Seltener Quanteneffekt ebnet Weg zum topologischen Quantencomputer

Basel – Forschende aus Basel und Köln haben einen supraleitenden Schlüsseleffekt in Nanodrähten aus topologischen Isolatoren entdeckt. Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass topologische Isolator-Nanodrähte die Grundlage für stabile Quantenbits (Qubits) der nächsten Generation bilden können.
Physikerinnen und Physikern der Universität zu Köln und der Universität Basel ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum topologischen Quantencomputer gelungen: Sie konnten erstmals die sogenannte gekreuzte Andreev-Reflexion in Nanodrähten aus topologischen Isolatoren nachweisen. Davon berichtet das Team im Fachjournal «Nature Physics».
Die Quanteninformatik könnte künftig die Informationsverarbeitung revolutionieren, jedoch sind die heutigen Qubit-Technologien zu instabil und fehleranfällig. Einer der vielversprechendsten Ansätze ist die Verwendung von topologischen Supraleitern, in denen spezielle Quantenzustände, die sogenannten Majorana-Fermionen, erzeugt werden können. In der Theorie bieten diese Zustände eine inhärent stabile Grundlage für Quantencomputer, die für eine Vielzahl von Fehlern weniger anfällig sind. Trotz vieler optimistischer Behauptungen bleibt die experimentelle Beobachtung dieser Zustände umstritten.
Die nun veröffentlichten Ergebnisse des Teams um Prof. Dr. Yoichi Ando aus Köln und Prof. Dr. Jelena Klinovaja von der Universität Basel liefern detaillierte Erkenntnisse über die supraleitenden Effekte in Nanodrähten aus topologischen Isolatoren in Kombination mit einem konventionellen Supraleiter (siehe Box).
Effekt mit Fernwirkung
Den Forschenden ist es gelungen, die gekreuzte Andreev-Reflexion nachzuweisen: Dabei handelt es sich um einen seltenen Quanteneffekt, bei dem sich ein an einem Ende eines Nanodrahts injiziertes Elektron mit einem anderen, weiter entfernten Elektron «koppelt» und ein supraleitendes Cooper-Paar bildet. Dieser Effekt mit Fernwirkung spielt eine Schlüsselrolle bei supraleitenden Korrelationen mit langer Reichweite, die eine Voraussetzung für Majorana-basierte Qubits sind.
Die Fähigkeit, supraleitende Korrelationen in topologischen Isolator-Nanodrähten zuverlässig zu induzieren und zu kontrollieren, ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Entwicklung Majorana-basierter Qubits. Der nächste Schritt besteht darin, die Majorana-Fermionen in diesen Systemen zu beobachten und zu kontrollieren – ein wesentlicher Meilenstein auf dem Weg zum fehlertoleranten Quantencomputer.
Dieser wissenschaftliche Durchbruch wurde zum einen durch einen innovativen Herstellungsansatz ermöglicht, der von Dr. Junya Feng in der Forschungsgruppe von Yoichi Ando an der Universität zu Köln entwickelt wurde. Zum anderen trug die theoretische Analyse von Dr. Henry Legg in der Gruppe von Jelena Klinovaja an der Universität Basel entscheidend zu den Ergebnissen bei.
Diese Forschung eröffnet neue Perspektiven für die Nutzung nicht-lokaler Transportphänomene als experimentelle Methode zur Untersuchung exotischer, proximitätsinduzierter Supraleitung in weiteren hybriden Materialplattformen.
Forschung zu topologischen Qubits in Basel
«Das in dieser Arbeit gewonnene theoretische Verständnis der gekreuzten Andreev-Reflexion wird auch für die Forschungsziele unseres WSS Research Center for Molecular Quantum Systems von entscheidender Bedeutung sein», erklärt Jelena Klinovaja. «Diese Studie stellt einen wesentlichen Fortschritt für topologische Qubits dar, und wir sind äusserst gespannt auf die weiteren Entwicklungen in diesem Bereich auch in Basel. Neben den theoretischen Fortschritten ist eine experimentelle Validierung unserer Vorhersagen von zentraler Bedeutung für die weitere Forschung.»
Diese News beruht in Teilen auf einer Pressemitteilung der Universität zu Köln.
Weiterführende Links:
Forschungsgruppe «Quantum Condensed Matter Theory and Quantum Computing»
Uni News: Neues WSS-Forschungszentrum für molekulare Quantensysteme
(Universität Basel/mc/ps)
Verschränkte Elektronen
Topologische Isolatoren sind Materialien, die in ihrem Inneren wie normale Isolatoren keinen Strom leiten, aber an ihrer Oberfläche oder ihren Rändern elektrische Ströme verlustfrei fliessen lassen. Eine gekreuzte Andreev-Reflexion kann auftreten, wenn der topologische Isolator mit einem Supraleiter verbunden ist.
Elektronen an den Rändern des Isolators bewegen sich in eine Richtung mit festgelegtem Spin. Wenn ein Elektron von einem Rand des Isolators in den Supraleiter eindringt und dort mit einem zweiten Elektron ein sogenanntes Cooper-Paar bildet, fehlt dieses Elektron an seinem ursprünglichen Randzustand – es entsteht ein Loch. Bei der gekreuzten Andreev-Reflexion entsteht dieses Loch jedoch nicht an demselben Rand, sondern auf dem gegenüberliegenden Rand des Isolators. Dadurch entsteht eine Verschränkung der beiden Elektronen, die in den Supraleiter übergegangen ist – ein wichtiges Phänomen für Quantenkommunikation und supraleitende Bauteile.