Schweizer Büromarkt mit zwei Gesichtern
Zürich – Der Schweizer Büromarkt zeigt gegenwärtig zwei Gesichter. Einerseits befinden sich zentrale Lagen im Aufwind, werden in gewissen Innenstädten Büroflächen sogar knapp und lassen sich steigende Mietpreise beobachten. Andererseits prägen hohe Angebotsquoten und eine schwierige Vermarktung die äusseren Büromärkte der Grosszentren. Das Preis- und Leerstandsgefälle zwischen Zentrum und Peripherie dürfte sich daher im Zuge der in Gang befindlichen Konjunkturabkühlung noch mehr akzentuieren. In den Westschweizer Büromärkten Lausanne und Genf hat eine erhöhte Bau- und Planungstätigkeit die Summe der angebotenen Büroflächen weiter ansteigen lassen. Dagegen konnten diese in den Innenstädten von Zürich und Bern deutlich reduziert werden. Gemäss den neuesten Daten zu den bewilligten Bauvorhaben dürfte die Projektpipeline inskünftig markant kleiner ausfallen, was eine Fortsetzung der Erholung sicherstellen dürfte. Zu diesem Schluss kommt die neueste Studie der Credit Suisse-Ökonomen zum Schweizer Immobilienmarkt.
Gemäss der heute publizierten Studie «Büroflächenmarkt Schweiz 2020» befinden sich zentrale Lagen stark im Aufwind. Die gute Konjunktur 2018 hat massgeblich zur Erholung der Büroflächenmärkte beigetragen. Die Erholung hat jedoch nicht gleichermassen den ganzen Büromarkt erfasst. Insbesondere in den äusseren Kreisen der einzelnen Büroflächenmärkte ist das Volumen der angebotenen Büroflächen weiter im Steigen begriffen. Aufgrund der in Gang befindlichen Konjunkturabkühlung droht damit die Erholung der Büromärkte nicht bis in die Ränder der Büromärkte vordringen zu können. Zwar rechnen die Ökonomen der Credit Suisse für das Jahr 2020 wiederum mit einer positiven Zusatznachfrage nach Büroflächen, diese dürfte sich aber nur noch auf rund 253’000 m2 belaufen, was deutlich weniger ist als die 551’000 m2 im Jahr 2018. Damit dürfte sich das bestehende Gefälle zwischen Zentrum und Peripherie der Büromärkte inskünftig weiter akzentuieren.
Beschleunigte Flächenabsorption in den Innenstädten
Die Belebung der Büroflächennachfrage hat insbesondere in den Innenstädten zu einer beschleunigten Absorption der verfügbaren Büroflächen geführt. Die Unternehmen mieten verstärkt Büroflächen an guten Lagen, da sie im Wettbewerb um Fachkräfte gefordert sind, ihren Mitarbeitern attraktive Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Mit Ausnahme von Genf, das nach wie vor unter dem Strukturwandel des Bankensektors leidet, sind in allen anderen Grosszentren die angebotenen Flächen in der Innenstadt gesunken. Dazu trägt auch die Nachfrage zahlreicher neuer Coworking Anbieter bei, die typischerweise zentrale Standorte bevorzugen. In Zürich, wo die Erholung des Büromarktes bereits am weitesten fortgeschritten ist, müssen sich die Mieter in der Innenstadt bereits beeilen, wollen sie noch Flächen an guten Lagen anmieten.
Koexistenz von Knappheit und Überangebot
In den äusseren Büromärkten der Grosszentren herrscht dagegen zumeist ein anderer Zustand. Die Nachfrage präsentiert sich wenig dynamisch, weshalb die Absorption von neuen Flächen stockt. Etliche Flächen sind seit Jahren auf dem Markt ohne erkenntlichen Fortschritt in der Vermarktung. Früher oder später werden solche Flächen einer Umnutzung zugeführt. Das lässt sich gegenwärtig vor allem auf dem Platz Bern beobachten, weil dort die Nachfrage nach grösseren Flächen sehr flau ist. Das billige Geld hat überdies bewirkt, dass diverse Entwicklungsvorhaben ebenfalls um die Gunst der Flächennachfrager buhlen. Weil diese neuen Flächen an zumeist gut erschlossenen Lagen entstehen – vielfach im mittleren Büromarkt, d.h. näher am Zentrum gelegen – geraten die Flächen an den Rändern noch mehr unter Druck, was deren Eigentümer zu Preissenkungen zwingt. Vor allem in Genf und Lausanne ist eine erhöhte Planungs- und Bauaktivität festzustellen, welche das Flächenangebot zusätzlich aufbläht. Insgesamt hat daher das Flächenangebot in der Schweiz leicht auf 5.2% zugenommen.
Tiefere Bautätigkeit hat vor allem in Bern und Zürich die Leerstände reduziert
Interessant ist, dass sich die einzelnen Büromärkte der fünf Grosszentren abgesehen von einem ähnlichen Zentrum-Peripherie-Gefälle insgesamt sehr unterschiedlich entwickeln. Während sich das Total der ausgeschriebenen Flächen in Zürich und Basel und halbwegs auch in Bern im Vergleich zum Vorjahr nicht gross verändert hat, stechen Genf und Lausanne mit stark steigenden Flächenangeboten hervor. Die beiden Westschweizer Büromärkte weisen inzwischen auch die höchsten Angebots-quoten auf. In Lausanne ist sie seit dem Vorjahr von 5.8% auf 8.2% und in Genf sogar von 9.5% auf 11.9% gestiegen (Abbildung). Während in Lausanne die Nachfrage relativ intakt ist und insbesondere eine kräftige Bau- und Planungstätigkeit zum erhöhten Flächenangebot beiträgt, ist es in Genf eher eine flaue Nachfrage die ungünstig mit diversen Entwicklungsprojekten zusammenfällt. Auslöser dieser Entwicklungen in Genf, die teilweise eine Neuordnung der Standortqualitäten mit sich bringen, ist die Eröffnung der neuen Bahnlinie des Leman Express. Den Deutschschweizer Zentren gemeinsam ist, dass deren geplanten Investitionen in Büroflächen schon seit längerem rückläufig sind. Das hat mitgeholfen, dass die Leerstände vor allem in Bern und Zürich deutlich abgenommen haben.
Schwache Projektpipeline dürfte Fortsetzung der Erholung sicherstellen
In den letzten Jahren konnte auf dem Büroflächenmarkt trotz den Überangebotstendenzen eine erstaunlich hohe Bau- und Planungsaktivität festgestellt werden. Dies dürfte ein Grund gewesen sein, weshalb die Erholung auf dem Büroflächenmarkt noch nicht alle Geschäftsviertel gleichermassen erreicht hat. Am aktuellen Rand lässt sich nun aber ein markanter Rückgang der Bauvorhaben erkennen. Das in den letzten 12 Monaten bewilligte Investitionsvolumen in Büroflächen ist auf den tiefsten Stand seit 19 Jahren gesunken. Es liegt schweizweit um knapp 22% unter dem langfristigen Mittelwert, in den Grosszentren sogar knapp 41% darunter. Mittelfristig dürfte damit eine schwächere Flächenproduktion eine Fortsetzung der Erholung auf dem Büromarkt gewährleisten.
Büros bieten derzeit eine interessante Investitionsalternative
In einem Umfeld weiterhin tiefer Zinsen bieten steigende Mietpreise und eine mittelfristig beschränkte Zahl neuer Flächen interessante Aussichten für Investoren. Mit Ausnahme von Genf, das offensichtlich noch etwas länger braucht für eine umfassende Erholung, bieten sich Investitionen in Büroliegenschaften gute Perspektiven, sofern sie sich nicht zu sehr auf die äusseren Büromärkte konzentrieren. (Credit Suisse/mc/ps)