Schweizer M&A-Aktivität im Q3 relativ stabil
Zürich – Die M&A-Aktivitäten in der Schweiz haben sich im 3. Quartal mit Blick auf die Zahl der M&A-Transaktionen recht stabil entwickelt. Mit rund 220 angekündigten Transaktionen blieb die Gesamtzahl aller Transaktionen im Vergleich zu den beiden ersten Quartalen des Jahres 2011 fast unverändert. Dagegen sank das offengelegte Gesamtvolumen aller Transaktionen im 3. Quartal 2011 gegenüber dem 2. Quartal 2011, entspricht jedoch in etwa dem Volumen desselben Vorjahresquartals.
Dazu Jürg Stucker, Leiter Mergers & Acquisitions bei Ernst & Young Schweiz: «Der Rückgang des durchschnittlichen Transaktionsvolumen hängt vor allem mit der jüngsten Volatilität am Aktienmarkt und der gestiegenen Konjunkturunsicherheit zusammen. Diese Faktoren haben zu einer deutlichen Zunahme der Zahl kleiner und mittlerer Transaktionen geführt.»
Aker-Deal durch Transocean grösste Übernahme im Q3
Im Vergleich zum Vorquartal erhöhte sich die Zahl der kleinen Transaktionen im 3. Quartal 2011 erheblich. So stieg der Anteil der Transaktionen in der Kategorie unter USD 50 Mio. von 41% auf 57% aller angekündigten M&A-Transaktionen. Grosstransaktionen mit einem Volumen von über USD 250 Mio. gingen dagegen von 32% auf 21% zurück. Der Anteil mittelgrosser Transaktionen mit einem Volumen von USD 50 Mio. bis 250 Mio. sank von 27% auf 23% aller angekündigten Transaktionen mit offengelegtem Transaktionswert. Die angekündigte Übernahme des Offshore-Ölbohrunternehmen Aker Drilling durch Transocean zu einem Transaktionswert von USD 3,4 Mrd. stellte die grösste Transaktion im 3. Quartal 2011 dar. Sie nimmt unter den fünf grössten Transaktionen, die seit Beginn des Kalenderjahres 2011 verzeichnet wurden, Platz drei ein. Zudem kündigte Nestlé im Juli 2011 die Übernahme einer Beteiligung von 60% an dem in China beheimateten Süsswarenhersteller Hsu Fu Chi an. Die Transaktion hat ein Volumen von fast USD 1,8 Mrd.
Mit 19% war im 3. Quartal 2011 die grösste Anzahl an M&A-Transaktionen im Sektor Medien, Technologie und Telekommunikation zu verzeichnen. Mit den Bereichen Industriegüter und -dienstleistungen sowie Finanzdienstleistungen entfielen auf diese drei Sektoren insgesamt fast die Hälfte aller M&A-Transaktionen in der Schweiz.
Ausblick auf die M&A-Aktivitäten 2011 und 2012
Im September 2011 prognostizierte das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) ein BIP-Wachstum von 1,9% bzw. 0,9% für die Jahre 2011 und 2012. Somit wurden beide Prognosen gegenüber früheren Schätzungen von 2,1% bzw. 1,5% nach unten korrigiert. Die wichtigsten Gründe hierfür bestehen in der anhaltenden Stärke des Schweizer Frankens und der nach wie vor aktuellen europäischen Schuldenkrise. In der Regel ist unter schwierigeren Marktbedingungen ein Rückgang an M&A-Aktivitäten zu erwarten, da sich Unternehmen typischerweise stärker auf operative Verbesserungen und organisches Wachstum konzentrieren.
Margen unter Druck
Für die Schweiz wird erwartet, dass sich der starke Schweizer Franken besonders negativ auf die Exportwirtschaft und den Tourismus auswirkt. Vielen exportorientierten Schweizer Unternehmen ist es zwar gelungen, das Volumen an exportierten Waren und Dienstleistungen aufrechtzuerhalten, jedoch ging der Umsatz in lokaler Währung aus diesen Exportgeschäften wegen der zunehmend ungünstigen Wechselkurse zwischen dem Schweizer Franken und anderen wichtigen Währungen zurück. Da die Produktionskosten einiger Exporteure hauptsächlich in lokaler Währung anfielen, gerieten zudem die Margen unter Druck. Jürg Stucker dazu: «Aufgrund dieses Margendrucks könnten Schweizer Unternehmen jedoch verstärkt Übernahmen im Ausland ins Auge fassen. Bei Zugang zu ausreichenden Finanzmitteln wäre somit durch den Kauf von Betrieben in anderen Ländern eine Senkung der Produktionskosten möglich.»
«Zudem könnte die kürzlich festgelegte Interventionsschwelle für den CHF/EUR-Wechselkurs dazu führen, dass sich die Investitionen ausländischer Unternehmen in M&A-Aktivitäten in der Schweiz stabilisieren. Für ausländische Investoren, die über Transaktionen auf CHF-Basis verhandeln, verringert sich hiermit unter Umständen das Risiko einer weiteren Abwertung des Euro. Dennoch haben die Wechselkursschwankungen und gestiegene Marktvolatilität der jüngsten Zeit zur Folge, dass Marktteilnehmer momentan grösseren M&A-Transaktionen gegenüber eher zögerlich eingestellt sind», so Jürg Stucker.
Private-Equity-Statistik
Deutschland, Schweiz und Österreich Im 3. Quartal 2011 gab es im Private-Equity-Segment in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich Anzeichen, wonach M&A-Aktivitäten im Vergleich zum Vorquartal angezogen hatten. Die Zahl der Buy-outs und Buy-ins stieg um mehr als 18%, während das Gesamtvolumen um fast 25% wuchs. Mit drei der im 3. Quartal 2011 angekündigten Transaktionen bewegte sich die Private-Equity-Industrie in der Schweiz auf dem Niveau der Vorquartale.
Capital Confidence Barometer
Das Capital Confidence Barometer ist eine regelmässig durchgeführte Umfrage von Ernst & Young und der Economist Intelligence Unit (EIU) unter etwa 1’000 Führungskräften von global tätigen Unternehmen. Die Umfrage dient der Erkennung von Trends und Praktiken hinsichtlich der Kapitalplanung dieser Unternehmen.
Neues Paradigmasim M&A-Bereich
Die zuletzt durchgeführte «Capital Confidence»-Umfrage lieferte eine Erklärung für die Entstehung eines neuen Paradigmas im M&A-Bereich – nämlich der Tatsache, dass Unternehmen in Zeiten extremer Markvolatilität trotzdem vermehrt M&A-Aktivitäten durchführen. Per Oktober 2011 gaben mehr als 40% der befragten Führungskräfte an, dass sie in den kommenden 12 Monaten voraussichtlich M&A-Transaktionen anstreben werden. Im April 2011 waren es 38%. Dass M&A-Aktivitäten trotz volatiler Marktbedingungen potenziell ansteigen, wird damit begründet, dass sich führende Unternehmen in den letzten Jahren darauf konzentrierten, das Finanzrisiko zu reduzieren, ihre operative Situation zu verbessern und mit erhöhter Volatilität umzugehen. Es ist deshalb vermehrt für Unternehmen möglich, ihr Augenmerk darauf zu legen, durch M&A-Transaktionen zu wachsen und nicht lediglich in einem volatilen Marktumfeld zu überleben.