Der Komet, der aussieht wie eine Gummiente: Churyumov-Gerasimenko aus einer Distanz von 1000 km, von OSIRIS fotografiert. (Foto: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA)
Bern – Die Raumsonde Rosetta nähert sich heute auf 100 Kilometer ihrem Zielkometen «Chury» an. Nach zehn Jahren Reise kann sie mit dem Instrument ROSINA der Universität Bern bald die ersten Moleküle aus dem Gasschweif des Kometen «riechen».
«Wir haben die Umlaufbahn des Kometen Chury um die Sonne erreicht», sagt Kathrin Altwegg vom Center for Space and Habitability (CSH) der Universität Bern. Altwegg ist Projektleiterin des Instruments ROSINA, das am CSH entwickelt wurde und die Gase des Kometen untersuchen soll. ROSINA besteht aus zwei Massenspektrometern und einem Drucksensor und soll unter anderem die Frage beantworten, ob Kometen Wasser und organische Moleküle auf die Erde gebracht haben. Organische Moleküle dienten als Grundbausteine für die Entwicklung von Leben auf der Erde.
Im Endanflug langsamer als ein Fussgänger
Auf der Umlaufbahn des Kometen Churyumov-Gerasimenko wird Rosetta abgebremst, da sie sonst an ihrem Ziel vorbeischiessen würde. Ihre Relativgeschwindigkeit zum Kometen beträgt nun weniger als einen Meter pro Sekunde. «Das sind unter drei Kilometer pro Stunde, sie ist also langsamer unterwegs als ein Fussgänger», sagt Annette Jäckel, wissenschaftliche Mitarbeiterin im ROSINA-Projekt. Rosetta wird nun für längere Zeit über dem Kometen auf der Sonnenseite fliegen.
«Für die nächsten zwei Wochen schauen wir uns den Kometen aus einer Distanz von 100 Kilometern an», sagt Jäckel. «Das entspricht dem Alpenmassiv Eiger, Mönch und Jungfrau von Zürich aus gesehen.» Dann nähert sich Rosetta auf eine Distanz von 50 Kilometern – was einer Distanz von Bern aus entspricht – bis sie Anfang September in eine gebundene Umlaufbahn um den Kometen einbiegen wird, was einer Distanz von 30 Kilometern oder Thun entspricht.
Auf der Suche nach einem Landeplatz
Rosettas erstes Ziel in dieser Phase ist es, den Kometen dreidimensional zu vermessen und einen Landeplatz für das Landemodul «Philae» zu finden, das im November auf dem Kometen aufsetzen wird. Für die Vermessung kommt Rosettas hochauflösende Kamera OSIRIS zum Einsatz. Ebenfalls mit Berner Beteiligung: OSIRIS wurde von Nicolas Thomas vom CSH mitentwickelt. «Die Bilder zeigten bereits, dass der Komet eine aussergewöhnliche, zweigeteilte Form hat. Ausserdem sehen wir Hinweise auf einzelne Eisflächen und auf ein Ausgasen der Oberfläche», sagt Thomas.
Der Landeplatz soll auf der Sommerhalbkugel des Kometen liegen, damit das Landemodul seine Batterien aufladen kann, sodann darf es nicht zu viele Löcher und Steine geben, ebenso keine Krater. «Auch nicht zu viel Gas, damit das Landemodul nicht weggeblasen wird – und das zu prüfen, ist wiederum eine Aufgabe für ROSINA», sagt Jäckel. ROSINA hat bereits während der Reise zum Kometen Messungen vorgenommen und funktioniert laut ihrem «Betreuer-Team» gut. «Mit grosser Wahrscheinlichkeit können wir spätestens Mitte August bereits die ersten kometären Moleküle messen», freut sich Jäckel. «Jetzt geht es definitiv los!»
Die Untersuchungen des Berner Teams
Das Berner Team hat viel zu tun: Es gilt in den nächsten Wochen und Monaten die Messungen von ROSINA gemäss den wissenschaftlichen Vorgaben vorzubereiten und zu testen, sowie die bereits erhaltenen Messdaten auszuwerten. ROSINA (das Rosetta Orbiter Spektrometer für Ionen- und Neutralgas-Analyse) ist eines der Schlüsselexperimente der Rosetta-Mission. Die beiden Massenspektrometer und der Drucksensor bestimmen unter anderem die molekulare Zusammensetzung der Koma, der Gasschicht um den Kometenkern, sowie die Temperatur und Geschwindigkeit des Gases. Dies gibt Aufschlüsse über den Ursprung von Kometen und damit auch auf den Ursprung unseres Sonnensystems.
OSIRIS ist das wichtigste bildgebende System von Rosetta und besteht aus einer Weitwinkel- und einer Engwinkelkamera mit gemeinsamer Steuerung. Es ermöglicht hochauflösende Bilder vom Kometenkern und der Koma, die vom CSH gemeinsam mit einem internationalen Team ausgewertet werden. (Universität Bern/mc/pg)