Saudi-Arabien will die Megacity der Zukunft in die Wüste bauen: „The Line“, 200 Meter breit, 170 Kilometer lang. In Venedig werden Entwürfe für das Innere der Bandstadt präsentiert. Es erinnert an den Futurismus vergangener Jahrzehnte.
Das Meerwasser schwappt sacht an die Mole des neuen Superhafens heran. Luxusyachten und Kreuzfahrtschiffe ankern in langen Schlangen vor den Anlegern. Dahinter erhebt sich eine silbern verspiegelte Hochhauskulisse mit Skylobbys, Hochbrücken, hängenden Gärten und Wasserfällen.
Zwar handelt es sich hier nur um das begehbare Grossmodell der neuen Zukunftsstadt Neom, die 2030 in Saudi-Arabien Wirklichkeit werden soll. Doch das Wasser vor diesem raumhohen Bühnenbild mit den Spielzeugschiffen ist schon heute echt. Es ist der Canal Grande in Venedig, der an der Schwelle des Ausstellungspalastes vorbeifliesst. Im ehemaligen Kloster San Gregorio neben Longhenas Salute-Kirche hat das saudische Königshaus mit Riesenaufwand auf tausend Quadratmetern eine Musterschau ihres Phantasieprojektes eingerichtet, das dort noch bis Ende September zu sehen ist.
Hier das im neunten Jahrhundert gebaute Kloster am noch viel älteren Canal, dort das kaum fünf Jahre alte Neom-Projekt, das auf der diesjährigen Architekturbiennale frech verkündet: „Die traditionellen Städte der westlichen Zivilisation haben keine Zukunft mehr – Neom ist die Stadt der Freidenker für die wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.“