Teheran – Der iranische Präsident Hassan Ruhani hat die vom G7-Gipfel ausgehenden Hoffnungen auf ein baldiges Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump gedämpft. Er stehe grundsätzlich bereit, doch vor einem Treffen solle Trump die Sanktionen gegen den Iran aufheben. «Falls dies passiert, könnte man über weitere positive Entwicklungen reden», sagte Ruhani am Dienstag. «Lediglich ein paar Bilder mit Hassan Ruhani zu machen, das geht nicht.»
Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte in Absprache mit Trump den iranischen Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif nach Biarritz eingeladen und damit den iranisch-amerikanischen Konflikt prominent auf die Tagesordnung des G7-Gipfels gesetzt. Zum Gipfel selbst kam Sarif nicht. Doch Trump sprach danach von einer «sehr guten Chance» für ein Treffen mit Ruhani, der Ende September zur UN-Vollversammlung nach New York reisen will.
Atomabkommen einseitig aufgekündigt
Trump hatte die USA aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran zurückgezogen, das dem Iran ein ziviles, aber kein militärisches Atomprogramm zugesteht. Er versucht mit Sanktionen, die iranische Energie- und Finanzwirtschaft zum Erliegen zu bringen, um Teheran zu weitergehender Abrüstung und zu Zurückhaltung in Bezug auf arabische Staaten zu zwingen. Trump sagte, ein neues, langfristigeres Abkommen mit dem Iran müsse auch ballistische Raketen betreffen. Er bietet Teheran im Gegenzug ein Ende der Strafmassnahmen und damit die Chance auf wirtschaftliche Entwicklung an.
«Washington sollte seine Iran-Politik rundum revidieren», sagte Ruhani. Dazu gehörten die Anerkennung der Islamischen Republik als ein souveräner Staat, Respekt für Regierung und Volk des Irans sowie die Rückkehr zum Wiener Atomabkommen. «Der Schlüssel zum Erfolg liegt nun in Washington», sagte der Präsident.
Die Sorgen im Westen wegen einer möglichen iranischen Atombombe nannte Ruhani unbegründet. «Atombomben und chemische Waffen spielen in der iranischen Verteidigungsdoktrin keine Rolle», sagte der Kleriker. Dies habe nichts mit den amerikanischen Forderungen zu tun, sondern sei auch aus religiösen Erwägungen ein Grundsatz im Iran.
«Wollen keine Probleme schaffen, sondern sie lösen»
Der Iran habe in den letzten Jahren gezeigt, dass er für Verhandlungen offen sei. Das Wiener Abkommen sei ein klarer Beweis für diesen Kurs. «Wir wollen keine Probleme schaffen, sondern sie lösen», sagte Ruhani. Dies gelte auch im Konflikt mit den USA.
Am Montag hatte Ruhani angedeutet, dass er sich auch mit Trump treffen würde, falls das die Probleme der Iraner lösen könnte. Verhandlungen könnten zwar niemals einen hundertprozentigen Erfolg bringen, «aber auch 20 Prozent sind besser als nichts».
Der Iran steckt wegen der US-Sanktionen in einer akuten Wirtschaftskrise. Die nationale Währung Rial ist nur noch die Hälfte wert. Besonders hart für den Iran sind die Öl- und Banksanktionen. Der Ölexport ist die Haupteinnahmequelle des Landes.
Laut Ruhani wird der Iran noch bis nächsten Monat abwarten. Werde bis dahin keine für den Iran vorteilhafte Lösung gefunden, werde Teheran am 6. September die dritte Phase seines Teilausstiegs aus dem Atomabkommen beginnen. Dann soll die im Deal vorgeschriebene Obergrenze der Urananreicherung von 3,67 Prozent auf 20 Prozent erhöht werden. Diese Obergrenze gehört zu den Kernpunkten der Vereinbarungen, um den Bau einer iranischen Atombombe zu verhindern.
Irans Aussenminister in Peking
Nach seinem Frankreichbesuch suchte Aussenminister Sarif in Peking die Unterstützung Chinas im Konflikt mit den USA. Peking begrüsse, dass Teheran das Atomabkommen «getreu umgesetzt» habe, sagte Aussenminister Wang Yi am Montagabend bei einem Treffen mit Sarif in Peking. China verstehe, dass der Iran legitime Forderungen habe.
Sarif wollte in China einen Fahrplan für eine «umfassende strategische Partnerschaft» beider Staaten präsentieren. Anschliessend wollte er nach Japan und Malaysia weiterreisen. Zuvor hatte Sarif bereits Finnland, Schweden und Norwegen bereist.
Der Iran und die USA sind seit der islamischen Revolution 1979 und dem Sturz der von Washington unterstützten Monarchie verfeindet. Seit dem Besuch von US-Präsident Jimmy Carter beim letzten Schah 1977 gab es kein bilaterales Spitzentreffen mehr. Trumps harter Sanktionskurs hatte zuletzt sogar Befürchtungen einer militärischen Konfrontation genährt, zumal der Iran mit der Schliessung der Strasse von Hormus für den Öltransport drohte. Beim G7-Gipfel wurden versöhnlichere Töne angeschlagen. (awp/mc/ps)