Bern – Die Verbände des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) fordern für die Lohnrunde 2019/2020 generelle Lohnerhöhungen von zwei Prozent. Zusätzlich brauche es bei den Frauenlöhnen ein Plus von 50 Franken.
In der Schweiz gebe es Spielraum für Lohnerhöhungen, sagte SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard am Freitag vor den Medien in Bern. Dafür würden das seit zwei Jahren herrschende starke Wirtschaftswachstum sowie hohe Gewinnmargen von Firmen sprechen.
In den letzten drei Jahren sei es mit der Schweizer Wirtschaft spürbar aufwärts gegangen. Obwohl die Arbeitslast gestiegen sei, seien die Reallöhne um 0,6 Prozent zurückgegangen. Dies sei ungerecht und gefährde zunehmend die wirtschaftliche Entwicklung im Inland.
Die Angst um die wirtschaftliche Situation, die sich in den Medien spiegle, sei zweifellos real. Es stelle sich die Frage, welcher Handlungsspielraum bleibe, falls es zu einer neuen Finanzkrise komme. Für den SGB-Präsidenten sind Lohnerhöhungen und die Weiterentwicklung der sozialen Sicherheit die Antwort darauf, dies im Hinblick auf die Lohnverhandlungen im Herbst.
Pro-Kopf-Konsum ist gesunken
Der Pro-Kopf-Konsum ohne Gesundheitsausgaben sei seit 2015 real um rund 0,7 Prozent gesunken, hiess es weiter. Ohne spürbare Lohnerhöhung werde sich diese Entwicklung verschärfen. Die Schweizer Konjunktur laufe besser als in diesen Wochen von vielen dargestellt. Die Firmen suchten so viele Arbeitskräfte wie nie in den letzten zehn Jahren.
Die Geschäftslage ist laut SGB in nahezu allen Branchen gut. Selbst in der Industrie, wo sich die internationale Konjunkturabkühlung bemerkbar gemacht habe, sei die Geschäftslage nach wie vor mehrheitlich positiv, und die Firmen rechneten für die nächsten Monate mit leicht anziehenden Exporten.
Mit einer generellen Lohnerhöhung von 2 Prozent können laut Syndicom-Präsident Daniel Münger die Arbeitnehmenden eine reale Lohnerhöhung von gut einem Prozent erhalten. Deshalb sei die Forderung nach 2 Prozent mehr Lohn nicht überhöht. 2019 werde die wirtschaftliche Dynamik abnehmen. Eine Stärkung der Binnenwirtschaft sei wegen der Unsicherheiten auf den Weltmärkten umso dringender.
Konkrete Fortschritte bei Frauen nötig
Besonders hoch sei der Handlungsbedarf im Nachgang zum vergangenen 14. Juni, als 500’000 Frauen und solidarische Männer für Lohngleichheit demonstriert hatten. Deshalb brauche es nun bei den Frauen-Löhnen konkrete Fortschritte. Laut Maillard war der Frauenstreik die Konsequenz der Wut, die sich in den letzten Jahren aufgestaut habe. Diese Wut werde sich steigern, falls man nicht handle.
Auch die Präsidentin der Gewerkschaft Unia, Vania Alleva, forderte zusätzliche Massnahmen. In den von der Unia betreuten Branchen sollen die Frauen zusätzlich zu den 2 Prozent Lohnerhöhung mindestens 50 Franken mehr erhalten.
Damit sollen die laufende Teuerung von knapp 0,6 Prozent im laufenden Jahr und die steigenden Krankenkassenprämien kompensiert werden. Dazu komme, dass die Arbeitsproduktivität stetig steige, real um rund ein Prozent pro Jahr. Ein weiteres schwaches Lohnjahr könne sich die Schweiz angesichts unsicherer Konjunkturaussichten nicht leisten, hiess es weiter. Die Zeit der «Null-Runden» sei vorbei.
Laut Unia verdienen Frauen pro Monat durchschnittlich 652 Franken weniger als Männer. Jede sechste Frau müsse mit einem Tieflohn auskommen, der kaum zum Leben reiche. (awp/mc/ps)