als die letzten Jahre, vor allem der Hochbau hat eingebüsst. Wie haben sich Ihre Geschäfte im laufenden Jahr entwickelt?
Roger Baumer: Die Offerttätigkeit und der Auftragseingang liegen über Vorjahr, obwohl sich der Wettbewerb weiter verschärft hat. Wir sind mit dem Jahr bis jetzt zufrieden.
Die Umwelt ist Ihnen ein besonderes Anliegen und das Unternehmen nimmt im Bereich der erneuerbaren Energien eine Vorreiterrolle ein. Wie zeigt sich dies in Ihren Projekten?
Marcel Baumer: Erneuerbare Energien sind heute im Neubau Standard. Herausfordernd war der Aufbau der entsprechenden Kompetenzen. Was wir immer wieder hervorheben, ist der Lebenszyklusgedanke. Eine effizient geplante und gebaute Anlage muss gewartet und professionell betrieben werden, damit sie auch effizient und damit umweltschonend bleibt.
Über die Energiequellen und eine gute Dämmung hinaus – was kann Gebäudeautomation für die Energieeffizienz leisten?
Roger Baumer: Untersuchungen zeigen, dass der Einsatz modernster Gebäudeautomation den besten ROI bei Gebäudesanierungen ergibt. Die Steuerung und Vernetzung trägt dazu bei, dass nur dann Energie verbraucht wird, wenn sie auch benötigt wird. So kann gerade die Vernetzung von Heizung, Lüftung/Klima und der Rolladen- sowie Lichtsteuerung einen enormen Effekt haben.
Im Zusammenhang mit Gebäudeautomation und Energieeffizienz ist vielfach auch vom Smart Home die Rede. Welche Möglichkeiten bieten sich im «intelligenten Haus» darüber hinaus?
Marcel Baumer: Systeme zu vernetzen und zu steuern. Wir können darüberhinaus auch sehr einfach Nutzungsdaten und Energiedaten sammeln, die wiederum zur Optimierung eingesetzt werden können. Wir gehen für die Zukunft davon aus, dass wir Gebäude energetisch zu ganzen Netzen zusammenfassen. Gebäude können darin Produzenten oder Bezüger sein. Das braucht natürlich sehr ausgefeilte Steuerungen.
«Untersuchungen zeigen, dass der Einsatz modernster Gebäudeautomation den besten ROI bei Gebäudesanierungen ergibt.»
Die Energiestrategie 2050 sieht eine Vielzahl Massnahmen vor. Kommt den Themen Gebäudetechnik und der energetischen Erneuerung des Gebäudeparks dabei ausreichende Bedeutung zu?
Roger Baumer: Rund 50% der Primärenergie wird für Gebäude verbraucht. Wir haben den Eindruck, dass dies auch in der Energiestrategie erkannt wurde.
Welche Lösungsansätze sind für Sie zentral?
Roger Baumer: Wir sehen drei Ansätze: Die Sanierung oder allenfalls der Ersatzneubau birgt bei knapp einer Million Gebäude, die älter als 25 Jahre sind, ein riesiges Potential. Zweitens muss der Aspekt des Lebenszyklus bestehender Gebäude in den Fokus rücken: Wartung, Unterhalt und Betrieb sind grosse Hebel. Drittens müssen wir weitere Fortschritte in der Automatisierung machen.
Das Potenzial ist riesig. Wie sehen Sie Ihr Unternehmen positioniert, daran zu partizipieren?
Marcel Baumer: Wir denken, wir sind dafür gerüstet. Und wo wir es noch nicht sind, arbeiten wir definitiv an unserer Fitness.
Ihnen ist die Ausbildung des Personals ein besonderes Anliegen. Hat die Gebäudetechnik-Branche genügend ausgebildete Leute, um die grossen Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen?
Roger Baumer: Auch wir stellen einen Fachkräftemangel fest und es wäre sehr wünschenswert, dass die Berufe unserer Branche das Renommé haben, das sie verdienen. Unser Handwerk ist wirklich anspruchsvoll und befriedigend: Man sieht am Abend, was man gemacht hat. Durch die Lehrlingsausbildung aber auch durch interne Weiterbildung stellen wir sicher, dass wir für zukünftige Anforderungen gerüstet sind. Und letztlich wollen wir ein guter Arbeitgeber sein, der für die Leute im Markt attraktiv ist.
Besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Roger (47) und Marcel Baumer (46) leiten seit 1998 leiten die Hälg Building Services Group seit 2008 und sind auch deren Besitzer. Sie sind die Urenkel des Firmengründers Ferdinand Hälg. Vor ihrem Eintritt in das familieneigene Unternehmen haben sie Berufs- und Führungserfahrungen in anderen Branchen und Unternehmen gesammelt. Marcel Baumer ist verheiratet und Vater von zwei Kindern, Roger Baumer hat ebenfalls zwei Kinder.
Zum Unternehmen:
Als Familienunternehmen in vierter Generation durch die Inhaber geführt, orientiert sich die Hälg Group an einer langfristigen und nachhaltigen Zielsetzung: Sie will das führende Schweizer Dienstleistungsunternehmen für Gebäudetechnik im Bereich Heizung, Lüftung, Klima, Kälte und Sanitär über den ganzen Lebenszyklus einer Anlage sein. Dies beinhaltet Consulting/Engineering, Anlagenbau und Service, Gebäudeautomation und integrales Facility Management. Die Unternehmensgruppe beschäftigt an zurzeit 19 Standorten in der Schweiz 890 Mitarbeitende und erzielte 2014 einen Umsatz von 298 Millionen Schweizer Franken. Zur Hälg Group gehören: Hälg Holding AG, Hälg & Co. AG, Klima AG, Zahn + Co. AG, Hälg Facility Management AG, Brunner Haustechnik AG und GOAG General Optimizing AG.