Zürich – Frauen sind in der Geschäftsleitung von Schweizer Top-Unternehmen im internationalen Vergleich untervertreten. Laut einer Studie ist bei diesem Thema zudem nur wenig Bewegung auszumachen.
Der Frauenanteil in den Führungsetagen der 20 Unternehmen im Börsenbarometer SMI beträgt aktuell 13 Prozent. In den skandinavischen Ländern, aber auch in den Nachbarländern Frankreich, Deutschland und Italien ist der vergleichbare Wert höher.
Am höchsten ist er in den untersuchten Ländern konkret mit 29,6 Prozent in den Unternehmen im norwegischen OBX-Index, wie aus einer Erhebung der Personalberatungsfirma Russell Reynolds hervorgeht. Die britischen Unternehmen im FTSE-100-Index erreichen den zweiten Platz, dort besetzen Frauen rund ein Viertel der Geschäftsleitungspositionen.
In Frankreich sind gut ein Fünftel der Jobs in der Teppichetage des im CAC-40-Index gelisteten Unternehmen weiblich besetzt. Im deutschen DAX 30 sind es 15,3 Prozent und im italienischen FTSE MIB mit 13,1 Prozent ganz knapp mehr als in der Schweiz.
Richtwert erst in Jahren erreichbar
Seit dem 1. Januar gilt für börsenkotierte Unternehmen in der Schweiz ein Geschlechterrichtwert. Demnach sollen in den Verwaltungsräten mindestens 30 und in den Geschäftsleitungen mindestens 20 Prozent Frauen vertreten sein. Werden diese Richtwerte nicht eingehalten, ist das Unternehmen verpflichtet, im Geschäftsbericht die Gründe anzugeben und Massnahmen zur Verbesserung darzulegen.
Diese Berichterstattungspflicht beginnt allerdings für die Geschäftsleitungen erst 2031. Geht es im aktuellen Tempo weiter, dürfte dieser Zeithorizont dennoch eng werden: Bis jedes einzelne SMI-Unternehmen die Quote von 20 Prozent erreicht, würde es laut dem Bericht von Russell Reynolds bei der aktuellen Veränderungsgeschwindigkeit nämlich 20 Jahre dauern.
Denn dazu müssten im Vergleich zu heute 21 zusätzliche Frauen in die Geschäftsleitungen einziehen. Im letzten Jahr ist unter dem Strich aber nur eine Frau dazugekommen. Fünf Chefinnen sind zwar neu in der Geschäftsleitung von SMI-Unternehmen: bei ABB Personalchefin Carolina Granat, bei Lonza Personalchefin Caroline Barth, bei Sika Personal- und Compliancechefin Raffaela Marzi, bei der Zurich Lateinamerikachefin Laurence Maurice sowie Asien/Pazifik-Regionalleiterin Tulsi Naidu.
Gleichzeitig sind aber mit ABB-Personalchefin Sylvia Hill, Richemont-Personalchefin Sophie Guieysse, Zurich-Lateinamerikachefin Claudia Dill und Zurich-Nordamerikachefin Kathleen Savio auch vier Frauen aus der Geschäftsleitung von SMI-Unternehmen ausgetreten.
17 der weiblichen Top-Managerinnen von SMI-Unternehmen haben eine zentrale Funktion inne wie das Personalwesen oder die Rechtsabteilung, sechs sind Leiterinnen von Divisionen oder geografischen Regionen und eine, nämlich Géraldine Picaud von LafargeHolcim, ist Finanzchefin. Auf Stufe CEO gibt es im SMI keine einzige Frau.
SMIM mit noch tieferem Anteil, aber mehr Dynamik
Noch etwas tiefer als bei den SMI-Unternehmen ist der Frauenanteil bei den 30 Unternehmen, die im kleineren SMIM-Index gelistet sind. Bei diesen Firmen ist sogar nur jedes zehnte Geschäftsleitungsmitglied eine Frau.
Hier war allerdings laut der Studie eine viel schnellere Veränderung im letzten Jahr zu beobachten. Es wurden nämlich fast ein Viertel der freigewordenen Stellen mit Frauen besetzt. Drei weitere Neubesetzungen mit Frauen sind zudem angekündigt. Diese eingerechnet machte der Frauenanteil in der Chefetage von SMIM-Unternehmen vergangenes Jahr einen Sprung von 7,8 auf 12,6 Prozent.
Zudem gibt es hier mit Magdalena Martullo-Blocher von Ems-Chemie immerhin eine weibliche CEO. Fünf SMIM-Unternehmen haben zudem den Frauenanteil von 20 Prozent in der Geschäftsleitung bereits erreicht. Mit vier weiblichen von sieben Geschäftsleitungsmitgliedern hat der Bankensoftwareentwickler Temenos mit 36 Prozent den höchsten Wert. (awp/mc/ps)