Schlechte Führung ist für Schweizer Berufstätige K.-o.-Kriterium Nummer eins
Zürich – Anhaltend tiefe Arbeitslosenquoten und ein sich verschärfender Fachkräftemangel halten Schweizer Unternehmen auf Trab. Mehr Lohn alleine reicht nicht mehr aus, um Mitarbeitende für sich zu gewinnen. Ein schlechter Führungsstil und unpassender Standort sind Killerkriterien, die Schweizer Berufstätige trotz mehr Geld von einer neuen Stelle fernhalten. Gewinnen und im Unternehmen halten lassen sich Beschäftigte mittels flexiblerer Arbeitszeitgestaltung. Auch eine Vier-Tage-Woche bei gleichem Lohn wäre für die meisten attraktiv. Dies geht aus einer repräsentativen Befragung des Online-Recruiting-Spezialisten «onlyfy by XING» bei mehr als 1000 Berufstätigen in der Deutschschweiz hervor.
Um neue Mitarbeitende für sich zu gewinnen, setzen Unternehmen zunehmend auf neuartige Arbeitsmodelle und Benefits. Onlyfy wollte wissen, welche dieser Massnahmen bei Berufstätigen in der Schweiz tatsächlich ankommen und was die «No-Gos» sind, die sie trotz mehr Lohn von einer neuen Stelle fernhalten.
«No Deal»: Schlechter Führungsstil schreckt Kandidatinnen und Kandidaten ab
Was hält Arbeitnehmende trotz höherem Lohn von der Bewerbung bei einem Unternehmen ab? Ein schlechter Führungsstil, sagt mehr als die Hälfte der Befragten (58 Prozent). Auch ein unpassender Standort (57 Prozent) und schlechte Erfahrungen von Freunden oder Bekannten mit dem Arbeitgeber (55 Prozent), dicht gefolgt von einer schlechten Unternehmenskultur (54 Prozent), halten Kandidatinnen und Kandidaten von einem potenziellen Arbeitgeber fern.
Beim Faktor Standort gibt es Unterschiede zwischen den Altersgruppen. So sind es bei den 18- bis 29-Jährigen 47 Prozent, die sich durch einen unpassenden Standort von einer Bewerbung abhalten lassen, selbst wenn der neue Job besser bezahlt ist. Bei den 30- bis 49-Jährigen sind es mehr als die Hälfte (55 Prozent) und bei den über 50-Jährigen sogar fast zwei Drittel (64 Prozent), für die der Standort des Arbeitgebers ein entscheidendes Kriterium darstellt.
Auch eine schlechte Unternehmenskultur schreckt vor allem ältere Berufstätige stärker ab. 61 Prozent der über 50-Jährigen würden sich nicht auf eine Stelle mit besserem Lohn bewerben, wenn die Unternehmenskultur nicht passt. In der jüngsten Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen sind es im Vergleich nur 43 Prozent. Zudem ist für Personen mit höherem Bildungsabschluss eine schlechte Unternehmenskultur deutlich häufiger ein No-Go (62 Prozent) als für Personen mit formal niedrigerem Abschluss (47 Prozent).
Fehlende Möglichkeiten für Homeoffice oder Remote Work halten rund ein Viertel (27 Prozent) der Befragten von einer Bewerbung bei einem neuen Arbeitgeber ab, auch wenn im Gegenzug mehr Lohn winkt. Beträchtliche Unterschiede im Hinblick auf die Bedeutung flexibler Arbeitszeitmodelle gibt es zwischen den verschiedenen Karrierestufen. Während der Verzicht auf Homeoffice nur für 22 Prozent der Fachkräfte ein No-Go ist, lassen sich im mittleren Management 39 Prozent davon abschrecken, wenn es um die Wahl eines neuen Arbeitgebers geht.
«Ein schlechter Führungsstil ist für Schweizer Berufstätige das Killerkriterium schlechthin. Die gute Nachricht: Unternehmen können eine positive Führungskultur aktiv fördern. Ein ehrlicher Blick auf die eigene Firma lohnt sich deshalb, um sich möglicher Schwächen bewusst zu werden. Beim Kriterium Standort wird es schwieriger, schliesslich lässt sich dieser oftmals nicht so einfach ändern. Mit der Möglichkeit, ortsunabhängig zu arbeiten, können Standortnachteile aber ausgeglichen werden», sagt Frank Hassler, Vorstand der NEW WORK SE, zu der auch die Marke onlyfy by XING gehört.
Attraktivität als Unternehmen steigern: Flexible Arbeitszeit ist Trumpf
Der Fachkräftemangel und eine anhaltend tiefe Arbeitslosenquote veranlassten Unternehmen in den vergangenen Jahren dazu, über neue Arbeitsmodelle nachzudenken. Für 61 Prozent der Berufstätigen gewinnt ein Arbeitgeber an Attraktivität, wenn er eine flexible Arbeitszeitgestaltung ermöglicht. Bei Arbeitnehmenden ab 30 Jahren kommt das besonders gut an. Eine Vier-Tage-Woche bei gleichem Lohn würde das Unternehmen für insgesamt 59 Prozent der Befragten interessanter machen. Die Möglichkeit für Homeoffice wird von knapp der Hälfte der Befragten (47 Prozent) als attraktivitätssteigernd empfunden, in der Altersgruppe der 30 bis 49-Jährigen wird das Homeoffice von 52 Prozent besonders geschätzt. Jeweils rund ein Viertel der Befragten findet, dass mehr Gehaltstransparenz (27 Prozent) und die Möglichkeit für eine längere Auszeit, z.B. in Form eines Sabbaticals (26 Prozent), einen Arbeitgeber attraktiver machen.
Die Möglichkeit einer «Workation», bei der zeitweise aus dem Ausland gearbeitet werden kann, kommt vor allem bei den Jüngeren gut an. Während sich damit für 28 Prozent der 18- bis 29-Jährigen und 26 Prozent der 30- bis 39-Jährigen die Attraktivität eines Arbeitgebers steigern lässt, wirkt sich dieser Anreiz nur für 15 Prozent der über 50-Jährigen attraktivitätssteigernd aus. Auch mit Fitness- und Yoga-Angeboten im Unternehmen lassen sich vor allem jüngere Arbeitnehmende anlocken. 32 Prozent der 18- bis 29-Jährigen sehen darin einen Benefit. Mit fortschreitendem Alter der Befragten schwächt sich die Attraktivität aber merklich ab. So geben nur noch 13 Prozent der über 50-Jährigen an, dass entsprechende Sportangebote einen Arbeitgeber für sie attraktiver machen.
«Mit neuen Arbeitsmodellen und Benefits können Arbeitgeber ihre Attraktivität steigern. Unternehmen sollten sich aber bewusst sein, dass nicht alle Massnahmen auf alle Kandidatinnen und Kandidaten in gleicher Weise wirken. Die Möglichkeit einer Workation kann Sinn ergeben, um insbesondere junge Kandidatinnen und Kandidaten für sich zu gewinnen, wohingegen für die Suche nach Fach- und Führungskräften mit langjähriger Erfahrung andere Massnahmen zielführender sind», so Frank Hassler weiter. (mc/pg)